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Landtag, 3. Sitzung vom 27.01.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 35 von 43

 

dieser heiklen Frage, wenn es um Gewalt geht, die Leute nicht für deppert. Wenn Sie eine Gewalttransparenzdatenbank einfordern und suggerieren, dass dadurch alles besser wird, dann ist das schlichtweg eine Scheinlösung. Was wollen Sie denn mit diesen Daten sammeln?

 

Es gibt bereits jetzt ein Strafregister, wo die strafbaren Handlungen festgelegt sind, und wenn ein Hinweis besteht, dann hat das Jugendamt bereits jetzt die Möglichkeit, Einblick zu nehmen und erhält Auskünfte über das strafrechtliche Umfeld. Also, es gibt Möglichkeiten, man erfährt es. Wenn Sie jetzt sagen, Gewalttransparenzdatenbank, yeah, ja, was soll damit passieren? Wollen Sie Daten sammeln und den Leuten sagen, dadurch wird das Leben besser, dadurch sind eure Kinder sicherer? Tut die Leute nicht immer für so blöd verkaufen, das macht mich krank, hier geht es um Gewalt, und hier geht es um Kinder. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Das heißt konkret noch einmal: Ja, forcieren wir das Bundeskinder- und Jugendhilfegesetz, um wenigstens einheitlich zu Qualitätskriterien zu kommen, ja, werten wir die soziale Arbeit, die Jugendarbeit, auch gesellschaftlich auf, reden wir nicht nur darüber, wenn es gerade akut wird, das ist ein wichtiger gesellschaftlicher Wert, den die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter hier leisten. Ja, verstärken wir auch die Ressourcen, da hoffe ich durch die konkreten Projekte, die wir jetzt angehen, dass wir wieder einen guten Schritt beitragen. Ja, stärken wir auch die Zivilcourage und fördern wir die Kooperation untereinander, aber benützen wir nicht Einzelschicksale für Polemik. Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

 

Präsidentin Marianne Klicka: Als nächste Rednerin zum Wort gemeldet ist Frau Abg Mag Straubinger, ich erteile es ihr.

 

12.23.42

Abg Mag Sybille Straubinger (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates)|: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Der Anlassfall für den Dringlichen Antrag ist ein sehr tragischer, da sind wir alle einer Meinung. Wir sind alle einer Meinung darin, dass wir alles tun müssen, solche Fälle, solche tragischen Ereignisse zu verhindern. Ich glaube aber auch, dass wir alle wahrscheinlich der Meinung sind, dass wir nie hundertprozentig sicher sein können, dass wir alle solche Fälle verhindern werden, und dass es nicht trotz aller Maßnahmen, die wir tätigen, trotz aller personeller Aufstockungen, trotz aller Sorgfaltspflicht wieder passieren kann. Was kann man also tun, um es möglichst auszuschließen und diese Fälle auch so gering wie möglich zu halten?

 

Das ist zum einen, die Arbeit so zu gestalten, dass Abläufe, dass fachliche Standards, möglichst hoch sind. Und wenn man sich anschaut, wie die MA 11, wie das Jugendamt in Wien arbeitet, wenn man sich zum Beispiel einmal diese Mappe mit den fachlichen Standards anschaut, wenn man sich das Handbuch für soziale Familien anschaut, dann sieht man darin, dass wirklich sehr detailliert, sehr genau Arbeitsabläufe festgelegt worden sind, dass von der Aufnahme einer Gefährdungsmeldung über die Gefährdungsabklärung bis zur Unterstützung der Erziehung, wo mit den Familien gearbeitet wird, bis zu Kindesabnahme, es sozusagen auch ein genaueres Procedere gibt, dass in Wien festgelegt ist, dass es ein Vier-Augen-Prinzip geben muss, dass es einen Hilfsplan geben muss, dass es Fallbesprechungen gibt, Fallverlaufsbesprechungen gibt, sozusagen dass alles Menschenmögliche innerhalb der Organisation getan wird, um nichts zu übersehen, um sicherzugehen und um Kinder bestmöglich auch zu schützen.

 

Wir haben diese qualitativ sehr hohen Standards, das ist auch durchaus schon von unabhängiger Stelle bescheinigt worden, wie zum Beispiel nachzulesen in einem Kontrollamtsbericht. Diese Standards hat nicht jedes Bundesland, wir wollen und fordern hier auch alle gemeinsam ein bundeseinheitliches Jugendwohlfahrtsgesetz, das, wie vorher schon erwähnt worden ist, schon seit Längerem in einer Begutachtung war und nun wieder in der Begutachtung ist, um einheitliche Standards in ganz Österreich zu bekommen. Da gibt es diesen Entwurf, der am Einspruch der Länder gescheitert ist, und Wien war, glaube ich, das einzige Bundesland, das von Anfang an keinen Einspruch erhoben hat, das gesagt hat, setzen wir dieses bundeseinheitliche Jugendwohlfahrtsgesetz um, denn das ist sozusagen eine Vereinheitlichung, das dient zum Schutz der Kinder und zur Hebung der Standards in der Jugend-, in der Familienarbeit.

 

Aber selbst wenn das sozusagen umgesetzt wird, selbst dann wird man es noch nicht hundertprozentig ausschließen können, weil sich die Arbeit der SozialpädagogInnen und SozialarbeiterInnen immer in einem Spannungsfeld bewegt, und zwar in diesem Spannungsfeld des Rechts auf Familienleben und des Kinderschutzes. Die von Ihnen angesprochene Gewalttransparenzdatenbank liegt auch in diesem Spannungsfeld, denn Eingriffe in das Familienleben sind nur dann erlaubt, wenn es unbedingt notwendig ist, und nur in einem verhältnismäßigen Ausmaß. Und diese Voraussetzung ist nicht gegeben, wenn ein Elternteil wegen irgendeines Gewaltdeliktes schon vorbestraft ist. Es müssen immer auch konkrete Verdachtsmomente zur Gefährdung des Kindeswohls hinzukommen, denn zum Beispiel ist auch ein Autounfall mit einer Körperverletzung ein Gewaltdelikt, das zu einer Vorbestrafung führen kann. Das ist jetzt nicht meine Meinung, das ist auch sozusagen nicht die Meinung der MA 11, das ist das gängige Recht. Das konnte man jetzt auch vor Kurzem erst wieder in einem Artikel der „Presse“ nachlesen, dargelegt von einem Familienrichter des Landesgerichts Korneuburg, der auch als Autor zum Thema Erziehung und Recht bekannt ist.

 

Zum Beispiel, um nur einen Aspekt zu erwähnen - ich will mich gar nicht sozusagen in diesem Vorarlberger Fall verlieren, aber nur ein kleiner Satz dazu -, der Täter in Vorarlberg war nicht bei der Mutter gemeldet, das heißt, es hätte auch nichts gebracht, wenn es diese Gewalttransparenzdatenbank gegeben hätte, und deshalb hätte man auch nicht handeln können. Was es aber schon gibt, und was auch sehr gut funktioniert, sind sehr strenge Meldepflichten. Die gibt es jetzt schon, ich weiß nicht,

 

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