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Landtag, 16. Sitzung vom 28.03.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 30 von 78

 

Diese Formulierungen sind so fremd sämtlicher Verständnisfähigkeit der Staatsbürger. Somit ist hier leider eine gläserne Wand aufgebaut, die das Verständnis der Entwicklungen auch in diesem Bereich dem Bürger klar verschließt.

 

Aber dieser 3. Teil mit diesen unverständlichen Formulierungen heißt nichts anderes, als dass außer den Bereichen der Außen- und Sicherheitspolitik sämtliche Politbereiche der Europäischen Union durch den Europäischen Rat nicht nach Beschluss, sondern nach Anhörung des Europäischen Parlamentes abgeändert werden können, ob das nun Landwirtschaft ist, ob das Freizügigkeit ist, ob das Kapitalverkehr ist, ob das Steuerfragen sind, Wirtschaftspolitik, Beschäftigung, Handelspolitik, Zollwesen, ob es um Forschung, um Umweltfragen geht, aber auch - und das ist für Wien ganz besonders wichtig – natürlich, weil die Auswirkungen auf eine Großstadt da klar zu erkennen sind -, auch die Sozialpolitik und auch Bildungs- und Jugendpolitik.

 

Das ist eine Vorgangsweise, wie sie typisch ist für die Entwicklung in der Europäischen Union dahin gehend nämlich, dass weg von gewählten Organen, Institutionen der Einzelstaaten, die natürlich demokratisch legitimiert sind, und unter Umgehung und Übergehung des einzigen gewählten Gremiums, das es in Brüssel gibt, nämlich des Parlaments, Maßnahmen gesetzt werden können, die einen tiefen Eingriff in die politischen und sozialen Verhältnisse Europas bedeuten würden.

 

Der 2. Punkt ist die Flexibilitätsklausel des Art 308 des Vertrages über die Arbeitsweise der Union. Das ermöglicht jetzt der Union, auf Vorschlag der Kommission - hier Gott sei Dank mit Zustimmung des Europäischen Parlamentes - im Rahmen der in Verträgen festgelegten Politikbereiche tätig zu werden, auch wenn die Verträge die dafür erforderlichen Befugnisse nicht vorsehen. Das heißt also, die Union kann sich, jenseits der Verträge, in sämtliche Bereiche einmischen, die ihr laut eigener Verfassung grundsätzlich nicht zustehen und das, ohne dass eine Zustimmung der gewählten Parlamente der Mitgliedsstaaten erforderlich ist. Eine solche Ausschaltung des Willens der Bürger und der gewählten Parlamente der Mitgliedsstaaten ist ungeheuerlich.

 

Meine Damen und Herren, wir haben gerade in der letzten Zeit zum Beispiel eine wirklich berührende Feierlichkeit hier in Wien gehabt, hier in diesem Saal, anlässlich 1938 und des Endes der Republik Österreich. In allen Zeitungen in Deutschland und Österreich war in den Feuilletons viel über die Machtübernahme durch Adolf Hitler zu lesen und die Bewilligung des – das muss im Jänner gewesen sein – Ermächtigungsgesetzes mit Ausnahme der Stimmen, glaube ich, der Sozialdemokraten, die Kommunisten durften ja nicht mehr im Parlament vertreten sein.

 

Meine Damen und Herren, diese rechtlichen Grundlagen, die hier nicht gewählten Institutionen der Europäischen Union zugeordnet werden, zumeist unter Umgehung des Europäischen Parlamentes, unter Umgehung und Nichteinbindung der staatlichen Parlamente der Mitgliedsstaaten, ist natürlich im Grunde genommen auch ein Ermächtigungsgesetz, von dem ich natürlich ausgehe, dass es nur in äußersten Notfällen angewendet werden kann, aber eine Verfassung, die so etwas vorsieht, eine Verfassung, die Ermächtigungsgesetze zur Ausschaltung der Verfassung selbst in sich trägt, ist etwas, dem wir nicht zustimmen können. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Der 3. Punkt ist uns nicht so neu, wo darauf hingewiesen wird, dass in den Verträgen gesetztes Recht der EU Vorrang vor dem Recht der Mitgliedsstaaten hat. Es wird eben im Gutachten des Juristischen Dienstes des Rates der Vorrang des EU-Rechtes als eines Grundteiles des Gemeinschaftsrechtes festgestellt. Das noch dazu, wo ich glaube, dass auch das ein Punkt ist, wo natürlich die Entmächtigung sozusagen des jeweiligen Einzelstaates gegeben ist.

 

Europa bewegt sich somit weg von den demokratisch gewählten Einrichtungen in den einzelnen Mitgliedsstaaten, wo Regierungen, Länder, Gemeinden, Parlamente frei gewählt und dem Willen der Wähler unterworfen sind, weg von diesen gewählten Einrichtungen und hin zu einem Europa, das nicht gewählte Institutionen hat, das vor allem nicht demokratisch legitimierte Institutionen hat, und die Machtverschiebung von uns da hinauf nach Brüssel geschieht genau in diese Richtung, leider nicht im Sinne einer Subsidiarität, sondern in der Gegenrichtung. Und es wird schlicht und einfach die Machtkumulierung in jenen Einrichtungen vorgenommen, die nicht demokratisch durch Wahlen einer europäischen Bevölkerung legitimiert sind. Das Europäische Parlament wird ein bisschen aufgemotzt, führt aber weiterhin ein ausgesprochenes Schattendasein.

 

Das Ergebnis einer solchen Entwicklung sehen wir ja bereits in den diversen EU-Richtlinien, die uns in den letzten Jahren beglückt haben und von denen wir nur sagen können, dass sie zum Großteil Inhalte vertreten, die weder uns – aber das ist unsere Sache -, aber auch dem Großteil der Bevölkerung bei uns keine Freude bereiten und eigentlich auch keine Zustimmung der Mehrheit der österreichischen Bevölkerung, auch der Wiener Bevölkerung, finden werden.

 

Das Pech an der Sache ist, dass unsere Mitbürger im Großen und Ganzen von dieser Entwicklung nichts wissen, weil ja nur das Vorlesen dieser zwei Knackpunkte, wie ich sie nenne, schon zeigt, dass eine völlig unverständliche Sprache verwendet wird, die natürlich dazu dient, eine Verschleierung der wahren Verhältnisse herbeizuführen.

 

Weder die Gleichbehandlungsrichtlinie ist etwas, was in irgendeiner Form von der Wiener oder der österreichischen Bevölkerung akzeptiert wird, wonach Drittstaatsbürger und Personen mit kürzerem Aufenthalt dieselbe Sozialhilfe bekommen wie ein Inländer, und in Wien, Spezialfall, der Zuzug in die Sozial- sprich Gemeindewohnungen, möglich wird. Ich glaube nicht, und das glaubt mir kein Sozialdemokrat hier, dass hier auch nur 10 Prozent zumindest der Wiener, der eingeborenen Wiener sozusagen, auch nur annähernd dieser Meinung wäre.

 

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