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Landtag, 31. Sitzung vom 30.04.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 12 von 20

 

„Die Kunde höre ich wohl, allein, mir fehlt der Glaube.“, das ist ein schöne Überschrift, aber die gelebte Realität in der Stadt Wien sieht bisher anders aus. Da bin ich selbst ein Zeitzeuge und kann sagen, wie lange das schon dauert, weil wir in der Koalition unter VBgm Görg schon damals über Immobilienmanagement verhandelt haben. Das ist jetzt schon weit über 15 Jahre her, in dieser Zeit ist nie etwas geschehen. Es gibt aber ein sehr stringentes Verhaltensmuster der Wiener Stadtregierung in Bezug auf Immobilienverkäufe. Das ist an vielen einzelnen Projekten, die wir in den letzten Monaten oder Jahren hier hatten, festzumachen: Die Hohe Warte, die Semmelweisklinik, erst vor wenigen Monaten die Feldgasse, das Viertel Zwei, Krieau, über das ich heute noch sprechen werde, oder ähnliche Projekte, Prater-Vorplatz, Waagner Biro, und, und, und. Da fehlt mir die Zeit für die Aufzählung.

 

Der Weg zum Verkauf ist immer der gleiche: Es gibt keine Ausschreibung, es gibt nur ein Sachverständigengutachten, ein einziges, oder sogar nur ein internes Gutachten des Magistrats. Der ganze Weg zum Verkauf ist somit relativ intransparent. Plötzlich taucht ein Interessent auf, der die Immobilie kaufen will. Es gibt mit den Interessenten keinerlei Nachverhandlungen und letzten Endes sind die Verträge, die geschlossen werden, für die Stadt immer nachteilig.

 

Kurze Rückblende zum Thema Viertel Zwei, Stadion, Krieau, das wurde von uns schon 2004 heftig kritisiert. Es gab auch einen Kontrollamtsbericht dazu. Da wurden immerhin 107 000 m² städtische Flächen verkauft. Das ist ein echtes Stadtviertel, von dem man heute sprechen kann, das ist nicht nur eine kleine Immobilie. Der Kaufpreis, damals schon von mir kritisiert, lag nominell bei 32,1 Millionen. Die Bewertung war, wie vorhin schon gesagt, nur magistratsintern. 32 Millionen, Stadtentwicklungsgebiet, eine A4-Seite, nicht mehr, meine Damen und Herren! Und diese 32,1 Millionen sind nicht der Wahrheit letzter Schluss. Der Teufel liegt bei Verträgen sehr oft im Kleingedruckten und auch hier. Abzuziehen von diesen 32,1 Millionen waren damals nämlich schon - es gab bis zur Zahlung keine Valorisierung des Kaufpreises, also muss man abzinsen. Es gab den Abzug der Kosten für Abbruch, Ausmietung, Kontaminierung, falls vorhanden, für Errichtung von Pflichtstellplätzen allein 3,3 Millionen, Sachleistungen konnten über 4,8 Millionen erbracht werden, Kosten für den U-Bahn-Anschluss, und, und, und. Das Kontrollamt hat das in seinem Bericht von 2006 hervorragend herausgearbeitet.

 

Weil mir nur zehn Minuten zur Verfügung stehen, nur ein, zwei Sätze aus diesem Bericht. Den Kontrollamtsbericht kann ich jedem empfehlen, er ist ein echtes Schmankerl. Da heißt es etwa: „Aus der Sicht des Kontrollamtes war die Argumentation aus wirtschaftlichen Überlegungen nicht nachvollziehbar. Aus der Sicht des Kontrollamtes ist das im Akt befindliche Gutachten der MA 69, das für die Ermittlung des Kaufpreises für ein derartig umfangreiches Projekt herangezogen wurde, äußerst knapp ausgefallen“, und, und, und. Ich könnte Ihnen daraus endlos weiterzitieren.

