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Landtag, 18. Sitzung vom 26.06.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 28 von 49

 

Tierschützer, das kann den anderen nicht passieren -: Bei uns sind es die Tierschützer, in Deutschland waren es die Globalisierungskritiker und die Globalisierungskritikerinnen! - Das kann morgen auch in Österreich passieren.

 

Es besteht die Gefahr, dass dieser § 278a jetzt einmal ausprobiert wurde, und wenn die Öffentlichkeit in dieser Frage nicht aufgerüttelt wird, wenn das Innenministerium in dieser Frage nicht eingebremst wird, wenn hier die ÖVP funktionieren darf, wie sie möchte, dann wird dieser § 278a noch öfter greifen. Und mindestens einer von Ihnen wird irgendwann dann einen Verwandten im Gefängnis besuchen müssen, denn irgendjemand wird schon jemanden in der Verwandtschaft haben, der heute 18 ist und sich in einer Organisation aufhält, die Herr Platter und andere Personen in der Volkspartei für verfolgenswert halten.

 

Der § 278a gehört reformiert. Er ist für Geldwäscher, Waffenschieber und Menschenhändler gemacht. Und das, was Herr Platter da macht, ist der schlimmste Justizskandal, der schlimmste Polizeiskandal, den wir seit Jahren in Österreich haben. (Zwischenruf von Abg Dr Matthias Tschirf.) Das wissen wir schon, denn diese Leute sind jetzt seit fünf Wochen in U-Haft, und ich möchte nicht wissen, was Sie sagen würden, wenn ein Verwandter von Ihnen in U-Haft ist und Ihr Anwalt bekommt keine Akteneinsicht, Herr Tschirf. Der Anwalt kriegt keine Akteneinsicht! – Eine solche ist ja normal.

 

Und das ist ja das Bedauerliche: In Deutschland haben wir eine FDP, die stellt sich her und verteidigt BürgerInnenrechte - eine konservative Partei, in vielen Fragen Ihnen ähnlich, aber wenn es um Bürgerrechte geht, dann sind sie da -, in Österreich aber gibt es keine bürgerliche Kraft, die ein Interesse an einem funktionierenden Rechtsstaat hat (Abg Dr Matthias Tschirf: Das ist unglaublich, was Sie sagen!), und das ist bedauerlich. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Das ist nicht unglaublich. Unglaublich ist, was sich Herr Platter in diesem Land leistet! (Abg Dr Matthias Tschirf, auf den Redner weisend: Nein, unglaublich ist, so mit dem Rechtsstaat und mit der Gerichtsbarkeit umzugehen!) Deswegen tut es mir zwar leid für die Tiroler und Tirolerinnen, dass er wieder in die Berge zieht - wo es sehr schön ist -, aber ich bin froh für den Rest Österreichs, dass er aus Wien verschwindet. Ich sage das einmal so. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Wir bringen heute einen Antrag ein betreffend Informationen zur Untersuchungshaft der TierrechtsaktivistInnen und Evaluierung des § 278a Strafgesetzbuch - Kriminelle Organisation - die Begründung ist zu einem guten Teil, möchte ich behaupten, erfolgt:

 

„Der Landtag möge beschließen: Der Wiener Landtag verurteilt das unverhältnismäßige Auftreten der Polizeieinheiten bei der Verhaftung der TierrechtsaktivistInnen am 21. Mai.

 

Der Wiener Landtag fordert die zuständige Justizministerin auf, endlich genauere Informationen über die angeblichen Haftgründe der Öffentlichkeit bekannt zu geben.

 

Der Wiener Landtag fordert das Justizministerium auf, Vorschläge für eine Novellierung des § 278a StGB auszuarbeiten, mit dem Ziel, in Zukunft einen Missbrauch dieser Norm gegenüber unangenehmen politischen AktivistInnen zu verhindern."

 

Ich hoffe, dass dieser Antrag in diesem Haus - ich sage jetzt nicht: eine ganz breite Mehrheit findet, denn ich weiß schon, wer nicht dabei sein wird, aber ich wünsche mir eine Mehrheit für diesen Antrag.

 

Es gibt auf Bundesebene eine Menge Aussendungen von Herrn Jarolim und von Herrn Keck, Justiz- und Tierschutzsprecher der SPÖ, die in die gleiche Richtung gehen wie die Anliegen der GRÜNEN in dieser Frage. Und ich finde es sehr bedauerlich, dass die Volkspartei, und wir werden das wahrscheinlich bei einem meiner Nachredner - Herr Ulm ist zu Wort gemeldet, wenn ich richtig informiert bin - mit Bedauern zur Kenntnis nehmen müssen, hier einen Polizeieinsatz der WEGA verteidigt, der nicht zu verteidigen ist. Wie soll man das begründen, dass man um 5 Uhr oder 6 Uhr in der Früh in Häuser einbricht, wo man glaubt, Menschen zu finden - und die wohnen ja dann auch dort -, die bis jetzt als Tierschutzaktivisten aufgefallen sind und sonst nichts - nicht Leute, die schon 37 Banküberfälle gemacht haben oder sonst irgendetwas -, wo man bei keinem annimmt, das er bewaffnet zu Hause ist und mit einer Glock oder sonst irgendeinem Unding hinter der Türe steht? Warum muss man dort mit dem Rammbock hineinmarschieren? Warum muss man dort mit Waffen herumlaufen? - Dort wohnen im Übrigen nicht nur einzelne Personen, das sind ja nicht nur lauter Single-Haushalte, sondern dort wohnen mitunter Familien! Dort sind Kinder daheim, dort sind noch andere Leute! Muss da die WEGA durchmarschieren, wie wenn - ich weiß nicht - eine terroristische Vereinigung am Werk wäre?

 

Muss sie nicht! Völlig unverhältnismäßig! Angeordnet aus dem Innenministerium. – Wundert uns ja nicht: Wir haben von Herrn Platter vom ersten Tag an nichts gehalten, und er hat alles, was wir von ihm erwartet haben, gehalten - was allerdings das Gegenteil eines Lobes ist. Deswegen: Schön, dass er weg ist! Wir werden uns überlegen, wie wir die „Platter-Watch" weiterführen. Wahrscheinlich verdient es dann der nächste Innenminister oder die nächste Innenministerin auch.

 

Wir wünschen uns, dass die Menschen, die jetzt seit fünf Wochen in U-Haft sitzen, aus dieser U-Haft entlassen werden. Wenn es konkrete Anklagen wegen Sachbeschädigung gibt, haben wir einen Rechtsstaat, der entsprechende Möglichkeiten vorsieht. Dazu ist es nicht notwendig, die Leute ein, zwei, drei, vier, fünf, sechs Monate festzuhalten - alles möglich! Was uns die Anwälte sagen, ist: Vielleicht sitzen diese Personen noch einen Monat? Wissen wir nicht! Können wir nicht abschätzen! Vielleicht sitzen sie den ganzen Sommer ein? Weiß niemand! - Wie ihre Familien das Leben organisieren müssen, ohne Einkünfte et cetera, das weiß ich auch nicht genau.

 

Wir wünschen uns, dass diese Personen alle sofort aus der U-Haft herauskommen. Und anschließend, bei begründetem Verdacht, gibt es eben den Rechtsstaat,

 

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