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Landtag, 33. Sitzung vom 24.06.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 70 von 100

 

VorrednerInnen gehört, ja bereits seit 2004 gibt. Deswegen werden wir natürlich dem vorliegenden Entwurf zustimmen, gar keine Frage.

 

Aber eine Frage müssen Sie sich von meiner Seite schon gefallen lassen: Warum denn erst jetzt diese Novellierung? Seit 2004 hat die Wiener Landesregierung das Bedürfnis behinderter Menschen nach Diskriminierungsschutz nach allen Regeln der Kunst ignoriert.

 

Noch einmal ein Abriss der Historie, der sich ein bisschen anders anhört als der der Mehrheitsfraktion. Zuerst wurde die Aufnahme behinderter Menschen ins Antidiskriminierungsgesetz mit dem Hinweis abgeschmettert, dass Behindertenorganisationen das gar nicht wollen. Das ist schlichtweg falsch, weil spätestens seit dem Jahr 2006 und dem Inkrafttreten des Bundesbehindertengleichstellungsgesetzes war klar, dass auch in Wien ein dringender Handlungsbedarf besteht. Im Jahr 2007 wurde das Wiener Antidiskriminierungsgesetz novelliert und der Diskriminierungsgrund Behinderung wurde bewusst wieder nicht ins Gesetz genommen, obwohl das im Rahmen der Stellungnahmen mehrfach eingefordert wurde. Wenn ich mir die Bestimmungen der Antidiskriminierungsgesetze der anderen Bundesländer ansehe, wo es diesen Tatbestand „auf Grund von Behinderung“ schon lange gibt, dann muss ich sagen: Wien ist hier das Schlusslicht.

 

Dann hat es seitens der Frau Stadträtin geheißen: Wir können das Gesetz nicht ändern, weil die EU-Antidiskriminierungsrichtlinie noch nicht in Kraft ist. Also plötzlich war dann quasi Schweden schuld, dass in Wien nichts weitergegangen ist. In einer Anfragebeantwortung 2009 schrieb StRin Frauenberger: „Die derzeitige schwedische Ratspräsidentschaft hat die politische Entscheidung zu diesem Richtlinienentwurf in ihr Programm aufgenommen. In den bevorstehenden Arbeitsgruppensitzungen des Rates ist noch mit verschiedenen, nicht vorhersehbaren Änderungen des Entwurfs zu rechnen.“

 

Meine Damen und Herren! Eine vorübergehende Übernahme bundesrechtlicher Regelungen bis zum Inkrafttreten der EU-Richtlinien kommt im Hinblick auf die Rechtssicherheit der behinderten Menschen nicht in Frage. Das ist die Aussage, die dahintersteht. Und wie das mit Arbeitsgruppen halt so ist, es kann auch vorkommen, dass es nicht vorhersehbare Änderungen gibt oder dass diese nie kommen. Gott sei Dank hat die Stadt Wien jetzt endlich eingelenkt und ausnahmsweise die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung nicht auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben. Ein letzter Punkt und das ist der letzte Abriss in der Historie: Der Initiativantrag aller Oppositionsparteien, und das wurde heute schon erwähnt, gepaart mit dem wohl heranrückenden Wahltermin am 10. Oktober waren nötig, um die heute zu beschließende Novelle durchzuführen.

 

Abschließendes Fazit, meine Damen und Herren: Menschen mit Behinderung dürfen nach sage und schreibe insgesamt sechs Jahren den gleichen Schutz durch das Wiener Antidiskriminierungsgesetz in Anspruch nehmen, nachdem Menschen ohne Behinderung dies seit 2004 können. Endlich Gerechtigkeit! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Präsidentin Marianne Klicka: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Abg Vassilakou. Ich erteile es ihr.

 

Abg Mag Maria Vassilakou (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren!

 

Der vorliegenden Novelle geben wir unsere Zustimmung. Da es sich aber hier um Antidiskriminierung handelt und Antidiskriminierung sehr wohl auch etwas mit Solidarität zu tun hat, möchte ich auf einen Fall zu sprechen kommen, der uns in Österreich in den letzten Jahren so stark beschäftigt hat und der uns vor allem in diesen Tagen sehr stark beschäftigt. Gemeint ist die Familie Zogaj, die in den nächsten Tagen Österreich wird verlassen müssen und wo ich meine, dass es zwar bedauerlicherweise nicht in unserer Möglichkeit liegt, rechtlich als Wiener Landtag unmittelbar etwas zu unternehmen, um schlussendlich einen weiteren Verbleib der Zogajs in Österreich zu ermöglichen, aber sehr wohl ein Akt der Solidarität hier gefordert ist. Erstens auf einer politischen Ebene und zweitens auch ein politisches Statement, das befürwortet, dass es künftig nicht mehr zu solchen Familienschicksalen kommen sollte.

 

Wir haben deshalb einen Antrag, einen Beschluss- und Resolutionsantrag, seitens der GRÜNEN vorbereitet, den ich hiermit auch einbringen möchte und ich will abschließend, weil ich ja nur noch zwei Minuten zu reden haben, meinerseits Folgendes bekräftigen: Ich finde es kontraproduktiv, wenn man Kinder, die ungefragt mit ihren Eltern nach Österreich gekommen sind, die hier aufgewachsen sind, die hier die Schule nahezu absolviert haben, die Freunde gefunden haben, die hier ein Zuhause gefunden haben, und die ohne jeden Zweifel in Österreich integriert sind, so sehr, dass die Heimat der Eltern für sie ein fremder Ort geworden ist - ich finde das kontraproduktiv und absurd, sie in eine Welt zurückzuschicken, wo sie nicht hingehören, noch dazu ein Jahr vor Schulschluss, sodass auch noch der weitere Bildungsweg sehr ungewiss ist. Ich finde, dass dieser Akt hart ist, unmenschlich ist, eines modernen demokratischen Landes unwürdig ist und darüber hinaus einzig und allein dem Ego vergangener und aktueller InnenministerInnen dient, die offensichtlich aus welchem Grund auch immer beschlossen haben, auf dem Rücken eines kleinen Mädchens und einer Familie ein Exempel zu statuieren. Ich glaube, dass es gut und sinnvoll ist, wenn der Wiener Landtag hier klar Stellung bezieht und seine Solidarität mit dieser Familie zum Ausdruck bringt.

 

Ich glaube, dass es darüber hinaus ein klares Bekenntnis der demokratischen und weltoffenen Geste im Wiener Landtag zur Schaffung eines Bleiberechts braucht, das gut integrierten Familien die Möglichkeit

 

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