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Landtag, 28. Sitzung vom 21.11.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 30 von 42

 

heute noch abzustimmen haben.

 

Das eine ist der Abänderungsantrag zu jenem § 73 Abs 8 der Wiener Stadtverfassung. In diesem Absatz ist geregelt, dass der Kontrollamtsdirektor weisungsfrei gestellt ist. Aus dem Kontrollamtsdirektor sollte natürlich auch in dieser Passage ein Stadtrechnungshofdirektor kommen. Ich freue mich sehr, dass mit einem Allparteienantrag nun auch diese Verfassungsbestimmung geändert werden kann, und wir uns eine unglaubliche Peinlichkeit ersparen können als Wiener Landesgesetzgeber; denn ein Stadtrechnungshof mit einem Kontrollamtsdirektor wäre nicht gut gekommen. Ich kenne die Juristen ein bisserl und ich kenne die Universitätsprofessoren im Juridicum ein bisserl. Generationen von Jusstudenten hätten von ihren Rechtsprofessoren das als Beispiel für die Amateurhaftigkeit der Landesgesetzgebung vorgehalten bekommen. Ich freue mich darüber, dass wir uns das ersparen können.

 

Jetzt komme ich zum Kernpunkt, der es ermöglicht hat, dass wir uns das ersparen, nämlich zur Anrufungsmöglichkeit des Verfassungsgerichtshofes. Ich sage Ihnen, ein Rechnungshof verdient seinen Namen nur dann, wenn er auch wirklich den Verfassungsgerichtshof anrufen kann. Die Bundesverfassung sieht das für die Rechnungshöfe vor. Sie sieht vor, dass der Bundesrechnungshof den Verfassungsgerichtshof anrufen kann, wenn es Unstimmigkeiten über die Prüfkompetenz gibt. Der Bundesverfassungsgesetzgeber sieht auch vor, dass den Landesrechnungshöfen so ein Anrufungsrecht eingeräumt werden kann.

 

Ich freue mich daher sehr, dass wir einen Abs 2 im § 114 der Wiener Stadtverfassung einfügen, der vorsieht, dass der Stadtrechnungshof auch Landesrechnungshof ist. Das ist eine Bestimmung, die ja nicht ungewöhnlich ist an dieser Stelle, denn im Abs 1 steht ja auch, der Bürgermeister ist auch Landeshauptmann und der Magistrat ist auch Amt der Landesregierung und der Gemeinderat ist auch Landtag. So freue ich mich, dass wir den Stadtrechnungshof, was die Anrufbarkeit des Verfassungsgerichtshofes betrifft, auch zu einem Landesrechnungshof aufwerten konnten.

 

Das ist wichtig, denn Meinungsverschiedenheiten über die Prüfkompetenz gibt es immer wieder. Dann ist es wichtig, dass man es nicht bei der Stellungnahme des Magistrates oder des Rechtsträgers belassen muss: Du bekommst die Unterlagen nicht, wir lassen uns nicht von dir prüfen!, sondern dass dann der Stadtrechnungshof auch wirklich zum Verfassungsgerichtshof gehen kann.

 

Der entscheidet dann auf seinen Antrag. Er muss bei niemandem Rückfrage halten, der Stadtrechnungshof kann sich direkt an den Verfassungsgerichtshof wenden. Der entscheidet, und an diese Entscheidung sind dann alle Rechtsträger, ist der Magistrat und auch wir gebunden. Das steht ausdrücklich im letzten Satz dieses Abs 2 drinnen, dass nämlich Art 126a letzter Satz der Bundesverfassung, sinngemäß anzuwenden ist. Die Prüfung muss dann akzeptiert werden.

 

Warum ist diese Bestimmung so wichtig? Sie ist deshalb so wichtig, weil ja die Prüfung der beherrschenden Stellung nur durch dieses Anrufungsrecht auch mit Gehalt versehen und effektiv wird. Wir sehen ja jetzt am Beispiel des Media Quarter Marx, wie wichtig diese Anrufungsmöglichkeit ist.

 

Lassen Sie mich noch einige Sätze zur Media Marx Errichtungs- und Betriebs-GmbH sagen. Sie kennen dieses unglaubliche PPP-Modell, wo es sehr viele Fragen gibt, aber nur sehr wenige Antworten. Es geht um die Entwicklung der Gründe ehemaliger Schlachthof St Marx, wo die Stadt Wien 2007 ein PPP-Projekt eingegangen ist, wo im Jahr 2007 die Wirtschaftsagentur eine Liegenschaft verkauft hat, nämlich an die Media Quarter Marx Errichtungs- und Betriebs-GmbH, und die Stadt Wien nicht wusste, wer ihr wirtschaftlicher Partner ist, und daher im Jahr 2012 die Consultatio beauftragen musste, damit das festgestellt werden kann. Die Consultatio hat dann festgestellt: Wirtschaftlicher Partner ist der Ex-Botschafter aus Kasachstan Aliyev beziehungsweise seine Ehefrau.

 

Jetzt sieht es so aus, als könnte das gesamte Gelände, das gesamte Objekt zur Gänze in die Hände des ausländischen Privatiers gelangen, und das zu einem sehr wohlfeilen Preis. Wir wollten, dass der Rechnungshof diese Gesellschaft prüft. Eine Prüfung durch das Kontrollamt ist seinerzeit nicht möglich gewesen, weil die Stadt Wien nur zu 40 Prozent beteiligt ist. Der Rechnungshof hat sich aber so wie wir auf den Standpunkt gestellt, dass es hier eine beherrschende Stellung gibt.

 

Denn mit der 40-Prozent-Beteiligung an der Gesellschaft ist es nicht getan. Da gibt es einen Gesellschaftsvertrag, in dem steht, dass alle wesentlichen Beschlüsse nur mit 80-prozentiger Mehrheit gefasst werden können. Das bedeutet für uns, beherrschende Stellung der Stadt Wien in dieser GmbH. Wir wollen daher prüfen.

 

Die Prüfung nicht gestattet oder nur unzureichend gestattet oder nicht alle wesentlichen Unterlagen herausgegeben haben: die Wirtschaftsagentur, die Technologieagentur der Stadt Wien und MQM GmbH. Der Rechnungshof hat sich daher an den Verfassungsgerichtshof gewandt, weil es Meinungsverschiedenheiten über die Prüfkompetenz gibt. Wir warten nun ab, wie der Verfassungsgerichtshof entscheiden wird. Ich gehe davon aus, dass die Prüfbarkeit beziehungsweise Prüfungsmöglichkeit festgestellt werden wird.

 

Das wäre für uns doppelt erfreulich, denn dann hätten wir es ganz eindeutig, dass der zukünftige Stadtrechnungshof auch die Media Quarter Marx GmbH, die Technologieagentur und Wirtschaftsagentur prüfen können darf; und von dieser Möglichkeit werden wir selbstverständlich intensiv Gebrauch machen.

 

Sehr geehrte Damen und Herren, es ist ein besonderer Tag heute. Es ist ein guter Tag heute für die Kontrollrechte in dieser Stadt, für mehr Transparenz in dieser Stadt, für den Wiener Landtag und vor allem für Wien. Darüber freue ich mich. (Beifall bei ÖVP, FPÖ und von Abg Dr Wolfgang Aigner.)

 

Präsidentin Marianne Klicka: Als Nächste ist Frau Abg Hebein zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.

 

12.12.22

Abg Birgit Hebein (Grüner Klub im Rathaus)|: Werte Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

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