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Landtag, 9. Sitzung vom 24.11.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 45 von 60

 

hen. Denn das ist ja keine freiwillige Maßnahme! Es ist ja nicht so, wie Herr Margulies glaubt, dass die böse Bundesregierung jetzt in ihrem Sanierungswahn aufs Gas steigt und hier eine schnellere Sanierung vorgibt, sondern es ist so, dass in Wirklichkeit die Bundesregierung ja gar nicht mehr verantwortungsbewusst aus Eigenem handeln kann. Es ist ja bereits so, dass das der Druck der Finanzmärkte war.

 

Meine Damen und Herren! Sie haben in Wirklichkeit hier handeln müssen, Sie haben hier ganz schnell handeln müssen, weil Sie nämlich sonst kein Geld mehr bekommen hätten! Und es ist ja bekanntlich nicht so, dass Sie im Bund und in der Stadt Wien mit Ihrem eigenen Geld auskommen, sondern Sie hätten das Geld anderer Menschen weltweit gebraucht, und Sie haben für Ihre Politik einfach kein Geld mehr bekommen. Es ist Ihnen diese Schuldenbremse daher aufgezwungen worden, weil sonst niemand mehr auf dieser Welt bereit gewesen wäre, Ihnen für diese Politik, für diese Schuldenpolitik Darlehen zu geben, dafür Geld zu leihen.

 

Und das heißt, meine Damen und Herren, die Regierung, die für Reformunfähigkeit ja in Österreich bekannt ist, diese rot-schwarze Bundesregierung ist mittlerweile international, ist weltweit für diese Reformunfähigkeit bekannt! Und das heißt, diese Regierung, die nicht bereit war, selbst zu handeln, verantwortungsbewusst rechtzeitig dieses Budget auf Bundesebene zu sanieren, die hat jetzt handeln müssen. Auf Druck der Finanzwelt hat sie handeln müssen.

 

Und das zeigt vor allem eines, meine Damen und Herren, und das ist das Erschütternde: dass wir dieser Bundesregierung eigentlich ausschließlich zu verdanken haben, dass wir in Wahrheit bei uns gar nicht mehr der Herr im eigenen Haus sind, dass Österreich eigentlich längst nicht mehr finanzpolitisch der Herr im eigenen Haus ist.

 

Meine Damen und Herren! Wir haben all diese Anträge am Montag und am Dienstag daher eingebracht, aber wir haben sie ja nicht als Selbstzweck eingebracht, denn es ist für uns ja auch diese Budgetsanierung natürlich überhaupt kein Selbstzweck. Aber wir müssen jetzt handeln, meine Damen und Herren, wir müssen gerade jetzt Handlungsfähigkeit beweisen. Herr Kollege Margulies, Frau Brauner, wir müssen Reformfähigkeit jetzt beweisen, damit wir eben nicht vom Ausland, von der internationalen Finanzwelt abhängig werden! Wir müssen jetzt Handlungsfähigkeit beweisen, damit Österreich der Herr im eigenen Haus bleibt, damit wir Herr im eigenen Haus bleiben, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ und von Abg Dr Wolfgang Aigner.)

 

Präsident Prof Harry Kopietz: Zum Wort gemeldet hat sich Herr Abg Dr Stürzenbecher. Bitte.

 

13.46.28

Abg Dr Kurt Stürzenbecher (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Vizebürgermeisterin oder heute Landeshauptmann-Stellvertreterin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete!

 

Ich habe jetzt wirklich wenig Lust - beziehungsweise zahlt es sich wahrscheinlich nicht aus -, alle Unsinnigkeiten meines Vorredners zu widerlegen, insbesondere auch, was die Bundespolitik betrifft. Eines möchte ich aber schon sagen, weil Sie das Defizit des Landes Wien hervorgehoben haben. Ich möchte jetzt auch nicht die ganze Budgetdebatte wiederholen, die wir immerhin zwei Tage lang bis viertel zwei in der Früh geführt haben, aber Faktum ist, dass von neun Bundesländern Wien das zweitniedrigste Defizit hat und dass dort, wo Freiheitliche im Land regieren, nämlich in Kärnten, das zweithöchste ist. Das sind die Fakten, die Sie zur Kenntnis nehmen müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Wir haben also im Land Wien natürlich eine durchaus verantwortungsvolle Budgetpolitik betrieben, unsere Zahlen können sich sehen lassen. Aber das ist jetzt nicht primär das Thema, das haben wir zwei Tage lang diskutiert. Heute geht es um den Stabilitätspakt. Und weil Kollege Schock sich anscheinend überhaupt nicht vorbereitet hat, um zu wissen, was da drinsteht, nenne ich nur ganz kurz die allerwichtigsten Punkte: Neudefinition der notwendigen Stabilitätsbeiträge von Bund, Ländern und Gemeinden, Verschärfung der Sanktionsfolgen bei Zielverfehlungen, amtswegige Gutachten des Rechnungshofes bei Zielverfehlung und Einleitung eines Sanktionsverfahrens, Stärkung des über eine Sanktion entscheidenden Schlichtungsgremiums, keine durchschnittliche Betrachtung der Zielerreichung, sondern Fokussierung auf das jeweilige Haushaltsjahr, Verbesserung der inhaltlichen Haushaltskoordinierung und mittelfristigen Ausrichtung der Haushaltsführung, autonome Schaffung verbindlicher Haftungsobergrenzen für Bund und Länder einschließlich der Regelung des Verfahrens bei Haftungsübernahmen, Transparenz über die Haushaltsführung und die sogenannte Rendezvous-Klausel bei Änderung von EU-rechtlichen Vorgaben, also Verhandlungen zur Anpassung. - Das ist der Inhalt. Nichts davon hat Kollege Schock angesprochen.

 

Darüber könnte man diskutieren. Das ist das, worauf sich Bund, Länder und Gemeinden geeinigt haben; auch darüber, dass die Länder im Jahr 2011 eine maximale Defizitquote von 0,75 Prozent, der Bund von 3,1 haben darf; im Jahr 2012 die Länder 0,6 und der Bund minus 2,7; im Jahr 2013 die Länder minus 0,5 und der Bund minus 2,4, die Gemeinden jeweils null. Das sind die Fakten, und die sind mittelfristig auch notwendig. Man hat bei dieser Gelegenheit sogar den Finanzausgleich um ein Jahr auf 2014 erweitert. Und insgesamt hat man auch damit eine richtige Antwort auf die Finanzkrise gegeben. Man muss auch dazusagen, dass ein Teil der Verhandlungen des Stabilitätspaktes auch der Absicherung der Pflege gewidmet war und dass es für Länder und Gemeinden eine sehr wichtige Erleichterung gegeben hat und dass eben für die Pflege, für so einen wichtigen Politikbereich, positive Ergebnisse erzielt werden konnten.

 

Also insgesamt ist es ja nur an Ihnen vorübergegangen, dass wir uns in der größten Finanzkrise seit 1945 befinden, dass der Neoliberalismus, dem Sie und auch Teile der ÖVP ja huldigen, die größte Krise hervorgerufen hat. Wir haben hier die etwas undankbare Aufgabe, Arzt am Krankenbett des Systems des Neoliberalismus

 

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