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Landtag, 15. Sitzung vom 23.01.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 55 von 67

 

Pröll sagt!

 

Zur Wiener ÖVP und zum Moscheebau: Dabei hat sich Herr Aigner, der jetzt aber nicht da ist, groß hervorgetan. Bei diesem so genannten Moscheebau handelt es sich um eine Erweiterung der Gebetsräume in 20. Bezirk. Dabei haben sich die Bezirks-ÖVP oder zumindest Herr Aigner auf eine Position festgelegt, von der sie dann gemerkt haben, dass sie ihnen nicht gut tut: Eigentlich will man schon so tun, als wäre man eine urbane, liberale Partei. Man hätte zwar die anderen Stimmen auch gern, aber man müsse sich halt ein bisschen eindämmen. Sie machen den Spagat, den Sie in Graz gemacht haben, in Wien ein bisschen anders, und zum Glück ist die WählerInnenschaft hier offensichtlich etwas anders beschaffen. In dieser Frage hat sich die Wiener ÖVP aber nicht als wahnsinnig liberal oder urban hervorgetan, sondern hat genau das getan, was die FPÖ auch getan hat. Sie ist am Ende nicht mitmarschiert bei einem Aufmarsch, den wir mit einem gewissen Vokabular versehen haben. Es hat dann geheißen, dass wir geklagt werden. Wir warten noch immer auf die Klage. Ob das jetzt ein „Naziaufmarsch“ oder ein „Aufmarsch mit Nazis“ war, ist immer noch offen. Die Klage ist nicht eingetroffen.

 

Über die Ausdrücke von Herr Missethon könnten wir jetzt eine lange Liste machen! Herr Missethon sagt: „Minarette sind kein Teil der Kultur Österreichs.“ In diesem Zusammenhang weise ich übrigens darauf hin, dass Herr Andreas Khol in Telfs etwas anderes gesagt hat, er hat sich nämlich für das Minarett eingesetzt. Aber das kann eben die ÖVP gut in diesem Land: Khol ist für das Minarett, Missethon ist gegen das Minarett. Man muss halt an der richtigen Stelle das Richtige sagen und jedem etwas anderes erzählen. Die ÖVP erzählt fast in jedem Punkt jede Geschichte! Ich nehme Herrn Wolf ab, dass er das nicht so sieht wie Herr Missethon. Das Problem ist, dass Sie in Ihrer Partei diese Frage nicht geklärt haben. Die Frage wird nur anhand von Meinungsumfragen geklärt. Diese schaut man sich an und entscheidet dann, ob es gut oder schlecht ist, etwas zu sagen. Dahinter steht keine Gesinnung! Da gibt es keine Gesinnung. In Wien wird ein ganz kaltblütiges Rechenspiel betrieben: Wie weit muss sich Nagl hinauslehnen, dass es noch etwas bringt, und wann ist es genug? Und genug war es, als er gesagt hat: „Wir sind ein Bollwerk gegen die Türkei.“

 

Die lange Liste der Sager von Herrn Missethon erspare ich uns an dieser Stelle. Er ist eindeutig kein liberales Aushängeschild, sondern er steht für etwas anderes.

 

Zur Ausgrenzung der FPÖ in den 80er oder 90er Jahren: Wir könnten jetzt darüber streiten, ob diese Strategie erfolgreich war und ob sie überhaupt stattgefunden hat. Man könnte die Frage stellen, ob diese Ausgrenzung überhaupt stattgefunden hat, und zwar mit der Ausnahme, dass man sie nicht in die Regierung hinein genommen hat. – Ich behaupte inhaltlich, dass die Ausgrenzung der FPÖ in den 90er Jahren nicht stattgefunden. Ich meine, das damalige unerträgliche Ausländervolksbegehren „Ausländer raus!“ – oder wie ihr das gerne nennt! – der FPÖ wurde mehr oder weniger umgesetzt von einer Koalition, von der ein Teil heute leider auch wieder regiert. Ich behaupte, die inhaltliche Ausgrenzung der Politik der FPÖ hat in den 90er Jahren nicht stattgefunden. Und das gipfelte in einer Koalition: Die Usance des Parlamentarismus, dass man einzelnen Leuten einzelne Funktionen zugesteht, wurde praktiziert, und in dieser Koalition erlangten Rechtsextreme politischen Rang in Österreich, wurden komplett salonfähig gemacht, in die Regierung hineingeholt und erhielten hohe Positionen in diesem Land, die sie teilweise noch innehaben, wie etwa im Uni-Rat. Das ist ein Verdienst der ÖVP und des Herrn Schüssel!

 

Die Frage ist nun: Unterscheidet sich die Wiener ÖVP von der Grazer ÖVP? Distanziert sich die Wiener ÖVP von Positionen eines Herrn Missethon oder eines Erwin Pröll? Unterscheiden sich die Positionen der Wiener ÖVP von den Positionen eines Herrn Nagl, oder ist die Wiener ÖVP so aufgestellt wie Herr Aigner als Teil der Wiener ÖVP? Diese Frage müssen Sie klären, wir können sie nicht klären! (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Präsident Heinz Hufnagl: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Der Berichterstatter verzichtet auf das Schlusswort.

 

Wir kommen sohin zur Abstimmung.

 

Ich bitte jene Mitglieder des Landtags, die dieser Vereinbarung die Zustimmung geben wollen, um ein Zeichen mit der Hand. – Das ist mit den Stimmen der Österreichischen Volkspartei und der Sozialdemokratie und sohin mehrheitlich angenommen.

 

Mir liegen fünf Beschlussanträge zur sofortigen Abstimmung vor, und ich darf sie in der Reihenfolge des Einbringens nunmehr zur Abstimmung bringen.

 

Ein Beschlussantrag der FPÖ-Abgeordneten Mag Gerald Ebinger und David Lasar betrifft die Herabsetzung der Vermögensgrenze im Pflegebereich.

 

Wer diesem Antrag zustimmt, gebe bitte ein Zeichen mit der Hand. – Dieser Antrag findet die Stimmen der Österreichischen Volkspartei, der Freiheitlichen und von Teilen der Grünen Fraktion, bleibt daher in der Minderheit und ist somit abgelehnt.

 

Der nächste Beschluss- und Resolutionsantrag der Abgen Franz Ferdinand Wolf und Dipl-Ing Omar Al-Rawi betrifft die Verurteilung von religionsfeindlichen und diffamierenden Aussagen, Minderheitsfeindlichkeit und Islamfeindlichkeit.

 

Auch hiezu wurde die sofortige Abstimmung verlangt.

 

Wer diesen Antrag unterstützt, gebe bitte ein Zeichen mit der Hand. – Dieser Antrag wird mit Ausnahme der Stimmen der Freiheitlichen Partei von einer breiten Mehrheit getragen und somit zum Beschluss erhoben.

 

Der nächste Beschluss- und Resolutionsantrag, eingebracht von den drei Damen der Grünen Fraktion Mag Alev Korun, Mag Maria Vassilakou und Mag Marie Ringler sowie den sozialdemokratischen Abgeordneten Christian Oxonitsch, Dipl-Ing Omar Al-Rawi und Nurten Yilmaz, betrifft die klare Verurteilung und entschiedene Zurückdrängung der antiislamischen Minderheitenhetze und des Rassismus in Politik und Gesellschaft.

 

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