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Landtag, 30. Sitzung vom 25.03.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 25 von 34

 

nicht davon abbringen lassen und hat im Dezember des Jahres 2012 dieses verfassungswidrige Gesetz beschlossen. Im Frühjahr des vergangenen Jahres haben dann 38 Landtagsabgeordnete der Opposition den doch sehr ungewöhnlichen Anlauf gemacht, den Verfassungsgerichtshof anzurufen und haben jetzt vor wenigen Wochen oder Monaten recht bekommen. Eine derartige Bestimmung, wie sie jetzt schlussendlich aufgehoben wurde, darf sich in einem Landesgesetz einfach nicht befinden. Und da geht es nicht um irgendwelche Details oder Arabesken, da geht es um die Substanz, da geht es um die Grundpfeiler unseres Rechtsstaates, da geht es um nichts weniger als um das Recht auf den gesetzlichen Richter und um die Unabhängigkeit der Richter in unserem Staate.

 

Aber bevor ich im Detail darauf eingehen darf, möchte ich einer gewissen Zufriedenheit auch Ausdruck verleihen. Es gibt ohne Zweifel Startschwierigkeiten beim Landesverwaltungsgericht Wien. Die beteiligten Richter, Rechtspfleger und das Kanzleipersonal geben ihr Allerbestes, unter schwierigen Bedingungen mit einer sehr kurzen Vorbereitungszeit sehr gute Arbeit zu leisten. Ich glaube, dass das Landesverwaltungsgericht auf einem sehr guten Weg ist, ein exzellentes Gericht zu werden.

 

Die Stadt Wien könnte es auf diesem Weg allerdings besser unterstützen, denn die Startschwierigkeiten sind ähnliche wie es sie seinerzeit gegeben hat, als der Unabhängige Verwaltungssenat Wien eingerichtet wurde. Das beginnt mit kleinen Ärgernissen und endet mit ganz großen Problemen, die dieses Gericht derzeit hat. Die kleinen Ärgernisse zeugen von einer Wertschätzung, die dem Gericht nicht gerecht wird. Es ist unverständlich, warum man dieses Gericht in der Muthgasse, in dem es, Gott sei Dank, zur Gänze untergebracht werden konnte, versteckt. Jetzt hat man sich endlich gefreut, dass an diesem Gebäude ein neues Türschild angebracht wird, und dann stellt sich heraus: Das ist ja gar nicht das große sichtbare Türschild für das Gericht, das ist ja das Türschild für das Gebäudemanagement, das sofort erkennbar ist, und die Magistratsabteilung, die sich dort auch befindet. Aber das große Landesverwaltungsgericht Wien muss sich mit einer provisorischen Klebefolie irgendwo am Rand zufrieden geben.

 

Von geringer Wertschätzung zeugt es auch, wenn die Richter ihr Amtskleid selbst bezahlen müssen. Auch das ist etwas Ungewöhnliches in unserem Staat. Das kommt bei keinem anderen Gericht vor und hängt natürlich auch damit zusammen, dass das Tragen nur eine optionale Möglichkeit darstellt und die Richter nicht gezwungen sind, ihren Talar zu tragen. Aber dennoch, es zeigt den Zugang der Stadt Wien, die auch in dieser Frage das Gericht viel besser unterstützen könnte.

 

Gar nicht so klein ist das Problem mit der Sicherheit in dem Gebäude. Nach wie vor gibt es keine Security und keine Sicherheitsschleusen beim Betreten des Gebäudes.

 

Ernste Probleme haben wir auch in der Personalstruktur. Wir haben jetzt doppelt so viel judizierendes Personal, als das beim UVS der Fall war, aber das Kanzleipersonal ist in etwa gleich geblieben. Wir haben daher größte Schwierigkeiten bei der Abfassung der Protokolle und bei der Abfassung der Erkenntnisse. Es wird schwierig sein, mit diesem Personalstand effizient zu arbeiten.

 

Ein ernstes Problem ist es auch, dass sich die Rechtspfleger nach wie vor im Dienststand des Magistrats befinden und die Besoldungsordnung des Magistrats auch auf die Rechtspfleger anzuwenden ist. Der Magistrat entscheidet über die Karriere der Rechtspfleger. Es ist natürlich unerfreulich, wenn diese Rechtspfleger über Bescheide des Magistrats entscheiden müssen. Bereits der äußere Anschein der absoluten Unabhängigkeit ist da wohl nicht gewahrt. Und dieser äußere Anschein der Unabhängigkeit ist natürlich auch nicht gewahrt, wenn sich Richter und Rechtspfleger nur ganz bestimmter Sachverständiger bedienen dürfen. Nicht so wie bei anderen Gerichten, wo die Richter aus der Liste der gerichtlich beeideten und zertifizierten Sachverständigen auswählen können, sind beim Landesverwaltungsgericht Wien die Richter daran gebunden, Sachverständige aus einer Liste auszuwählen, die der Magistrat zusammengestellt hat, eine Liste, die ausschließlich aus Beamten der Stadt Wien besteht. Auch hier der gleiche Eindruck, der äußerst unerfreulich ist: Mitglieder jener Behörde, die überprüft werden soll, wirken mit an der Entscheidungsfindung.

 

Das allerernsteste Problem aber ist jenes, welches wir heute ja beseitigen wollen, nämlich dass es zu einer Neuregelung des Geschäftsverteilungsausschusses kommt. Die Bestimmung, wonach dieser Geschäftsverteilungsausschuss aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und zwei von der Vollversammlung zu wählenden Mitgliedern besteht, wurde aufgehoben, noch dazu deshalb, weil im Gesetz vorgesehen war, dass diese beiden Richter dann ihres Amtes verlustig gehen sollen, wenn sie zu einer anderen Meinungsbildung kommen als Präsident und Vizepräsident. Das heißt, der Fortbestand ihrer Mitgliedschaft im Geschäftsverteilungsausschuss hängt von ihrem Stimmverhalten ab, und das ist natürlich mit der richterlichen Unabhängigkeit unvereinbar, wie der Verfassungsgerichtshof selbstverständlich wenig überraschend, zumindest für manche in dem Haus, entschieden hat. Warum aber die Geschäftsverteilung so wichtig ist, darauf möchte ich auch noch ganz kurz eingehen.

 

Es ist elementares Recht jedes Rechtsmittelwerbers, dass bereits im Vorhinein feststeht, welcher Richter über seine Angelegenheit entscheiden muss. Die feste Zuständigkeit im Vorhinein ist ein Grundpfeiler unseres Rechtstaates, weil natürlich ausgeschlossen sein muss, dass ein Richter zugeteilt wird, auf den eine Partei des Verfahrens Einfluss ausüben kann.

 

Sehr verehrte Damen und Herren! Es gibt jetzt einen Vorschlag von Rot-Grün, dieses verfassungswidrige Gesetz zu sanieren. Ich glaube, dass mit drei Mitgliedern, die nunmehr aus der Vollversammlung vorgesehen sind, um im Geschäftsverteilungsausschuss vertreten zu sein, das eine Lösung ist, die verfassungskonform ist. Ich hätte auch überhaupt nichts gegen den Vorschlag der Freiheitlichen Partei, die neben Präsidenten und Vizepräsidenten fünf weitere Mitglieder der Vollversammlung vorsieht. Wir werden auch diesem Antrag unsere Zu

 

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