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Landtag, 26. Sitzung vom 27.06.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 23 von 75

 

sely: Eigentumsbildung ist doch nicht der richtige Weg!) Gehen Sie lieber den richtigen Weg, den wir schaffen wollen, nämlich den Weg der Freiheit, der Verantwortung und des Eigentums, und ermuntern Sie die Bürger, diesen Weg zu gehen! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. - Abg Godwin Schuster: Thema verfehlt!)

 

Präsident Prof Harry Kopietz: Ich ersuche nochmals, bei aller Emotion, Zwischenrufe selbstverständlich, alles okay, aber 20 gleichzeitig, das kann nicht wirklich sinnvoll sein. Die Stenographen haben auch keine Chance, den Zwischenruf entsprechend zu vermerken, wer immer den Zwischenruf macht. Das gilt für alle gleich.

 

Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg Ellensohn. - Bitte, Herr Abgeordneter.

 

11.11.00

Abg David Ellensohn (Grüner Klub im Rathaus)|: Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

 

Wer die Miete nicht zahlen kann, soll sich eine Wohnung kaufen! (Heiterkeit bei den GRÜNEN.) Ich habe hier schon viele Sachen gehört, die, wenn ich sagen würde, was ich davon halte, einen Ordnungsruf wert sind, aber ich bin ein höflicher Mensch und sage es nicht.

 

Kommt die Wahl, kommt die ÖVP und redet von sozialem Missbrauch. Wenn man das bei Google eingibt und sucht, geht diese Debatte treffsicher vor jeder Wahl los. Das kann man sich anschauen. Ich habe geglaubt, das ist aktuell. Aber das ist gar nicht aktuell. Das hat die ÖVP letztes Mal auch gemacht. Das ist immer so, kommt jedes Mal wieder. Immer ist es der Sozialmissbrauch. Und immer wird im Wahlkampf verschärft. Jetzt könnte ich auch noch sagen, wir kämpfen auch um liberale Leute draußen, seien wir froh, dass Sie alle zu uns treiben.

 

Aber ich hätte gerne ein anderes gesellschaftliches Klima als das, was momentan läuft. Die Frau Ministerin Karl sagt, wenn einer im Gefängnis vergewaltigt wird, passiert das halt, er ist 14 Jahre alt, er war in Untersuchungshaft, das kann vorkommen, so ein Pech, entschuldigen tut man sich nicht, gewusst hat man von nichts oder man hat es doch gewusst. (Abg Mag Sonja Ramskogler: Die Frau Ministerin ist rücktrittsreif!) Gestern sagt die Frau Feldmann, wenn eine Frau erstochen wird, die aus dem Frauenhaus herauskommt, ist das Frauenhaus schuld. Und jetzt sind die Mindestsicherungsbezieher die Nächsten. (Abg Godwin Schuster: Und das sind lauter Volksvertreter!) Was Sie für Wahlkämpfe führen, ist wirklich schwer zu ertragen! Es wird einem speiübel dabei! Aber hoffentlich sind Sie nicht erfolgreich! Dann werden Sie sich irgendwann von diesem Spin-Doctor Stauss, der da aufgetaucht ist, wieder erholen. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Natürlich gibt es in jedem Bereich immer Missbrauch. Darüber sollte man reden. Es fahren Leute zu schnell mit dem Auto, mit 160 auf der Autobahn. Es fahren Leute betrunken. Überall haben wir Regeln. Es wird auch den einen oder anderen geben, der Leistung bezieht, die ihm nicht zusteht, so wie es Steuerbetrüger gibt. Die Steuerbetrüger heißen interessanterweise in dem Land Steuersünder. Da machen wir ein bisschen Beichte, Buße, fertig. Für die anderen haben wir viel brutalere Worte. (Abg Mag Sonja Ramskogler: Das ist eine Scheinheiligkeit der ÖVP!)

 

Jetzt schauen wir uns die Zahlen an: Da gibt es massig Studien, die von niemandem beeinsprucht werden. Beim Sozialen sagt man, ungefähr 3 Prozent sind zu viel bezogen. Wenn man es ins Verhältnis setzt zu den Steuerbetrügern in dem Land, zu den Steuerverbrechern in dem Land, nehmen wir nicht jeden kleinen, aber die größeren, dann sind pro Euro Sozialmissbrauch, lautet das Studienergebnis, 540 EUR Steuerhinterziehung. Nur um einmal ein Gefühl zu kriegen, wo man vielleicht hinschauen könnte. Aber da gibt es halt Parteien, die dann auf das nicht so schauen, weil sie dort mehr haben und einen näheren Bezug haben zu den Leuten, als zu denen, die abgerutscht sind und die Hilfe des Staates tatsächlich brauchen.

 

Beim Sozialen kommt noch etwas dazu. Sozialleistungen werden nicht alle abgeholt. Auch dazu würde es Material zu lesen geben, wenn Sie sich informieren würden. Es ist nämlich ungefähr so, es gibt einen Haufen arme Leute, denen Leistungen vom Bodensee bis zum Neusiedler See zustehen. (Abg Mag Sonja Ramskogler: Genau!) In manchen Ländern holen sie mehr ab, in manchen weniger. Auch in Wien wird wahrscheinlich nicht alles abgeholt. 100 Prozent Pick-up-Rate gibt es nicht. Wie viel von dem, was den Leuten zusteht, wird nicht abgeholt? Sagen wiederum alle, 62 Prozent. 62 Prozent mehr könnten die Leute holen, wenn wir neben jeden einen oder eine hinstellen würden, der oder die ihn berät, zeigt, was man alles haben darf und was einem zusteht. Das heißt eigentlich, jeder Einzelne, der vielleicht einen Euro zu viel herausnimmt, hat auf der anderen Seite 20 EUR, die nicht geholt werden.

 

Das Sozialsystem ist möglichst treffsicher, in Wien treffsicherer als anderswo. Deswegen erklären sich auch die höheren Zahlen. Da darf man wirklich nie vergessen, wir haben Kinderarmut. Dann reden wir darüber, was man tut. Dann erhöhen wir die Kindermindestsicherung. Und dann sagen zwei Parteien, die sagen, man muss den Leuten schon helfen (Abg Mag Sonja Ramskogler: Ideell!), nein, 70 EUR mehr im Monat gönnt man einem armen Kind natürlich nicht, sondern da stimmt die ÖVP dagegen, da stimmt die FPÖ dagegen, weil arme Leute brauchen kein Geld oder nicht viel Geld oder das ist zu viel. (Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Aber sie sollen Eigentum bilden!) Und dann reden wir noch von der sozialen Hängematte. Es ist wirklich so, so viel kann man gar nicht fressen, wie man da speiben müsste! Ganz ehrlich! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Natürlich kann man etwas dagegen machen, statt auf die Leute zu hetzen: Löhne hinauf! Für Verhandeln wären die meisten von den Gewerkschaften. Diese verlangen im Wesentlichen mehr Löhne. Auf der anderen Seite sitzen irgendwelche ÖVP-Leute, die im Wesentlichen verlangen, dass die Löhne nicht steigen dürfen, weil das gerade nicht geht, weil der Reichtum zu wenig gestiegen ist. Armut steigt und Reichtum steigt. Beides steigt. Jedes Jahr mehr Millionäre. Was wir brauchen, ist, Löhne hinauf, Entlastung bei den Löhnen unten vor allem und selbstverständlich Vermögenssteuer, weil die Sozial

 

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