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Landtag, 9. Sitzung vom 24.11.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 26 von 60

 

Zum Schluss zum Drüberstreuen sage ich Ihnen noch: Ich habe mir das Beispiel einer Seniorin hinsichtlich der Gebührenerhöhung im Zusammenhang gerade auch mit der Hundesteuer angeschaut: Für eine Seniorin aus dem 15. Bezirk, die einen Hund besitzt, entstehen 194 EUR Mehrkosten im nächsten Jahr, da sind aber die Müllgebühren noch nicht mit eingerechnet. Dann habe ich den Vergleich mit einer Linzer Seniorin angestellt. Es handelt sich auch um einen Singlehaushalt mit 40 m² und einem Hund, es fallen aber 194 EUR an Gebühren weniger an. Bitte nehmen Sie sich da vielleicht ein Beispiel! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Präsident Johann Herzog: Als Nächste zu Wort gemeldet ist die Frau Abg Dr Pilz.

 

11.28.58

Abg Dr Sigrid Pilz (Grüner Klub im Rathaus)|: Sehr geehrter Herr Prof Brustbauer! Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Stadträtin! Werte Kollegen und Kolleginnen!

 

Ingrid Korosec! Ich verstehe nicht, wie du diesen wichtigen und diskussionswürdigen Bericht dazu verwenden kannst, ihn nicht wertzuschätzen, sondern im Sinne des eingefrorenen Posthorntons bei diesem Tagesordnungspunkt eine Debatte über den Heizkostenzuschuss und auch über die Hundesteuer aufzuwärmen, für die wir, weiß Gott, lang Zeit hatten! – Ich diskutiere gerne über alles, aber ich finde, das hat sich die PatientInnenanwaltschaft nicht verdient! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Die Patientenanwaltschaft hat sich nicht verdient, dass man sagt: Es haben eh alle den Bericht gelesen, darum brauchen wir jetzt nicht darüber zu reden! – Ich gehe natürlich davon aus, dass alle Anwesenden den Bericht gelesen haben, ich meine aber, dass es trotzdem sinnvoll ist, darüber zu reden.

 

Das kommt mir so vor wie in der Schule: Wenn man über den Elefanten geprüft wird und nur die Insekten gelernt hat, dann sagt man: Der Elefant ist ein großes Tier mit Rüssel, und hinter seinen Ohren wohnen Insekten, und die Insekten kann man einteilen in … Und dann redet man über die Insekten. – Auf diese Weise versagt man dem Bericht und damit auch der Arbeit des PatientInnenanwaltes und seines Teams die Wertschätzung!

 

Ich möchte aber sehr wohl über den Bericht reden und auch für diejenigen, die ihn gelesen haben, ein paar Dinge herausgreifen.

 

Was mich besonders freut, ist, dass, wie sich schon im letzten Jahr abgezeichnet hat und auch jetzt wieder zeigt, die Berichte inhaltlicher werden. Ich habe ja immer an den Berichten insbesondere die Kritik geäußert, dass sie überwiegend statistisch sind, und unter Ihrem Vorgänger haben wir einmal ein paar Jahre lang überhaupt keine Berichte bekommen. Jetzt haben wir sie aber, und der heurige Bericht ist ein besonders substanzieller Bericht, auch was die Strukturfragen betrifft.

 

Ich gebe dir ja recht: Es darf den Regierungsparteien nicht egal sein, ob es sich bei den angeführten Fällen um bedauerliche Einzelfälle handelt, die man zwar bedauern muss, oder ob dahinter nicht etwa Strukturmängel stehen. Und insofern möchte ich gerade die Punkte herausgreifen, wo Sie von Strukturmängeln sprechen.

 

Häufig sind Fälle angeführt, in denen es offensichtlich bei der Arzt/Ärztin-Patient/Patientin-Kommunikation stark mangelt. Diese Fälle sind oft wirklich eine sehr große Tragödie. So sagt etwa die Institution nachträglich, wir haben eh vor der Operation über die Narkoserisiken und so weiter aufgeklärt, all das wurde ohnehin kommuniziert und mit Unterschrift bestätigt. Die PatientInnen sagen aber nachher, ich habe das nicht gewusst, man hat mir das nicht gesagt. Dahinter steckt – und ich habe das in meiner Rede zum Gesundheitskapitel im Gemeinderat schon betont –, das ganz grundsätzlich besorgniserregende Problem, dass die Gesundheitskompetenz der PatientInnen speziell in Österreich im Vergleich zu anderen europäischen Staaten sehr schlecht ausgeprägt ist. Wenn man nicht versteht, was im Beipackzettel steht, oder wenn man seine Krankheit im Sinne des Verständnisses der Diagnose oder der notwendigen Therapie nicht umfassend interpretieren kann, dann ist es in der speziellen Situation, wenn man operiert wird – und das ist für jeden Menschen eine Stresssituation –, ganz besonders schwierig, wenn einem dann noch schriftlich irgendetwas aufs Aug’ gedrückt wird, was man lesen, verstehen und unterschreiben muss. Und dass so etwas schiefgehen kann, wenn es erst dann zu einer nachweislichen Kommunikationssituation kommt, kann sich jeder vorstellen!

 

Ich bin mit meiner Tochter, als sie noch minderjährig war, zu einem kleinen Eingriff ins AKH gegangen. Sie musste sich am Bein sozusagen einen Dippel aufmachen lassen, und der Arzt hat ihr guter, wirklich ambitionierter und auch netter Weise gesagt, was jetzt alles passieren könnte: Es könnte ein Nerv gelähmt werden, es könnte sich um irgendeine Wurminfektion handeln und lauter solche Dinge. Sie hat ihre Augen immer weiter aufgerissen und ist am Schluss in Tränen ausgebrochen. Ich habe darauf gesagt: „All das ist aber wahrscheinlich eh selten!“ Schließlich habe ich dann irgendwann einmal zu dem Arzt gesagt: „Können Sie das nicht eigentlich mir erzählen und nicht dem Mädchen?“ – Darauf hat er gesagt, dass er es ihr sagen muss. Er müsse es ihr sagen, und ich dürfe dann zwar unterschreiben, aber es müsse nachgewiesen sein, dass sie all das weiß.

 

Schließlich habe ich zum Arzt gesagt: „Stopp! Ich frage Sie: Würden Sie, wenn dieses kleine Mädchen jetzt nicht meine Tochter, sondern Ihre Tochter wäre, diesen kleinen ambulanten Eingriff vornehmen, um einmal nachzuschauen, was sich hinter diesem Dippel verbirgt?“ – Darauf hat er gesagt: „Ja, ich würde das bei meiner Tochter auch machen.“ Und nur mit dieser Information konnte ich mein Kind dazu gewinnen, dass sie sich diesem kleinen und im Übrigen schlussendlich sich als harmlos herausstellenden Eingriff unterzogen hat.

 

Wenn also Aufklärung bedeutet, dass dem oder der Betroffenen alles, was etwas im Fall des Falles unter den seltenen Krankheiten bedeuten kann, gesagt wird, dann ist diese Stresssituation für manche nicht leicht zu bewältigen. Was ich damit sagen möchte, ist: Wir dürfen nicht erst dann mit der Aufklärung anfangen, wenn es um eine Rechts- oder Haftungsfrage geht, sondern wir müssen die Betroffenen viel früher informieren und ins Gesundheitswissen einbeziehen. Es geht dabei halt immer um

 

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