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Landtag, 3. Sitzung vom 25.01.2006, Wörtliches Protokoll  -  Seite 39 von 78

 

Instrumentarien für diese Debatten haben. Wir führen diese Diskussion, die ja nur empfehlenden Charakter hat, um die Aufwertung der Europakommission schon lange. Wir führen auch die Debatte über die Beschlussfassung von stadtaußenpolitischen Leitlinien in einem politischen Gremium schon lange, denn ich denke, Stadtaußenpolitik, gerade auch mit der Wichtigkeit, die Sie betont haben, und wir teilen diese Ansicht, dass die Europapolitik auch für Wien immer wichtiger wird, gerade dann aber darf Demokratie und Transparenz in der Europapolitik in diesem Haus kein Fremdwort sein und nicht der Verwaltung und dem Herrn Bürgermeister und den Stadträten und Stadträtinnen allein überlassen bleiben, sondern die europapolitische Debatte muss verstärkt und intensiver in den Gremien des Landtags und des Gemeinderats geführt werden. Wir haben ja auch entsprechende Gespräche in Rahmen der rot-grünen Projekte geführt und ich hoffe, dass es hier auch Fortschritte bei der Aufwertung der Europapolitik in den Gremien der Wiener Stadtverfassung gibt, denn auch das wäre eigentlich ein lebendiger Beitrag gegen die wachsende EU-Skepsis.

 

Ich darf noch kurz darauf hinweisen, dass wir heute - meine Nachredner Martin Margulies und Marco Schreuder werden dann inhaltlich näher darauf eingehen - drei inhaltliche Anträge zu Themen stellen wollen, die uns für die Wiener Europapolitik, aber auch allgemein auf europäischer Ebene wichtig sind, drei Themen, die derzeit diskutiert werden oder sogar zur Abstimmung stehen.

 

Das eine ist ein Antrag auf europaweite Schaffung von Mindestlöhnen. Sie kennen die Debatte, nehme ich an, obwohl außer den GRÜNEN und Teilen der Sozialdemokratie auf europäischer Ebene sich wenige daran beteiligen, auch Attac und Ressourcing Social Forum hat entsprechende Konzepte erarbeitet, die wir auch teilen. Das wäre, wenn es um ein sozialeres Europa geht, das wir ja alle wollen und für das hier alle eintreten - zumindest verbal - ein Antrag, dem eigentlich alle in diesem Haus zustimmen müssen.

 

Es geht um ein System von Mindestlöhnen. Sie schütteln den Kopf, Herr Jung, Sie haben wahrscheinlich keine Ahnung davon. (Abg Mag Wolfgang Jung: Oh ja, jawohl!) Ich habe von den Freiheitlichen in dieser Frage, europaweite Mindestlöhne und verbindliche Sozialstandards einzuführen, um wenigstens einen Schritt in Richtung einer Sozialunion zu machen, wirklich nichts gehört. Nicht einmal haben Sie sich zu solchen Fragen qualitativ zu Wort gemeldet. (Abg Mag Wolfgang Jung: Sie haben von der Realität keine Ahnung!)

 

Viele EU-Länder haben solche Mindeststandards und Mindestlöhne. In Österreich ist das Bemühen um 1 000 EUR Mindestlohn bis jetzt gescheitert, die meisten EU-Länder haben Mindestlöhne, die weit darüber liegen. Das heißt, es ist nicht einmal ein so wahnsinnig visionäres Ansinnen, das die GRÜNEN und Teile der Sozialdemokratie in Europa stellen, also nehme ich an, Sie stimmen heute zu. Es steht dies gerade vor dem Hintergrund der bevorstehenden Dienstleistungsrichtlinie und der bevorstehenden Arbeitszeitrichtlinie, die heute leider überhaupt nicht angesprochen wurde und die auch zur Beschlussfassung während der Ratspräsidentschaft steht. In ihr geht es darum, dass Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen mehr arbeiten sollen für weniger Lohn.

 

Präsident Johann Hatzl (unterbrechend): Frau Stadträtin, Sie haben noch drei Minuten Redezeit.

 

StRin Dr Monika Vana (fortsetzend): Die Arbeitszeitrichtlinie wurde von den GRÜNEN und Teilen der Sozialdemokratie - Sie haben ja da ein gespaltenes Abstimmungsverhalten – heftig bekämpft. Und auch im Hinblick auf die Öffnung des Arbeitsmarktes, wie ich schon angesprochen habe, 2011, ist die Beschlussfassung über Mindestlöhne und die Einführung von Mindestlöhnen, zumindest das Nachdenken über europaweite Mindestlöhne notwendig, um Sozialdumping und eine Abwärtsspirale zu verhindern.

 

Der zweite Antrag, auf den mein Kollege Marco Schreuder nachher eingehen wird, betrifft einen Bereich aus der Demokratisierung Europas, nämlich die Abhaltung eines EU-weiten Referendums. Zumindest drei Parteien in diesem Haus haben sich auf anderen Ebenen für die Abhaltung eines europaweiten Referendums zur Frage der Verfassung ausgesprochen, aber nicht nur zur Frage der Verfassung, sondern auch für die Verankerung eines europaweiten Referendums in einem EU-Vertrag, in einem etwaigen reformierten EU-Vertrag. Das heißt, es bedürfte eigentlich der Beschlussfassung des Antrags der GRÜNEN, Bundeskanzler Schüssel aufzufordern, (StR Dr Johannes Hahn: Zum eigenen Vorschlag auffordern!) im Rahmen seiner Funktion als EU-Ratspräsident beim Gipfel des Europäischen Rats Mitte Juni 2006, bei dem eine erste Bilanz über die Europäische Verfassungsdebatte gezogen werden soll, für die Verankerung eines europaweiten Referendums im EU-Vertrag einzutreten.

 

Es gibt noch einen dritten Antrag der GRÜNEN, den wir gemeinsam mit der Sozialdemokratie stellen, nämlich auf eine Änderung der bevorstehenden Dienstleistungsrichtlinie im Hinblick auf die Herausnahme des Herkunftslandprinzips und die Einschränkung auf nichtkommerzielle Dienstleistungen. Zu diesem Antrag wird mein Nachredner Martin Margulies ausführlich Stellung nehmen. Es hat ja zu diesem Punkt schon einige rot-grüne Vorstöße in diesem Haus gegeben. Und ich wünsche mir abschließend, dass wir wirklich bei den Gesprächen über die Aufwertung der Europapolitik und auch der Demokratisierung der Europapolitik in diesem Haus bald weiter kommen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Präsident Johann Hatzl: Zum Wort gelangt Herr Abg Gerstl.

 

Abg Mag Wolfgang Gerstl (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Meine Damen und Herren!

 

Zunächst möchte ich einmal begrüßen, dass der Herr Landeshauptmann die Initiative ergriffen hat, während der österreichischen EU-Präsidentschaft eine Mitteilung zum Thema Wien und die Europäische Union zu machen, weil ich glaube, dass das Thema zu wichtig ist, als

 

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