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Landtag, 10. Sitzung vom 28.06.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 31 von 98

 

versucht, sie mit einem neuen Mäntelchen durchzubringen.

 

Es zielt im Wesentlichen darauf hin, das Kapital und seine Freizügigkeit grenzenlos sicherzustellen, der Wirtschaft alle Wege aufzumachen, der Wirtschaft das gesamte Arbeitskraftpotenzial zu öffnen und teilweise sogar die Menschen, die davon betroffen sind, die Arbeiter selbst, die Arbeitenden hin und her zu schieben, so wie es die Wirtschaft braucht. Das ist ein Europa der Wirtschaft und nicht ein Europa der Europäer, das Sie hier anstreben, und es wundert mich, wieso das gerade die Sozialdemokraten befürworten, Herr Landeshauptmann!

 

Man kann diesen Kurs der SPÖ allerdings dann verstehen, wenn man verfolgt, was aus ihren Spitzenleuten geworden ist beziehungsweise wo ihre Spitzenleute nach Pflichterfüllung hingegangen sind und aufgenommen wurden.

 

Der Ex-Finanzminister Androsch, Multimillionär mit massivem Interesse am Glücksspielgeschäft: Der Herr Landeshauptmann hat gerade gesagt, der Wettbewerb ist kein Ziel an sich in Europa, sondern Mittel zur Verstärkung des Wohlstands der Bürger. Na ja, wenn man jetzt anschaut, wie gerade die EU-Urteile in Richtung der Glücksspieler in Europa und der grenzenlosen Freizügigkeit des Glücksspiels gelaufen sind, dann fragt man sich wirklich, ob das ein Mittel zur Vermehrung des Wohlstands der Bürger ist oder nicht doch wesentlich andere Interessen dahinterstehen. Auch wenn Herr Androsch jetzt bei „bwin" 100 Millionen oder mehr verloren hat, er wird’s verschmerzen. Aber er ist anscheinend ein typischer Sozialdemokrat.

 

Der Ex-Kanzler Vranitzky: Sie kennen ihn jetzt als den teuersten Telefonberater der Republik.

 

Der Ex-Kanzler Klima: Entsorgt als Manager eines Großkonzerns in Südamerika, der durch Bestechung seiner Gewerkschaft ins Gerede kam.

 

Die Wiener Nachwuchs-Hoffnung Ederer: Spitzenmanagerin beim durch Bestechungsskandale gebeutelten Siemens-Konzern. (Lhptm Dr Michael Häupl: Jetzt lass aber nach!)

 

Der letzte BAWAG-Direktor und Finanzsprecher der SPÖ, Nowotny: Er hat es sich beim Ausverkauf an den „Heuschrecken"-Konzern "Cerberus", im Gegensatz zu vielen Bediensteten der Bank, nicht verschlechtert. Und seine jüngst bekannt gewordene Konsulententätigkeit bei der BAWAG hat ihm auch nicht geschadet. (Lhptm Dr Michael Häupl: Gehässigkeiten, absolute Gehässigkeiten!)

 

Der Chef des Pleite gegangenen „Konsum", dem dann mit einem Sackerl mit ein paar Hunderttausendern von einem anderen SPÖ-Mann ausgeholfen wurde, der heute im „Landl" sitzt.

 

Der Ex-Gewerkschaftschef: Der sitzt nicht im „Landl", der sitzt noch in seinem Penthouse. Und so weiter, und so weiter. (LhptmStin Mag Renate Brauner: Ahnungslosigkeit, gepaart mit Gehässigkeit!)

 

Das sind Ihre führenden Spitzenfunktionäre! Und wenn man darauf schaut, dann versteht man, wieso hier so wenig Widerstand gegen die Interessen eines Teils der Wirtschaft und der Großindustrie von Seiten der Sozialdemokraten geleistet wird.

 

Allein die Arbeiterkammer kämpft noch dagegen. Aber sie wird mit ihren Warnrufen nicht sehr bedankt.

 

Da gibt es auch noch einen anderen EU-Fan, den Vizekanzler außer Dienst Busek, und der hat vorige Woche in der „ZiB 2" an sich richtig, aber aus seiner Position eher großspurig erklärt: Die EU darf den Bürgern nicht von oben verordnet werden.

 

Die EU darf den Bürgern nicht von oben verordnet werden - ein wahres Wort! Aber wie schaut es in Wirklichkeit aus? Warum haben Sie denn so fürchterliche Angst davor, die Bürger über ihre Meinung zur Europäischen Union zu befragen? Warum gibt’s denn keine Volksabstimmung in Österreich? Warum darf hier nicht von den Betroffenen entschieden werden? Und warum fürchten sich die Super-Demokraten vor dem Volk und seinem Entscheid?

 

Feigheit überrollt die Demokratie! Ich verstehe natürlich, warum Sie lieber verordnen als abstimmen, denn die Österreicher haben Sie ja schon einmal getäuscht. Erinnern Sie sich noch: „Der Schilling wird bleiben", das war eine glatte Lüge. „Der Euro wird eine harte Währung" - wer spürt die Inflation nicht im Börsel? Ebenso war es mit der Sparbuch-Anonymität. „Keine höheren Kosten", haben Sie gesagt, und viele andere Aussagen mehr.

 

Weil der Herr Landeshauptmann gerade geht, auch eine der Aussagen von ihm (Der Redner stellt neuerlich ein Schild vors Rednerpult, auf dem eine Zeitungsüberschrift steht: „Es bleibt dabei: Keine Ausländer im Gemeindebau"), nämlich die Geschichte, dass er uns erklärt hat: „Es bleibt dabei: Keine Ausländer im Gemeindebau", im Vorfeld der EU versprochen. Was ist aus Ihrem Wort geworden, Herr Landeshauptmann? Sie haben es nicht halten können unter dem Druck der Europäischen Union! Sie konnten es nicht halten, so wie Sie vieles andere von dem, was Sie heute gesagt haben, nicht werden halten können. Das ist ein Faktum!

 

Als Folge des Ganzen kam es natürlich auch zu entsprechenden Preissteigerungen, von denen man uns gesagt hat, sie werden nicht kommen. Jetzt bin ich auch wieder bei der Stadt Wien. Wenn ich die Preissteigerungen im Jahr 2006 hernehme, die allein durch die Stadt verursacht wurden - ich zähle nur einige auf, es würde zu lange dauern, wenn man alle bringt: die Erhöhung des Gaspreises um 17 Prozent, die Erhöhung des Strompreises um 5 Prozent, die Erhöhung der Kanalgebühren: plus 28 Prozent, der Müllgebühren um 20 Prozent und so weiter, Kulturförderungsbeitrag. Und im Folgejahr geht’s gleich weiter: Wiederum Erhöhung des Gaspreises um 5,3 Prozent, Erhöhung des Strompreises, Tarife bei den Wiener Linien und, und, und.

 

Allein wenn ich den Gaspreis in zwei Jahren nehme, um 22 Prozent. Sie können mir doch nicht sagen, dass das irgendwas damit zu tun hat, dass das die Inflationsrate war. Da hat nicht einmal die EU so stark in diese Richtung gewirkt, und jetzt ist die SPÖ endgültig davongelaufen, denn die Wahrheit ist halt ein Ding, das nicht jedermann verträgt, und die manchmal auch sehr

 

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