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Landtag, 12. Sitzung vom 30.03.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 12 von 55

 

Stadtverfassung angeführten, Gegenstand einer Befragung der wahlberechtigten Mitglieder aus einer Volksbefragung sein können. Die Fragestellungen, die sich mit den in § 112a Abs 2 Wiener Stadtverfassung normierten Materien auseinandersetzen, wie die Wahlen der Organe der Gemeinde, Gemeindeabgaben, Entgelte, Tarife, Personal, behördliche Angelegenheiten sowie Maßnahmen, durch die in verfassungsgesetzlich geschützte Grund- und Freiheitsrechte eingegriffen würde, können nicht Gegenstand einer Volksbefragung sein. Soweit die Zitierung aus der Stadtverfassung und der Hinweis auf das bestehende Gesetz.

 

Präsident Prof Harry Kopietz: Danke, Herr Landeshauptmann. Die 1. Zusatzfrage stellt Herr Abg Dr Ulm. - Ich bitte darum.

 

9.54.17

Abg Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Landeshauptmann!

 

Ich glaube, dass die Frage der Demokratie im Augenblick schon recht aktuell ist. Gab es doch erst eine Bezirksbefragung im 18. Bezirk zum Thema Parkraumbewirtschaftung. Diese Befragung wurde sehr gut von den Bürgern angenommen und sie hat auch ein sehr deutliches Ergebnis gebracht. Wir wissen, dass sich auch in anderen Bezirken die Bürger eine solche Befragung sehr gewünscht hätten. Es ist nur ganz schwer möglich, denn 57 000 Unterschriften sind natürlich schon einmal sehr viel für eine Volksbefragung im gesamten Wiener Bereich, es ist aber völlig unmöglich, eine solche Initiative zu starten, wenn sie sich nur auf einen Bezirk oder einen Stadtteil beschränken soll. Dann wäre ein Beschluss durch den Gemeinderat notwendig.

 

Erst recht ist aber diese 5-Prozent-Hürde viel zu groß, wenn es sich um einen Bezirk oder um einen Stadtteil handeln sollte, denn wenn ein Bezirk vielleicht nur 50 000 Einwohner hat, dann wäre es absurd, 57 000 Unterschriften für eine Volksbefragung zu verlangen. 2 500 Unterschriften wären bei einem Bezirk mit 50 000 Einwohnern, also 5 Prozent, realistisch. Wir hätten natürlich sehr viele Volksbefragungen zum Thema der Parkraumbewirtschaftung gehabt.

 

Das ist auch ein geeignetes Thema. Denn es geht nicht in erster Linie um Entgelte und Tarife. Ich frage nicht ab, wie hoch die Parkgebühr sein soll und ob es überhaupt eine Parkgebühr geben soll, sondern ich frage, ob eine Parkraumbewirtschaftung stattfinden soll. Ich frage nicht das Parkpickerl und die Höhe des Parkpickerls ab, sondern ich frage ab, ob so eine Form der Parkraumbewirtschaftung gewollt ist oder nicht.

 

Ich glaube, da würde mehr direkte Demokratie dieser Stadt sehr gut anstehen.

 

Präsident Prof Harry Kopietz: Herr Landeshauptmann.

 

Lhptm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter Herr Abgeordneter!

 

Es darf eigentlich nicht im geringsten daran gezweifelt werden, dass ich Ihre Kreativität außerordentlich bewundere, denn wie die Fragestellung dazu selbstverständlich anzuerkennen ist, außer jedem Zweifel, wie sie gestellt wurde, war natürlich genau so, wie Sie es hier mit dem stillen Lächeln des Wissenden dargestellt haben, nämlich haarscharf an der Wiener Stadtverfassung vorbei. Denn natürlich geht es nicht um die Frage der Parkraumbewirtschaftung, sondern der Tarife an sich, des Parkpickerls an sich. Natürlich geht es auch darum. So ist es auch in jeder Argumentation verkauft worden.

 

Ich nehme zur Kenntnis, dass offensichtlich die Wiener Stadtverfassung weniger wert ist als bestimmte politische Überlegungen, die von Ihrer Partei angestellt werden. Gefallen tut mir das nicht. Das sage ich in aller Offenheit. Denn da geht es nicht so sehr um die Frage der Demokratie. Selbstverständlich sollen, können, werden auch Volksbefragungen, Volksabstimmungen in dieser Stadt stattfinden, aber dass man sich in einer solchen Form über die Bestimmungen der Wiener Stadtverfassung, und ich habe bewusst § 112a dazu zitiert, hinwegsetzt, halte ich zumindest für etwas, worüber man diskutieren und es erwähnen sollte. Denn die Verfassung und die Verfassungsgesetze sind schon so etwas wie die Grundelemente unserer Rechtsordnung. Diese sollte man ernster nehmen, als dass man nur darüber nachdenkt, wie man sie entsprechend umspielen und umgehen kann.

 

Ich sage hier noch einmal dazu, wir leben durchaus auch in einem gewissen Vergleich, in Niederösterreich gibt es die Grenze von 50 000 Unterschriften. Das ist in einem Land, das ein etwas geringeres Elektorat hat, als das in Wien der Fall ist, daher durchaus entsprechend vergleichbar. Ich würde daher sagen, ich halte fest am Ergebnis der damaligen Parteienverhandlungen und des Beschlusses des Wiener Landtages.

 

Präsident Prof Harry Kopietz: Die 2. Zusatzfrage wird gestellt von Frau Abg Dr Kickert. - Ich bitte darum.

 

9.58.43

Abg Dr Jennifer Kickert (Grüner Klub im Rathaus): Guten Morgen, Herr Landeshauptmann!

 

Können Sie sich neben den bereits bestehenden Formen der Volksbefragung und der Volksabstimmung auch andere Möglichkeiten der direkten Demokratie auf Landesebene vorstellen? Das ist dann vor allem als Input für die gesetzgebende Kammer, die wir dann sind, sicherlich sehr interessant und wäre auch für die Oppositionsparteien als Verhandlungsgrundlage sicherlich ein netter Aspekt, zu wissen, was Sie sich da vorstellen können.

 

Präsident Prof Harry Kopietz: Herr Landeshauptmann.

 

Lhptm Dr Michael Häupl: Frau Abgeordnete!

 

Nunmehr beginnen angenehmerweise nicht die Diskussionen über die Instrumente der direkten Demokratie, sondern wir sind in diesen Bereichen schon ziemlich fortgeschritten. Das ist auch gut so. Also, ich will in keiner Weise daran rütteln. Ganz im Gegenteil, ich halte es für gut, richtig und wichtig, die bestehenden Instrumentarien zu nützen. Hier würde ich meinen, dass wir durchaus noch einen gewissen Entwicklungsbedarf haben, a) in einer gewissen Normierung, sodass man nicht nach selbstgestrickten Vorstellungen Befragungen durchführt. Es wird mit Sicherheit nicht reichen, dass

 

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