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Landtag, 3. Sitzung vom 25.01.2006, Wörtliches Protokoll  -  Seite 37 von 78

 

tragen, dass der Souverän hier in Österreich Gehör findet und dass Volksabstimmungen endlich auch zu wichtigen Fragen sichergestellt werden.

 

Denn natürlich muss sichergestellt sein, dass nur dann und erst dann, wenn die Österreicher per Volksabstimmung über ein Thema wie das der Verfassungsfrage oder des EU-Beitritts der Türkei zustimmen, es auch eine Zustimmung geben kann. Wenn sie es ablehnen, hat man auch die Ablehnung ernst zu nehmen, und das werden wir sicherstellen. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Präsident Johann Hatzl: Zum Wort gelangt Frau StRin Dr Vana.

 

StRin Dr Monika Vana: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Es ist immer schwierig, nach einer Rede der Freiheitlichen, insbesondere des Herrn Strache, auf eine sachliche Diskussion zurückzukommen. (Abg Heinz-Christian Strache: Das tut weh!) Sie können mir nicht weh tun, das ist eine hoffnungslose Selbstüberschätzung, die Sie da haben. (Abg Heinz-Christian Strache: Deshalb sind Sie Vierter!) Ich will nur einen Satz an den Anfang stellen, weil er mir emotional ein Bedürfnis ist, weil ich eine alternative EU-Kritikerin der ersten Stunde in diesem Land bin.

 

Die Antwort auf den Europaskeptizismus in diesem Land, auf die Vertrauenskrise der EU, können nicht nationalistische Töne sein, (Beifall bei den GRÜNEN. - Abg Heinz-Christian Strache: Herr Voggenhuber!) kann nicht das Schüren von Ängsten sein, sondern muss eine aktive Europapolitik sein, ein aktives Eintreten für Sozialpolitik, für einen Kurswechsel in Europa und nicht das, was Sie hier tun, nämlich einen Missbrauch betreiben, einen Missbrauch der Idee Europas, hinter der Sie sich verstecken. Das nur zum Anfang.

 

Es gäbe noch mehr zur Inhaltsleere des Anti-EU-Volksbegehrens oder zum Unwissen der FPÖ, das sich auch in dem vorliegenden Antrag, den Sie vorgelegt haben, zeigt. Sie stellen zum Teil Inhalte zum Antrag, die nicht umsetzbar sind, weil sie Gegenstände betreffen, die gemäß EU-Richtlinien umgesetzt werden müssen, zum Teil stellen Sie Anträge, die es längst gibt.

 

Und dazu nur ein Beispiel: Die FPÖ, der Herr Strache, der sich herstellt und vom Schutz der ArbeitnehmerInnen und von sozialem Gewissen und so redet, stellt einen Antrag, dass die Sozialhilfe als Existenzsicherung für die an der Armutsgrenze lebenden Österreicher zu erhalten ist. Da kann man ja nur lachen bei den Debatten, die wir aus diesem Haus kennen. Sie wissen es doch hoffentlich, oder offensichtlich wissen Sie es nicht, dass die Sozialhilfe gerade auch in Wien keinesfalls existenzsichernd ist, für viele Frauen nicht existenzsichernd ist, dass eine Reform der Sozialhilfe und die Einführung einer Grundsicherung das wäre, was wirklich eine sozialpolitische Maßnahme wäre, die diesen Namen verdient. Und auch die Forderung nach der Abwehr des entstehenden Lohn- und Sozialdumpings, hervorgerufen durch die EU-Dienstleistungsrichtlinie, die noch nicht einmal beschlossen ist, Herr Strache, die Richtlinie ist noch nicht einmal beschlossen. (Abg Heinz-Christian Strache Trotzdem, wir wollen das ja nicht, deshalb muss der Landeshauptmann schauen, dass es nicht beschlossen wird!) Aber der Antrag selbst ist vollkommen dilletantisch formuliert.

 

Wenn Sie gegen Lohn- und Sozialdumping in Österreich und in Wien auftreten wollen, dann dürften Sie nicht für eine Verlängerung der Übergangsfristen für ArbeitnehmerInnen aus osteuropäischen Ländern eintreten. (Abg Heinz-Christian Strache: Oh ja!) Im Gegenteil, dann bräuchte es, so wie die Grünen fordern, eine Verkürzung der Übergangsfristen, eine Gleichberechtigung der osteuropäischen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen auf dem Wiener Arbeitsmarkt, was ein Grundrecht der EU seit 1957 ist. Und gerade die Nichtmöglichkeit des Zuzugs von Arbeitskräften, von ArbeitnehmerInnen aus Osteuropa fördert Scheinselbstständigkeit, fördert Lohndumping, fördert Sozialdumping, fördert Arbeitsrechtdumping.

 

Wir kennen das von der Bauwirtschaft in Wien, wo wir bereits ein großes Problem damit haben, dass da natürlich viele so genannte Scheinselbstständige kommen, die eben keine arbeits- und sozialrechtliche Absicherung haben. Dies auch ein bisschen in Richtung SPÖ, die ja eigentlich auch - ich kann ihr den Vorwurf nicht ersparen und mir den Vorwurf nicht verwehren - mit diesen nationalistischen Tönen ein bisschen spielt und die Übergangsfristen für ArbeitnehmerInnen ja befürwortet, was ich sehr schade finde. Denn gerade die SPÖ - und Sie haben sich heute hier in einer Rede, Herr Bürgermeister, sehr glaubwürdig als großer Europäer oder als Anhänger des Traums Europa dargestellt – müsste eigentlich daran interessiert sein, möglichst früh einen gemeinsamen Raum für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu schaffen, nicht verschiedene ArbeitnehmerInnen aus verschiedenen Ländern gegeneinander auszuspielen und damit indirekt – ich habe es schon angesprochen - Lohn- und Sozialdumping in Wien zu fördern und damit auch indirekt und eigentlich auch direkt, den Wählern des Herrn Strache in die Hände zu spielen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Also, ich habe mich ein bisschen gewundert bei Ihrer Rede, Herr Bürgermeister. Sie haben - natürlich geschickt - genau jene Themen, die auch innerhalb der SPÖ in ihrer Akzentuierung und auch in ihrer Medienpolitik ein wenig umstritten sind, natürlich nicht angesprochen. Jene Punkte, die nicht gerade im Sinne dessen sind, was zum Teil auch Ihre eigene Fraktion auf Europaebene an Politik vertritt und die genau jene nationalistischen Töne, jener Nationalismus sind, den Herr Strache aufbereitet und mit dem er geschickt spielt. Es wird ja geschickt mit nationalistischen Tönen in einem scheinbaren Vorwahlkampf gespielt, wir haben Vorwahlkampf, wir haben Wahlkampf, der ist mit dem Europathema begonnen worden (Abg Mag Wolfgang Jung: Scheinbar!) und alle drei Parteien in diesem Haus, bis auf die GRÜNEN, spielen ein wenig mit diesen nationalistischen Untertönen, die sich draufsetzen auf den Euroskeptizismus der Bevölkerung, der tatsächlich da ist. Sie kennen die

 

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