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Landtag, 6. Sitzung vom 06.10.2006, Wörtliches Protokoll  -  Seite 78 von 90

 

Präsidentin Erika Stubenvoll: Als nächste Rednerin zum Wort gemeldet ist Frau Abg Jerusalem. Ich erteile es ihr.

 

Abg Susanne Jerusalem (Grüner Klub im Rathaus): Meine sehr verehrten Damen und Herren!

 

Ich stehe nicht auf der eigentlichen Rednerliste, werde es daher auch kurz machen und brauche nicht länger als fünf Minuten. Ich muss mich leider zum Wort melden, ich mache das nicht aus Jux und Tollerei, muss mich aber leider zum Wort melden, nachdem Herr Abg Valentin es ja nicht einmal der Mühe wert gefunden hat, das Wort Fluglärm auch nur in den Mund zu nehmen. Deshalb mache ich aufmerksam darauf, dass diese Stadt es zulässt, dass seit 1998 systematisch die Lebensqualität Tausender Menschen in dieser Stadt verschlechtert wird, von Jahr zu Jahr verschlechtert wird. Und was es heißt, betroffen zu sein, möchte ich Ihnen in wenigen Sätzen sagen:

 

Wenn die Flugschneise über diesen Leuten eröffnet wird - und sie wandert, sie ist einmal da, einmal dort, die Menschen sind nicht immer in gleicher Weise und im gleichen Ausmaß betroffen -, aber wenn die Flugschneise über unseren Köpfen eröffnet wird, dann ist an ein normales Gespräch in einer Wohnung überhaupt nicht mehr zu denken. Der Hof ist nicht mehr benutzbar, der Garten ist nicht benutzbar, der Balkon ist nicht benutzbar, kleine Kinder kann man nicht ins Freie stellen, weil sie sofort aufwachen.

 

Sie riskieren damit erstens einmal die Gesundheit dieser Menschen, was Bluthochdruck und andere Krankheiten angeht, bei Kindern geht das noch sehr viel weiter. Das wird einfach hingenommen, und wenn der Umweltbericht auf dem Tisch liegt, wird es darin nicht einmal erwähnt. Das ist eine sehr scharfe Kritik, die ich dieses Mal an Sie richte, weil Sie das vollkommen kritiklos einfach hinnehmen und nichts dagegen unternehmen. Und das ist auch eine scharfe Kritik an der Umweltanwaltschaft, die es in ihrem Bericht nicht fertig gebracht hat, das auch nur kritisch zu betrachten und die Probleme dieser Menschen zu benennen und ernst zu nehmen. Das ist eine Kritik an der SPÖ, das ist eine Kritik an der Umweltstadträtin, die ebenfalls bislang dieses Problem gänzlich ignoriert.

 

Nehmen Sie zur Kenntnis, dass sich die betroffenen Menschen das nicht gefallen lassen wollen und zwar weder die Attacke auf ihre Gesundheit noch die Attacke auf ihr soziales Zusammenleben noch die Attacke einer Minderung der Lebensqualität oder noch die Attacke auf die Minderung der Wertfaktoren ihrer Wohnungen und Häuser in diesem Gebiet. Sie zwingen Menschen auszuziehen und wegzuziehen. Ich persönlich halte das für eine politische Unverfrorenheit der obersten Spitzenklasse und verstehe nicht, wieso das in einem Umweltbericht und in Ihrer Rede nicht einmal einen Platz findet. Also, Sie können ganz sicher sein, dass ich die Menschen darüber informieren werde. Mich ärgert das wirklich wahnsinnig. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Präsidentin Erika Stubenvoll: Als nächster Redner zum Wort gemeldet ist Herr Abg Valentin. Ich erteile ihm das Wort.

 

Abg Erich Valentin (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Frau Präsidentin! Frau Stadträtin! Sehr geehrte Frau Jerusalem!

 

Wissen Sie, was ich wirklich ungeheuerlich finde, da Sie von Ungeheuerlichkeit gesprochen haben? Ich finde es ungeheuerlich, wie Sie versuchen, Dinge zu verdrehen.

 

Zum einen, ich verwahre mich auf das Schärfste, aber wirklich auf das Schärfste, dass wir eine Situation in Wien haben, was die Lärmsituation betrifft, was Fluglärm betrifft, die gesundheitsschädlich wäre. Es gibt keine Werte. Die Frau Jerusalem versucht schon seit fünf Jahren verzweifelt, gleichermaßen ebenso vergeblich, dieses nachzuweisen. Die WHO, die die schärfsten Grenzwerte festsetzt, die übrigens wesentlich schärfer sind als die der EU, sagt, ein dBA-Wert von 55 am Tag und 45 in der Nacht wäre der Grenzwert, wo Maßnahmen zu setzen sind. Tatsache ist, dass es keinen Wert in Wien gibt, der an die 45 beziehungsweise 55 dBA heranreicht. Wir haben lediglich 52 dBA im Bereich des Zentralfriedhofs, aber die Lärmteppiche gehen sogar zurück.

 

Ich sage Ihnen noch etwas: Die Betriebsanlage Flughafen Wien-Schwechat hat die Auflage, seit dem Jahre 1988 die 66 dBA-Zone zu dokumentieren. Das tut sie, nachweislich mit gerichtlich beeideten Sachverständigen. Und wenn ich mir diese Teppiche ansehen, dann stelle ich fest, dass von 1988 bis 2004 dieser Teppich um 70 Prozent zurückgegangen ist. Eine Verschlechterung von Situationen, die Sie dauernd diagnostizieren wollen, ist einfach nicht gegeben. Nichtsdestoweniger sagen wir, dass Fluglärm eine Belästigung darstellt. Es ist eine Belästigung, die viele Wienerinnen und Wiener durchaus bekritteln.

 

Das akzeptieren wir, das sehen wir genauso wie die Wienerinnen und Wiener. Also, da streben wir, obgleich es keine Wiener Kompetenz, eine Formalkompetenz, gibt, Verbesserungen an. Da ist es relativ wenig hilfreich, wenn Leute herumrennen und sagen, das wäre gesundheitsschädigend, weil derartige Verhärtungen in der Diskussion, auch mit der Austro Control, einfach nur das bringen, dass wir kein Diskussionsklima zu Stande bringen. Es ist nicht hilfreich, wenn ich jemandem, der zu Recht sagt, das stört mich, sage, und in Wirklichkeit wird deine Gesundheit gefährdet, auch wenn ich selber weiß, das stimmt einfach nicht. Und Sie haben keine Werte international, wo Sie das ablesen können.

 

Was tun wir? Ich sage noch einmal, damit es klar ist: Es gibt keine Formalkompetenz, weder was das internationale Flugrecht betrifft noch was das nationale für Wien betrifft, und auch die Betriebsanlagengenehmigung ist ein niederösterreichisches Verfahren. Das heißt, Wien kann maximal bei manchen Verfahren auf Parteienstellung hoffen. Bei der UVP beispielsweise sind wir nicht einmal Standortgemeinde, weil die Betriebsanlage nicht in Wien liegt. Das heißt, wir versuchen, in Verhandlungen Verbesserungen zu erzielen. Und wenn ich mir die Verbesserungen ansehe, dann sage ich und muss es durchaus feststellen, dass die Wienerinnen und Wiener

 

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