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Landtag, 7. Sitzung vom 23.11.2006, Wörtliches Protokoll  -  Seite 39 von 61

 

rechtsradikal sein keine Meinungsfreiheit ist. Das hat mit Meinungsfreiheit nichts zu tun. Was hier suggeriert wird, ist, dass man einem Schwulen oder einer Lesbe ein Kind nicht in die Hand geben darf, weil die mit sehr, sehr hoher Wahrscheinlichkeit nichts Besseres zu tun haben, als das Kind zu missbrauchen. Allein das so zu formulieren und so krank zu denken, hat auf Leute wie mich die Wirkung, das mir dabei übel wird. Es wird einem speiübel, wenn man das liest, es wird einem schlecht dabei. Und Quatsch ist es ja außerdem, es ist inhaltlich ein Nichts! Es ist genau so wie bei all den Rassismustiraden, die da vom Stapel gelassen werden. Wir werden zu einer Zeit kommen, in der wir auch hier Menschen, die das äußern, als Rassisten bezeichnen dürfen, ohne dass man Ordnungsrufe bekommt. So weit wird es kommen, dass man die Wahrheit auch so nennen darf.

 

Aber in dem Bereich ist das unglaublich! Es ist unglaublich, so etwas in eine Zeitung hineinschreiben zu dürfen und die Meinung auch da herinnen zu äußern, wenngleich etwas abgeschwächt; da hat man versucht, das ein bisschen anders zu sagen: Adoptionsrecht und weit gehen und dieses nicht. Das ist die Position der Freiheitlichen Partei - erschreckend genug! Und erschreckend genug, dass sich in dieser Frage offensichtlich die ÖVP oder zumindest manche in der ÖVP leider manchmal damit überschneiden.

 

Sexualität reduziert sich nicht auf Homosexualität und Heterosexualität - das ist das Nächste -, das ist es ja nicht. Das ist es jetzt gewesen: Die einen sind homosexuell, die anderen sind heterosexuell, und Punkt. Die Norm von Heterosexuellen hätte ich hier gerne einmal gewusst! Denn ich bin mir nicht sicher, ob ich darunter falle, und ich bin mir nicht sicher, ob alle, die hier in dem Haus nicht schwul oder lesbisch sind, darunter fallen. (Abg Kurth-Bodo Blind: Es geht um die Kinder!) Heterosexuelle üben unterschiedliche Sexualkontakte aus. Ich weiß ja nicht, ob sich das herumgesprochen hat, aber es soll passieren. (Abg Mag Wolfgang Jung: Haben Sie schon einmal ...?)

 

So wie sich Sexualität nicht auf „entweder ich bin schwul oder hetero" reduzieren lässt, so lässt sich natürlich Homosexuell-Sein nicht auf Sexualität reduzieren. Denn Marco Schreuder ist nicht nur den ganzen Tag schwul, sondern er macht noch eine Menge andere Sachen. (Heiterkeit bei den GRÜNEN.) Das ist ja lachhaft. Er geht mit mir zum Beispiel auf den Fußballplatz, dort ist es nicht so wichtig, wer von uns schwul ist oder nicht, und macht viele andere Dinge.

 

Es ist wirklich erschreckend, weil Sie nicht einige wenige, sondern eine große Gruppe von Menschen in einer solchen Art und Weise diskriminieren. Es ist ja schwer nachzuvollziehen, und noch dazu weiß man, dass das nichts mit der politischen Ausrichtung zu tun hat, in dem Sinne, dass wir mehr Leute hätten - bei uns kann man es offen ausleben, bei Ihnen nicht! Wenn man Theorien glauben darf und wenn man Theweleits „Männerphantasien" gelesen hat, dann muss man zumindest annehmen, dass gerade in Burschenschaften oder im Militär, wo etwas mehr FPÖ-nahe Personen vertreten sind als GRÜNE, dies nicht ein völlig nicht vorkommendes Phänomen ist. Davon muss man nicht ausgehen. (Abg Mag Rüdiger Maresch: Schön gesagt!)

 

Zu den Kindern: Geht es den Kindern besser, wenn sie bei einem Paar aufwachsen dürfen, mit zwei Personen als dauerhaften Bezugspersonen, oder geht es ihnen besser, wenn sie in einer sehr großen Gruppe - es sind für gewöhnlich acht, man bemüht sich, das so gut wie möglich zu machen - mit wechselnden Bezugspersonen aufwachsen? Das ist die Frage, das ist die entscheidende Frage am Schluss. Es sind im Wesentlichen Wohngemeinschaften mit acht Pflegekindern und vier Betreuungspersonen, die versuchen, ihre Arbeit so gut wie möglich zu machen. Aber was ist besser für das Kind? Aufwachsen bei einem Paar? Das ist vorher oft genug gesagt worden, und das muss sich die ÖVP zumindest fragen: Was ist wirklich besser von diesen zwei Möglichkeiten? Denn darum geht es. Was Sie sich sonst wünschen - alle müssen verheiratet sein et cetera -, das haut eben nicht jedes Mal so hin.

 

Ich lebe ohnehin den Entwurf, den Sie gerne hätten - aber das können wir doch nicht allen hinaufdrücken! -, ich habe eh zuerst geheiratet, und dann ist meine Frau schwanger geworden mit dem Kind. (Heiterkeit bei den GRÜNEN.) Aber das können wir doch nicht zwingend vorschreiben! Ich habe es allerdings nicht getan, weil es die ÖVP gewünscht hat. (Neuerliche Heiterkeit bei den GRÜNEN.) Das war tatsächlich freiwillig, und genauso freiwillig darf Marco Schreuder seine Sexualität ausleben und viele andere Leute, nach meiner Meinung. (Abg Mag Barbara Feldmann: Das haben wir ja noch nie bestritten!)

 

Den Lebensentwurf, den Sie predigen, leben bei Ihnen selber auch nicht alle. Das geht ja nicht. Die Scheidungsrate trifft nicht ausschließlich GRÜNE, sondern trifft ganz andere, zum Beispiel den früheren Klubobmann - ich weiß es sonst nicht von allen einzeln, es interessiert mich auch nicht. Aber diese Patchwork-Familien et cetera sind ja nicht beschränkt auf irgendeine politische Couleur, und die sexuelle Orientierung auch nicht.

 

Zwangs-Outings sind eben nicht angesagt, und ich weiß auch, warum. Was mich selbst betrifft, würde ich inzwischen sagen: Marco, erzähle nicht mir, sondern erzähle den anderen, wer alle es sind und sein könnten oder welche Theorien - das ist immer sehr spannend zum Zuhören - in dem Bereich entwickelt werden. Aber das ist vorläufig noch nicht notwendig, sage ich einmal, deswegen werde ich es auch nicht machen.

 

Die Volkspartei sollte sich darüber im Klaren sein, was sie in der Stadt haben will. Denn die WählerInnen, die zwischen der ÖVP und den GRÜNEN pendeln, interessieren genau diese Fragen, die interessieren genau diese gesellschaftspolitischen Fragen. Eigentlich sollte ich Ihnen das ja nicht raten: Näher an uns zurück in der Frage, weil sich dann womöglich Leute am Wahlsonntag falsch entscheiden. Da es mir aber um die Sache geht, sage ich: Überlegen Sie sich das genau! Genau deswegen wechseln ja viele Personen, die früher einmal ÖVP gewählt haben, zu uns, weil Sie ein gesellschaftsliberales Modell in vielen Fragen - nicht nur in dem Bereich -

 

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