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Landtag, 15. Sitzung vom 01.10.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 14 von 26

 

Zuwandererwahlrecht ist. Da kann man noch sagen, sie haben eben taktische Motive und glauben, sie können dort - obwohl, 13 oder 12 Prozent, was ihr jetzt habt, würdet ihr dort vielleicht auch bekommen. Also ich weiß gar nicht, warum man sich so dagegen sträubt. Aber dass die ÖVP als insgesamt sicher pro-europäische Partei so gegen das EU-Wahlrecht auf Gemeinderats- und Landtagsebene ist, ist wirklich bedauerlich! Das wollen wir weiter diskutieren, das ist unverständlich.

 

Das ist auch nicht nachvollziehbar, denn nur deshalb, weil wir Gemeinderat und Landtag in einem sind - was ja insgesamt gut ist und auch Kostenersparnisse bringt -, ist es so, dass wir auf Gemeinderatsebene, also auf der sehr wichtigen kommunalen Ebene, die EU-Bürger nicht mitbestimmen lassen können. Das ist bedauerlich, und ich trage noch einmal mein Ersuchen an die ÖVP heran, dass sie auf Bundesebene gemeinsam mit der SPÖ und den GRÜNEN, die sowieso auch dafür sind, eine Verfassungsänderung herbeiführt.

 

Man kann es auch so machen, dass in Wien - von mir aus machen Sie es in den anderen Bundesländern nicht -, dass die jeweiligen, was weiß ich, Landtage ermächtigt werden. Das könnten wir ja auch machen. Dann muss Niederösterreich das nicht einführen, dann muss es Kärnten nicht einführen, dann muss es Vorarlberg nicht einführen und auch nicht Oberösterreich, weil dort leider auch nur die SPÖ dafür ist. Aber es könnte dann Wien dieses EU-Wahlrecht einführen, das dazu führen würde, dass weit mehr - Herr Klubobmann Ellensohn hat es sehr gut ausgeführt - Bürgerinnen und Bürger Wiens mitbestimmen könnten. Das wäre gut so, wenn die EU-Bürger stärker mitbestimmen könnten, weil sie ja auch hier leben, hier arbeiten, Steuer zahlen, ihre Kinder in die Schule schicken und Straßenbahn fahren. (Beifall von Abg Nurten Yilmaz.) So gesehen: ein herzliches Ersuchen an die ÖVP. Aber mehr können wir da auch nicht machen.

 

Das ist dieser Punkt. Ich habe noch ein bisschen Zeit, deshalb kann ich noch einige Punkte zur Wahlrechtsreform und zur Wahlrechtsarbeitsgruppe ausführen, die ja mehrmals getagt hat, teils koalitionär, teils mit allen vier Parteien, und wo wir auch große Konsenspunkte erzielt haben bei der Senkung der Vorzugsstimmenzahl. Hier werden wir also, glaube ich, einvernehmlich die Anzahl der erforderlichen Vorzugsstimmen deutlich senken, um eben mehr dem Persönlichkeitswahlrecht näherzukommen.

 

Wir werden bei der Briefwahl endlich - was von Haus aus nie glücklich war, dass das so eine lange Frist ist (Abg Mag Dietbert Kowarik: Sie haben es eingeführt, Kollege!) - eine Lösung finden, die dazu führt, dass es sicher ist. Obwohl die Briefwahl - hier kann man auch wieder sagen, dass man immer dazulernen kann. Die Sozialdemokratie war über Jahrzehnte sehr skeptisch zur Briefwahl, mit guten Gründen. Wir müssen aber auch sagen, wenn man es sehr wasserdicht macht, hat das sicher mit dazu beigetragen, dass entgegen dem Antrag von der FPÖ, in dem es heißt, die Wahlbeteiligung wird immer niedriger, diese letztes Mal von knapp 60 wieder auf 66 Prozent hinaufgegangen ist. Da sieht man also, dass man auch in der Wahlrechtsdebatte eben dazulernen soll, dass man nicht einen einmal eingenommenen Standpunkt ewig beibehalten soll und dass man dadurch die Wahlbeteiligung erhöhen kann.

 

Vorzugsstimmen - habe ich gesagt. Briefwahl: Frodl-Urteil umsetzen, ist juristisch sowieso notwendig.

 

Vorwahltage im Bezirksamt: Darüber kann man reden. Es gibt auch die Meinung, dass man sagt, mit der Briefwahl sei sowieso erreicht, dass man jetzt quasi nicht mehr am Wahltag selber sein Kreuz machen muss. Aber da sind wir weiter gesprächsbereit und wird man auch prüfen müssen, inwieweit das, ohne dass man überall Wahlkommissionen einsetzen muss, überhaupt möglich ist.

 

Die Änderung der Mandatszuteilung habe ich erörtert. Die 5-Prozent-Hürde habe ich auch erwähnt. Vieles andere, was wir diskutiert haben, ist im Fluss, aber es scheint durchaus, dass wir einen Konsens erreichen könnten.

 

Auch das Petitionsrecht werden wir so ausgestalten, dass es sicher ein höheres Gewicht und eine höhere Substanz hat als auf Bundesebene. Auf Bundesebene hat es ein bisschen ein Schattendasein, auch deshalb, weil es naturgemäß nur auf eine Gesetzgebung ausgerichtet sein kann, was immer relativ schwierig ist, während wir bei uns, wenn es auch auf Vollzugsakte ausgerichtet ist, sicher ein gemeinsames Modell schaffen können, wo das Petitionsrecht noch mehr zur Bürgerbeteiligung beiträgt.

 

Ich muss ja dazusagen, mir gefällt das Wort Petitionsrecht überhaupt nicht. Denn die Petition war ursprünglich das, was der unterworfene Bürger in der Monarchie quasi als Bittsteller gegenüber dem Herrscher erheischen wollte. Das ist nicht die moderne Terminologie. Wir nennen es deshalb, ich würde sagen, Bürgerinitiativenrecht, dass also ab, was weiß ich, 500 Stimmen ein dringendes Anliegen von BürgerInnen behandelt werden muss, fair behandelt werden muss, unter Einbeziehung der BürgerInnen behandelt werden muss. So gesehen, scheint mir das Bürgerinitiativenrecht dann sicher eine weitere wichtige Facette der Demokratie, nicht die einzige, nicht die wichtigste, aber eine weitere wichtige Facette der Demokratie.

 

Abschließend möchte ich sagen, dass ich durchaus der Auffassung bin, dass wir in Wien einerseits ein hohes demokratischen Niveau haben, zweitens Unzufriedenheiten, die in der Bevölkerung da sind, von denen der Kollege Juraczka gesprochen hat, man ernst nehmen muss und wir uns bemühen sollen, denen durch noch bessere Politik und noch mehr Mitgestaltungsmöglichkeiten entgegenzutreten, um sozusagen noch mehr Zustimmung zu erhalten.

 

Insgesamt, jetzt einmal die Politik als Gesamtes, ist man sicher noch ausbaufähig. Da möchte ich schon auch sagen, dass wir in Wien wirklich von allen Gebietskörperschaften teilweise eine Vorreiterrolle haben. Nur wir haben das Minderheitsrecht bei der Einsetzung von Untersuchungsausschüssen/Untersuchungskommissionen, das haben die anderen alle nicht! Das hat nicht der Bund, was ich persönlich

 

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