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Landtag, 30. Sitzung vom 26.03.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 45 von 82

 

Strafgesetzbuch definiert, aber nicht „Bettelei". Und im Strafgesetzbuch ist eben „gewerbsmäßig" für die dort geregelten Straftatbestände definiert. Und wenn jemand gewerbsmäßig einen schweren Betrug begeht, wenn jemand gewerbsmäßig einen schweren Diebstahl begeht, hat das einen ganz anderen Unrechtsgehalt, als wenn jemand gewerbsmäßig nach einem Landesgesetz eine leichte, mehr oder weniger leichte Verwaltungsübertretung begeht. Das ist einmal vollkommen klar. Und auf Grund dieses völlig anderen Unrechtsgehaltes ist natürlich unser „gewerbsmäßig" nicht so zu definieren, wie vielleicht die Gerichte „gewerbsmäßig" im Zusammenhang mit schwerem Betrug definieren, sondern es ist so zu definieren, wie es der Polizist in der vorgestrigen Fernsehsendung – Kollege Lindenmayr hat schon darauf hingewiesen – interpretiert hat, nämlich, es ist weit zu interpretieren. Das heißt, dass das nichtgewerbsmäßige Betteln durchaus weiter seinen Platz hat, sein Anwendungsgebiet hat, dass es aber, wenn es eine berufsmäßige Bettelei ist, dann irgendwann nicht mehr geht. Das ist schon klar.

 

Aber es fehlt auch das Wort Gewerbe dahinter, und Gewerbe ist mehr, als wenn man quasi ... (Abg Dipl-Ing Martin Margulies: Wie schaut „gewerbsmäßig" aus? Interpretiere es!) - Es ist völlig absurd, wenn die GRÜNEN behaupten, wenn man einen anbettelt, dann ist das noch nicht gewerbsmäßig, und wenn man den Zweiten anbettelt, ist es gewerbsmäßig. (Abg Dipl-Ing Martin Margulies: Was meint die SPÖ mit „gewerbsmäßig"?) Das ist juristisch so abstrus, dass ich in meiner 30-jährigen Juristenkarriere noch nie ein unsinnigeres juristisches Argument gehört habe, und ich weise das auch schärfstens zurück. (Beifall bei der SPÖ. – Abg Dipl-Ing Martin Margulies: Was meint die SPÖ mit „gewerbsmäßig"? Sagen Sie das einfach!)

 

Unter „gewerbsmäßig" versteht man, dass eine fortlaufende Einnahmenquelle geschaffen wird, dass das geplant ist und dass eben der Rechtsanwender nach den Normen der Interpretation das anzuwenden hat. Dazu gehört das Gesetz selbst, dazu gehören die Gesetzesmaterialien, und dazu gehört unter anderem auch die Debatte in der gesetzgebenden Körperschaft, was diejenigen Redner, die das Gesetz befürwortet haben, dazu gesagt haben. Das ist mit in die Interpretation einzubeziehen. Natürlich darf es nicht im Gegensatz zum Gesetzestext sein, das ist einmal logisch. Aber jedenfalls ist klar, dass die Polizei und die zuständigen Organe dieses Gesetz offensichtlich richtig gelesen haben und das richtig anwenden werden, nämlich nicht schikanös, sondern so, wie wir es meinen: dass die nichtgewerbsmäßige Bettelei, das normale Betteln, das stille Betteln von armen Leuten weiter zulässig sein wird. Und deshalb halten wir ja auch unser Versprechen, dass wir keineswegs ein generelles Bettelverbot einführen. Das wollen wir überhaupt nicht. (Abg Mag Wolfgang Jung: Die Auslegung trifft die Polizei, nicht Sie!) – Die Rechtsanwender, ja! Aber mir haben das schon relativ viele gesagt. (Abg Mag Wolfgang Jung: Sie können auch nichts garantieren damit!)

 

Präsident Prof Harry Kopietz (unterbrechend): Darf ich ersuchen, die Zwischenrufe wieder etwas hinanzuhalten?

 

Abg Dr Kurt Stürzenbecher (fortsetzend): Es ist auch völlig absurd, dass auf Grund dieses Gesetzes die Sandler generell weggewiesen werden können. Das ist die zweitabsurdeste Sache, die Kollegin Vassilakou gesagt hat; abgesehen davon, dass das, was sie zitiert hat – „bei anderen Personen durch unmittelbare Wahrnehmung berechtigten Anstoß zu erregen" – und hinsichtlich dessen sie gesagt hat, dass man das interpretieren könne, wie man will, und jeden wegweisen könne, auch bisher schon im Gesetz war und auch schon bisher im Gesetz richtig, nämlich maßvoll, angewendet worden ist. Und so wird das auch weiter maßvoll angewendet werden. Daher sehe ich da kein großes Problem.

 

Zwischendurch ganz kurz, um das auch noch einmal zu sagen, zum Antrag der Freiheitlichen betreffend die Sicherheitspolizei und die Sicherheitswacht: Auf den ersten Blick, wenn man es durchliest, klingt es gar nicht so unvernünftig, muss ich sagen. (Abg Mag Wolfgang Jung: Sie lernen!) Aber wenn man genauer schaut, wenn man in die Tiefe geht, ist es nicht zu unterstützen, und deshalb werden wir den Antrag auch ablehnen (Abg Mag Wolfgang Jung: Warum das?), weil es einfach besser ist, wenn wir in den einzelnen Ressorts Spezialisten haben, die für diese spezielle Tätigkeit super ausgebildet sind und dort auf hohem Niveau Arbeit leisten, als wenn man diese quasi überall hinausstreut und dann verschiedenste Organe auf vermutlich noch immer ganz guten, aber mittelmäßigen Wegen auch ihre Arbeit leisten. - Es ist also so, wie wir es jetzt machen, ein effizienterer Einsatz, als wenn wir Ihren Vorschlag übernehmen würden. Er ist nicht absurd, aber er würde zu einer gewissen Effizienzschwächung führen. (Abg Mag Wolfgang Jung: Ordnung und Effizienzsteigerung!) - Das ist das Erste.

 

Das Zweite ist: Wir bekennen uns dazu, dass Bekämpfung der Kriminalität natürlich ausschließlich Bundesaufgabe und Aufgabe der Polizei ist. Nach Ihrem Vorschlag würde ein Teil unseres Landesbudgets für Sicherheitsaufgaben verwendet, also für etwas, was laut Verfassung der Bund machen müsste. Das heißt, wir würden Geld für Bundesagenden ausgeben und hätten dann irgendwo zu wenig Geld. Denn dieses Geld, das eigentlich der Bund zur Verfügung stellen müsste, geht uns ja ab! Und deshalb lehnen wir Ihren Antrag - der nicht absurd ist, der aber doch nicht ausgereift ist - ab! – Das wäre einmal dazu zu sagen. (Abg Mag Wolfgang Jung: Wir stellen fest, Sie nähern sich langsam an!)

 

Was Ellensohn betrifft, so meine ich, wenn er sagt: Die FPÖ könnte hier ein Gesetz nicht strenger beschließen als ihr!, dann ist das so absurd! Du weißt genau, dass es noch strenger wäre, so wie die FPÖ es will, nämlich ein generelles Bettelverbot. – Was du sagst, ist damit schon falsch. Da brauchen wir gar nicht weiterzureden. Diese Aussage ist schon falsifiziert. Da brauchen wir nicht weiterzudiskutieren. Sie ist reine Polemik. Ich könnte jetzt sagen: Wie oft hat die FPÖ schon mit den GRÜNEN mitgestimmt? - Sicher öfter die GRÜNEN mit

 

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