 

Der tatsächliche Kaufpreis, meine Damen und Herren, für das ganz Stadion, Viertel Zwei, Union Sportplatz, ist nach meiner persönlichen Berechnung, die ich angestellt habe, wahrscheinlich nur in der Größenordnung nach allen Abzügen um die 15 Millionen EUR. Wir wissen aber gar nicht, und jetzt kommt der eigentliche zweite Skandal abgesehen vom Verkauf: Meine Damen und Herren, wir alle hier, der Wiener Gemeinderat, wissen nicht, um welchen Preis wir ein ganzes Stadtviertel an Dritte verkauft haben. Es ist unserer Begutachtung, es ist unserer Kontrolle völlig entzogen. Wenn das kein systemischer Webfehler ist, copyright der Landeshauptmann, der anwesend ist, meine Damen und Herren, dann weiß ich nicht, was ein Webfehler sein sollte. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

 

Wir werden uns aber sicher damit noch einmal beschäftigen und versuchen, für alle Wienerinnen und Wiener zu eruieren, was ein ganzes Stadtviertel der Stadt Wien im Verkauf wirklich wert war. Der Herr StR Ludwig konnte das gestern hier auch nicht erfüllend beantworten, weil wir es nicht wissen. (Amtsf StR Dr Michael Ludwig: Das ist nicht wahr! Ich habe es gestern erklärt!) Wir wissen es nicht! (Amtsf StR Dr Michael Ludwig: Ich habe das gestern zwei Mal erklärt!) Wir wissen es nicht! (Amtsf StR Dr Michael Ludwig: Sie nehmen es nicht zur Kenntnis!) Wir haben noch keine Abrechnung! (Amtsf StR Dr Michael Ludwig: 7,8 Millionen!) Wenn es eine Abrechnung gibt, sehen wir sie gerne.

 

Laufendes Projekt Krieau, wieder ein halbes Stadtentwicklungsgebiet, meine Damen und Herren: Da steht im Kaufvertrag, heute haben wir 2014, der Kaufvertrag war Anfang 2012/Ende 2011, also 8 Jahre später, meine Damen und Herren, noch immer basierend auf den Preisen von 2004 von 300 EUR pro Quadratmeter Bruttogeschoßfläche. Das würde sich jeder wünschen, Private wie Entwickler, meine Damen und Herren! Ich kaufe 2014 zu den Preisen von 2004! Überlegen Sie sich einmal, wie in den letzten acht oder zehn Jahren die Immobilienpreise in Wien gestiegen sind! Aber nicht so, wenn die Stadt Wien etwas verkauft, meine Damen und Herren!

 

Weil anders als heute in der „Presse“ auch in einem Artikel im „Falter“ dargestellt, sind die 7,245 Millionen nur ein Mindestkaufpreis. Dieser ist auf Grund eines Sachverständigengutachtens. Das schon, aber nur über den derzeitigen Zustand, nämlich Sportflächen. Darin ist nichts über die Entwicklung eines ganzen Stadtteils. Was die Stadt Wien irgendwann in ferner Zukunft, in zehn oder mehr Jahren, für diese Grundstücke in der Krieau bekommen wird, meine Damen und Herren, steht wieder in den Sternen! Wir wissen es nicht, weil es dort wieder unzählige Kosten, die abgezogen werden, gibt, meine Damen und Herren. Wir wissen noch gar nicht, was gebaut wird und wir wissen auch nicht, was im Bereich der Krieau, der Tribünen, der Stallungen, et cetera saniert wird, was das am Ende des Tages kosten wird, was die Absiedlung von Teilen kostet. Das ist auch in den Verhandlungen mit dem Trabrennverein, meine Damen und Herren, eine Carte blanche. Stellen Sie sich das doch einmal vor! Da steht im Vertrag nicht einmal, wie das zu handhaben ist! Stellen Sie sich vor, welche Be

 

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