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Landtag, 18. Sitzung vom 26.06.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 29 von 49

 

und der kann ja dann vorgehen gegen irgendeine Sachbeschädigung - wenn es denn einer einzelnen Person vorgeworfen wird, was bis zum heutigen Tag nicht ein einziges Mal geschehen ist, sondern man verwendet ein Konstrukt, § 278a, das man jeden Tag gegen jede Organisation verwenden kann.

 

Und ich möchte einmal kurz ausführen, wie man diesen § 278a missbräuchlich verwenden könnte - noch missbräuchlicher, als es bereits erfolgt ist -:

 

§ 278a regelt eigentlich mit ein paar genauen Worten, worum es geht, und hat ein paar Kriterien festgelegt. Ein Kriterium ist zum Beispiel die auf längere Zeit angelegte unternehmensähnliche Verbindung einer größeren Zahl von Personen. - Das sind die GRÜNEN auch. Das ist die Sozialdemokratie auch. Und auch der ÖVP gehören immer noch mehrere Personen an: Das ist die ÖVP auch.

 

Ein weiteres Kriterium: Ziel der Organisation ist es, erheblichen Einfluss auf Politik oder Wirtschaft anzustreben. – Nun, das macht die ÖVP hundertprozentig. Das streitet sie auch nicht ab.

 

Die ÖVP erfüllt da ziemlich viele Tatbestände, wenn ich mir das so anschaue, einen nach dem anderen, von diesem § 278a: Eine Organisation, der mehrere Personen angehören, die auf längere Zeit angelegt ist, die unternehmensähnlich agiert, die erheblichen Einfluss auf Politik oder Wirtschaft anstrebt (Heiterkeit bei den GRÜNEN und ironische Heiterkeit bei Abg Dr Matthias Tschirf), die sich auf besondere Weise gegen Strafverfolgungsmaßnahmen abzuschirmen versucht. - Nichtöffentliche Sitzungen wird es in der ÖVP auch geben. Die Namen der Mitglieder werden nicht veröffentlicht – okay. Die Namen der Spender und Spenderinnen werden nicht veröffentlicht. (Heiterkeit bei den GRÜNEN.) - Das steht alles so hier drinnen! (Ruf bei den GRÜNEN: Das ist der 278er!)

 

Aber: Wenn ich jetzt die Tierschützer und Tierschützerinnen mit der ÖVP vergleiche, dann muss ich sagen, der Vergleich geht zugunsten der ÖVP aus, betreffend Organisation nach § 278a. Eindeutig! Die zehn Inhaftierten haben weniger mit dem § 278a zu tun als der Klub der Volkspartei, der hier sitzt. (Abg Dr Matthias Tschirf: Das heißt, Sie wollen uns einsperren?) Nein, denn - und jetzt kommt es erst -: Wenn das so wäre, dann könnten ja theoretisch morgen die WEGA-Beamten bei Ihnen einmarschieren und Sie im Pyjama vor die Haustüre zerren, mit Handschellen abführen, fünf Wochen oder drei Monate wegsperren (Ruf bei der ÖVP: Die Wunschvorstellung des StR Ellensohn!), und wir würden alle nicht wissen, warum.

 

„Aber die Abgeordneten und die Minister der Volkspartei" - ich löse es dann gleich auf, weil das alles so schön herauskommen wird – „wissen: Draußen, im Parlament," in den Landtagen, „werden grüne Abgeordnete jeden Schritt von Polizei und Staatsanwalt verfolgen. Wir werden die öffentliche Meinung mobilisieren.", so wie wir es auch jetzt versuchen. Mit Anfragen, Sondersitzungen, Landtagsanträgen werden wir versuchen, all diese Probleme zu lösen. „Wir werden die Parteispitze" der Volkspartei „im Gefängnis besuchen, damit sie wissen, dass sie nicht alleine sind" – falls wir dürfen. „Wir werden keine Ruhe geben, bis die Inhaftierten wieder auf freiem Fuß sind. Wir lassen nicht zu," - das ist der Schlusssatz dieses schönen Papiers – „dass der Anti-Mafia-Paragraph des Strafrechts politisch missbraucht wird. Die ÖVP kann sich auf uns verlassen."

 

Das schreibt Peter Pilz, der sich mit Herrn Platter sehr lange beschäftigt hat und der sich überhaupt nicht gewundert hat über diese Auswüchse. Eigentlich haben wir das früher erwartet! Als das letztes Jahr in Deutschland vorgefallen ist, haben wir genau gewusst, irgendwo in Österreich sitzen sie und planen so etwas Ähnliches und überlegen sich halt, welche sie nehmen sollen: Nehmen wir die TierschützerInnen? Nehmen wir die AntiglobalisierungskritikerInnen? Nehmen wir die Sozialistische Jugend? Nehmen wir die Grünalternative Jugend? Wen nehmen wir? - Entschieden haben sie sich für Leute, die politisch nicht so stark sind und nicht so stark organisiert sind und die deswegen umso mehr den Schutz der GRÜNEN - und ich hoffe, heute bei der Abstimmung über den Antrag auch den Schutz der Sozialdemokratie - brauchen. Denn wir versuchen es auch alleine und werden auch alleine kämpfen, aber je mehr wir auf unserer Seite haben, desto eher wird dieser traurige Zustand beendet: Zehn Personen, denen nichts einzeln vorgeworfen wird - man kann das nicht oft genug sagen -, sitzen im Häf'n und wissen nicht, warum, und würden gerne herauskommen und den Sommer in Freiheit verbringen. Und wenn sie irgendwo eine Stinkbombe fallen lassen haben und das strafrechtlich relevant ist, dann greifen die entsprechenden Gesetze.

 

Was wir nicht brauchen, sind Gewaltphantasien, die von der WEGA ausgelebt werden. Was wir nicht brauchen, ist ein Innenminister - demnächst Ex-Innenminister -, der hier glaubt, politisches Kleingeld aus dieser Frage schlagen zu können.

 

Wir hoffen, dass weder die ÖVP von der WEGA gestürmt wird noch die GlobalisierungskritikerInnen und auch kein weiterer Tierschützer, keine weitere Tierschützerin. Wir bleiben an der Sache dran und hoffen heute auf breite Zustimmung durch dieses Haus. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Präsident Heinz Hufnagl: Herr Abg Dr Aigner ist ab 11.17 Uhr wegen einer dringlichen familiären Angelegenheit entschuldigt und wird dem Rest dieser Sitzung nicht mehr beiwohnen.

 

Als Nächster zum Wort gemeldet hat sich Herr Abg Dr Ulm. Ich erteile es ihm.

 

Abg Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Stadträtin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

 

Was wir soeben gehört haben, war, dass sich ein Stadtrat arg verstiegen hat mit seiner Wortmeldung. Das ist umso bedauerlicher, als der traurige Inhalt dieser Rede sich schwarz auf weiß in einem Antrag nachlesen lässt.

 

Herr Kollege! Es ist überhaupt keine Frage, dass Entscheidungen von Behörden, sogar von Gerichten,

 

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