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Landtag, 19. Sitzung vom 10.07.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 41 von 49

 

Das ist nämlich der Hauptgrund, meine sehr geehrten Damen und Herren, warum Sie eine Volksabstimmung verweigert haben: Sie haben Angst, Angst vor der freien Entscheidung der Österreicher.

 

Wir Freiheitlichen haben immer darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, die Bevölkerung hier einzubinden, hier mitentscheiden zu lassen. Ihre Haltung war bisher klar, und jetzt ganz, ganz plötzlich vor einer Woche – die Umfragewerte der SPÖ waren schon im Keller – taucht da ein Leserbrief an die „Kronen Zeitung" auf, künftig sollen bei essentiellen EU-Fragen Volksabstimmungen stattfinden. Also das ist ja wohl ganz klar ein reiner Schmäh, das nimmt doch bitte überhaupt niemand ernst. Sie wollen die Österreicher für dumm verkaufen, aber ich sage Ihnen, die Österreicher sind nicht dumm, sie durchschauen dieses miese Spiel ganz genau.

 

Wir wissen ja, dass die Bundesregierung seit ihrem Amtsantritt sehr, sehr viel vorgegaukelt hat, und dieser angebliche Kurswechsel der SPÖ in der EU-Frage ist eben so eine weitere Gaukelei. In Wahrheit ist das Ganze viel Lärm um nichts. Dieser Offene Brief von Gusenbauer und Faymann bedeutet überhaupt nichts. Er ist an Unverbindlichkeit nicht zu überbieten. Die ÖVP hat ihn trotzdem als Vorwand genommen, die Koalition aufzukündigen, und der Klubobmann Cap wiederum hat den Brief sofort relativiert.

 

Aber warum geht denn die SPÖ nicht her und nimmt, wenn sie das wirklich ernst meint, alles zurück, was sie in Sachen Reformvertrag gemacht hat. Der heutige Antrag der FPÖ liegt vor. Wir werden sehen, ob die SPÖ hier zustimmt.

 

Zurück zum Start!, sollte es lauten. Es gibt nämlich von jedem Vertrag auch ein Rücktrittsrecht, und nur das wäre glaubhaft, meine sehr geehrte Damen und Herren. Aber Sie sind feig und verstecken sich hinter den mutigen Iren. Man sieht also, dieser angebliche Schwenk ist reine Taktik. Eben das, was Sie dem Herrn Schüssel vorwerfen, nämlich nur Taktik zu betreiben, betreiben Sie hier par excellence. Reine Taktik, reiner Opportunismus.

 

Der Herr Oxonitsch hat heute begründet, nur noch 28 Prozent sind für die EU. Das Vertrauen in die EU sinkt. Das stimmt, das stimmt vollkommen, aber ich glaube, der Hauptgrund dieses angeblichen Schwenks ist wohl, dass immer mehr Leute das Vertrauen in die SPÖ verlieren und die SPÖ wahrscheinlich jetzt schon bei weniger als 28 Prozent im Vertrauen der Bürger liegt. Das ist nämlich der wahre Grund für diesen vermeintlichen Kurswechsel.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine Volksabstimmung zum EU-Reformvertrag wäre unumgänglich gewesen. Sie haben das verweigert. Die Regierung ist vor einigen Tagen geplatzt. Man merkt, ein spürbares und hörbares Aufatmen geht durch die Reihen der Bevölkerung. Österreich atmet auf, weil eben endlich die Katze aus dem Sack ist. Die permanente Belästigung und Pflanzerei der Bevölkerung hat ein Ende. Es war die Situation ja auch wirklich schon unerträglich. Ständig die gegenseitigen Ultimaten, gegenseitige Beflegelungen unter jedem Niveau. Das war eine reine Verhöhnung und Beleidigung der Österreicher. Jetzt endlich kann Österreich aufatmen.

 

Die Verantwortung und die Schuld für diesen Koalitionsbruch – das haben wir heute schon auf der Wahlkampfbühne gehört – werden hin- und hergeschoben. Ihre gegenseitigen Schuldzuweisungen sind wirklich herzig. Wie in der Sandkiste.

 

Man kann nur eines hier ganz klar feststellen: Beide Parteien, sowohl Rot als auch Schwarz, sind schuld. Rot oder Schwarz, das ist hier vollkommen einerlei. Sie haben die letzten zwei Jahre in der Bundesregierung vollkommen versagt.

 

Bei diesen so genannten staatstragenden Parteien, wie sie sich so gerne nennen, geht es in Wirklichkeit um reines kleinliches Taktieren. Man kann sich aber auch zu Tode taktieren – auf dem Rücken der österreichischen Bevölkerung.

 

Jetzt kommt hier eine ach so neue Figur ins Spiel: der Herr Faymann. Wir kennen ihn ja auch aus Wien. In einem Punkt war sich die Regierung immer einig – das ist einer der wenigen Punkte, wo sich die Bundesregierung einig war –, nämlich in der Belastung der Bevölkerung, in der Belastung der Österreicher. Und auch der Herr Faymann hat immer brav genickt. Er war immer dabei bei Entscheidungen, wenn es darum ging, die Österreicher zu belasten. Und jetzt versucht man, ihn als neuen Mann zu verkaufen, als neues Gesicht, dabei hat dieses Gesicht schon einige politische Falten. Ich verweise zum Beispiel darauf, dass er im Ministerrat bei allen unsozialen Maßnahmen mitgestimmt hat oder als Regierungskoordinator bis zuletzt mit seinem Freund Josef Pröll für den Fortbestand dieser unsozialen Koalition gekämpft hat.

 

Ich erinnere daran, dass er vor einigen Jahren als Wohnbaustadtrat die Öffnung der Gemeindebauten für Ausländer durchgesetzt hat. Das also ist das „neue Gesicht" des Herrn Faymann, das aber offensichtlich schon einige Falten trägt.

 

Auf jeden Fall, das Problem der beiden Großparteien, der SPÖ und der ÖVP, ist es, weiterzuwurschteln um jeden Preis: mit der EU-Politik, aber auch mit Rekordbelastungen, Arbeitslosigkeit, Massenzuwanderung, Ruin des Sozialstaates, Zerstörung des Gesundheitssystems. Das ist Molterer und Faymann in Reinkultur: Hauptsache, der alte Proporz bleibt gewahrt und wir können weiterwurschteln wie bisher.

 

Man wird sehen, wie es nach der Wahl aussieht, ob wieder eine große Koalition zustande kommt auf dem Rücken der Österreicher.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sage Ihnen, die Freiheitliche Partei ist die einzige Partei in Österreich und auch hier in Wien, die dieser Politik glaubhaft entgegentritt. Wir sagen Nein zu einem neoliberalen Unfug, der den Menschen die Luft zum Atmen nimmt. Wir sagen Ja zu mehr Mitbestimmung der Bürger. Am Wahltag, meine sehr geehrte Damen und Herren, wird Ihnen die Rechnung präsentiert werden. Diese Wahl wird auch eine Volksabstimmung werden über ein freies, eigenständiges, soziales und neutrales Österreich.

 

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