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Landtag, 6. Sitzung vom 06.10.2006, Wörtliches Protokoll  -  Seite 85 von 90

 

nachgefolgt im Vorstand. Dort hat sie funktioniert.

 

Und die zwei sind ja auch der Meinung, dass dieses Kleine Glücksspiel immerhin dafür verantwortlich ist, dass Zehntausende Menschen spielsüchtig werden, spielkrank werden, viele Familienexistenzen zerstört werden. Das wissen wir alle, weil die Elternvereine genau das ständig bemängeln. Die Elternvereine, die im Wesentlichen sogar der Couleur der ÖVP zugeordnet werden, sind der Meinung, dass man das Kleine Glücksspiel, wie in der Mehrheit der österreichischen Bundesländer, - ich habe da nicht irgendeinen grünen Spleen – ja, wie in der Mehrheit der österreichischen Bundesländer, auch in Wien verbieten sollte, also abschaffen. Das würde ich mir auch wünschen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Wir haben in Wien Vereine, die kümmern sich um diese anonymen Spieler und anonymen Spielerinnen, von denen es nach Schätzungen 28 000 gibt, die spielsüchtig sind und noch einmal doppelt so viele, die akut spielsüchtig gefährdet sind, das sind irgendwas bei über 75 000 Personen, bei denen davon ausgegangen wird, dass sie Schulden machen, um ihrer Spielsucht nachkommen zu können. 2004 sind in der einzigen Spezialklinik, die wir in Österreich haben - die steht in Kärnten -, die de LaTour-Spezialklinik für Spielsüchtige. 80 Prozent der Patienten und Patientinnen dieser Klinik kommen aus den damals noch drei Bundesländern, die das Kleine Glücksspiel anbieten, und das waren nicht die drei bevölkerungsreichsten, da war Niederösterreich noch nicht dabei. Das war in den Bundesländern, in denen es dieses Kleine Glücksspiel gibt, da werden die Leute signifikant höher spielsüchtig und verursachen - es gibt auch Untersuchungen dazu – Schulden, und sind im Durchschnitt mit 55 000 EUR verschuldet. Das sind aber nicht Leute wie wir da herinnen, die 3 000, 4 000 oder mehr netto verdienen, sondern das sind Leute, die verdienen mitunter 1 500 und weniger. Das ist dann ein mehrjähriges Gehalt, die Leute kommen nie wieder raus aus dem, die kommen nicht raus. Und jetzt könnten wir sagen, okay, immerhin gibt es ein paar Institutionen wie die Anonymen Spieler und Spielerinnen, die sich um die Leute kümmern.

 

Wie sind denn die ausgestattet, und wie viele Personen arbeiten bei diesen Institutionen? Wie viel Geld, zum Beispiel von den 34 Millionen Steuereinnahmen der Gemeinde Wien fließen, nicht in die Prävention, denn wir sind ja schon in der Behandlung der Spielsüchtigen? 1 Million oder 10 Prozent, also 3 Millionen?

 

Null! Kein Euro, kein Cent, kein gar nichts, nichts geht dort hin! Wer zahlt denn nun, dass ein paar Leute - das ist ja nicht einmal eine Handvoll Fulltime-Arbeitender in dem Verein - dort arbeiten können.

 

Und jetzt kommt der Treppenwitz: Casino, Novomatic, Lotterie, die bezahlen die komplette Arbeit der anonymen Spieler und Spielerinnen. Und wie ich das das erste Mal gehört habe, habe ich es nicht geglaubt. Wie ich es das erste Mal gehört habe, habe ich es nicht geglaubt, aber es ist so. Es gibt keine Institution in Wien, die ein öffentliches Geld von diesen 34 Millionen EUR, die wir hier einnehmen, hergibt und an die anonymen Spieler zahlt, ich weiß nicht, damit sie dann wieder halbgesund sind und mit dem übrigen Geld wieder spielen kommen und dann sind sie wieder krank und dann werden sie wieder... Also, eine ganz komische Einstellung.

 

Wir fordern in Wien nicht nur beim Hütchenspiel – ja, da traut man sich -, nicht nur beim Hütchenspiel zu sagen, nun, machen wir was dagegen. Wir sind nicht beim sechs Monate Wegsperren, aber wohl bei der Prävention dabei. Ich möchte auch kein Hütchenspiel auf der Straße haben und glaube nicht, dass es notwendig ist und weiß auch nicht, wem das was nützen sollte, außer denjenigen, die dort ein Geld verdienen.

 

Natürlich muss da mehr unternommen werden. Es genügt mir aber völlig, wenn man das macht, was in Berlin auch geschieht, wo nämlich nicht gleich das Strafrecht siegt - das erste Mal übrigens, wo eine Haftstrafe in Wien verhängt wird für ein Vergehen, das nicht mit dem Landessteuergesetz zusammenhängt. Das ist quasi das größte und schlimmste Verbrechen, das in Wien passiert, beziehungsweise das erste Mal, dass es notwendig ist, dass die Sozialdemokratie zu diesem extrem harten Element greift, 6 Monate zu verhängen.

 

Klar vorgehen gegen die Hütchenspieler, aber nicht aufhören, wo die kleinen Hütchenspieler am Werk sind, sondern überlegen Sie sich, ob Sie mit der Bundes- SPÖ auf einer Linie sind oder mit der niederösterreichischen SPÖ auf einer Linie oder mit der Kärntner SPÖ auf einer Linie sind oder mit der oberösterreichischen ÖVP, mit der Tiroler ÖVP und mit allen Elternvereinen, mit den Grünen quer durch das Bundesgebiet, oder ob man in Wien das macht, was die Novomatic sagt in dem Bereich.

 

So schaut es nämlich momentan aus, und in Niederösterreich hat sich leider die Spielautomatenindustrie auch durchgesetzt. Ich finde es erstens schade, dass die Sozialdemokratie offensichtlich gewillt ist, das zu tun, was die FPÖ und die Novomatic verlangen, die werden sich irrsinnig freuen. Der Herr Herzog ist da gestanden und hat gesagt, das ist super. Endlich, und wir sind voll dabei, und die FPÖ findet das ganz klasse. Das muss einem doch zu denken geben, das muss einem doch zu denken geben, wenn es um Strafen geht, und deshalb Leute sechs Monate einsperren, und so weiter.

 

Da muss man scharf nachdenken, ob man da vielleicht nicht einen Schnitzer gemacht hat, ob man nicht einen Fehler gemacht hat, wie ich glaube, und ob man es nicht vielleicht anders anlegt. Er wird nächste Woche, nächsten Monat kommen und sagen, machen wir dasselbe bei Bettelei, machen wir dasselbe bei – was sagt der Akt – bei den Punks für die schlecht sitzende Frisur, da fliegen ja auch Zähne hinaus, wenn man das nimmt als Grund, das geht ja nicht. (Heiterkeit bei den GRÜNEN.) Ich inkludiere mich meinetwegen, ist kein Problem, aber das kann es ja nicht gewesen sein. Man kann doch nicht das Strafrecht so verschärfen, und das haben Sie auch noch nie gemacht die letzten 10, 15 Jahre. Das hat es ja noch nie gegeben, das ist ein First, das ist das erste Mal und dann wird gleich so hinein gefahren

 

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