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Landtag, 3. Sitzung vom 25.01.2006, Wörtliches Protokoll  -  Seite 35 von 78

 

Amerika zu werden und hier nicht die Vereinigten Staaten von Amerika zu imitieren.

 

Ich glaube nicht, dass das der richtige Weg ist und der Eurobarometer, der ja auch veröffentlicht wurde, den sollte man ernst nehmen. Denn für was ist er denn veröffentlicht worden? Er zeigt ja auch, dass in fast allen Punkten die Bevölkerung ein vernichtendes Urteil über die aktuelle Entwicklung dieser Europäischen Union getroffen hat und sich über die Verhaltensweise der verantwortlichen Personen in der Europäischen Union auch sehr mokiert. Und jetzt können Sie sagen, wahrscheinlich ist das irgendein böses Machwerk, das hier von fanatischen Gegnern der Europäischen Union in Auftrag gegeben wurde, oder vielleicht sogar heimlich von der FPÖ in Auftrag gegeben wurde und dass die dahinter steht.

 

Also, das ist mit Sicherheit nicht der Fall, das ist schon die Stimmungslage in der österreichischen Bevölkerung und das entspricht auch durchaus einem Querschnitt der europäischen Völker, denn hier ist generell eine kritische Stimmung in den letzten Jahren entstanden durch viele Fehlentwicklungen. Deshalb glaube ich auch, dass man das sehr ernst nehmen muss und dass die Menschen ganz zu Recht ein bisschen eine Selbstverteidigungshaltung, eine Widerstandshaltung, eingenommen haben, weil man sie permanent bevormundet, ihnen permanent zum Ausdruck bringt, sie sind ja quasi zu dumm, das alles verstehen zu können. Da gibt es also nur die gescheiten Kommissare und die gescheiten Regierungschefs und die sind ja alle so klug, dass sie natürlich die Entscheidungen für die Bürger treffen und die Bürgerkritik einfach negieren, denn diese verstehen ja ohnedies nichts und kapieren ja ohnedies nicht, dass der Euro, seitdem wir den haben, eigentlich zu billigeren Preisen geführt hat, wie man ihnen versucht hat, weis zu machen.

 

Nein, die Menschen spüren das Gegenteil, die Menschen spüren schon das Gegenteil, nämlich dass alles teurer geworden ist und dass es nicht gestimmt hat, dass ihnen was übrig bleiben wird, wenn wir beitreten, sondern ganz im Gegenteil, und das, was früher einmal 100 Schilling gekostet hat, heute 10 Euro ausmacht und Verteuerungen einfach da sind. Und das sind eben genau diese kritischen Entwicklungen, die wir auch ansprechen und wo wir auch ganz bewusst diesem blinden EU-Fanatismus, den wir manchmal merken, auch entgegentreten, weil er genau die gegenteilige Entwicklung bringen wird. Es wird zu mehr Ärger bei den Bürgern führen, wenn man versucht, alles schön zu reden, alles schön zu färben und als klass darzustellen, obwohl die Menschen es wirklich hautnah anders erleben können.

 

Und da erleben wir halt auch in vielen Bereichen - ich sage das ganz bewusst, eine Allparteienkoalition in vielen Fragen, bis auf die FPÖ, die in der Frage der EU-Verfassung nicht will, dass die Österreichische Verfassung außer Kraft gesetzt wird, die für die Neutralität steht und nicht will, dass durch ein Inkrafttreten der Europäischen Unionsverfassung, wie das alle anderen Parteien in diesem Haus, bis auf die FPÖ, wollen, die Neutralität einfach als obsolet erklärt wird und auf dem Altar der Europäischen Union geopfert wird.

 

Und deshalb ist das auch eine kritische Debatte, die in diesem Bereich zu führen ist. Es muss eine kritische Debatte geführt werden, wenn jemand, oder auch die anderen Parteien, Ja zu Beitrittsverhandlungen mit der Türkei sagen, obwohl sie wissen, dass 85 Prozent der Österreicher diese Beitrittsverhandlungen mit der Türkei ablehnen. Und man fragt sich, warum sagt jemand Ja zu Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, wie der Herr Bundeskanzler, wenn er andererseits sagt, am Ende soll vielleicht gar kein Beitritt rauskommen. Wenn er keinen Beitritt will, dann soll man auch nicht mit den Beitrittsverhandlungen beginnen, sondern soll sie gleich anders bezeichnen, sodass man sieht, dass man ein partnerschaftliches Abkommen will oder das partnerschaftliche Abkommen vertiefen will. Aber Beitritt, das ist etwas, was die Menschen mehrheitlich nicht wollen und wo auch letztlich die Europäische Union sich ernst nehmen sollte. Die Türkei ist geographisch, aber genauso historisch und kulturell, kein europäisches Land. Und der Name der Europäischen Union besagt ja, dass wir an den Grenzen der Europäischen Union Halt machen sollten und nicht eine Euroasiatische Union werden wollen. Das entspricht nicht dem Ursprungsprojekt und dem Ursprungsgedanken einer Europäischen Union.

 

Das wäre genau der Untergang dieser eigentlich guten Idee, wenn wir glauben, eine Euroasiatische Union gründen zu wollen und verbreitern zu wollen, die in Richtung Naher Osten geht und dann genau in diese Konfliktsituation des Nahen Ostens gebracht wird. Wir sollten dort, im Nahen Osten, als Vermittler auftreten, aber ja nicht den Fehler machen, Länder aus diesen Bereichen aufzunehmen und damit auch eine Parteistellung erhalten.

 

Ich glaube, dass das ganz wichtig ist, und deshalb sprechen wir uns gegen den Beitritt von nichteuropäischen Ländern wie der Türkei zur Europäischen Union aus und werden hier auch unsere Linie ganz deutlich vertreten. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Unser Arbeitsmarkt und unser Sozialsystem ist ja auch bedroht in diesem sozusagen Bermudadreieck, durch die Freizügigkeitsrichtlinie, durch die Gleichbehandlungsrichtlinie, wie wir heute gehört haben und durch die Dienstleistungsrichtlinie.

 

Und da gibt es Bedrohungsfelder. Das klingt alles so schön, es sind so wunderschöne, deutsche Wörter, so wunderschöne Umschreibungen, die etwas Liebenswürdiges darzustellen versuchen, in Wirklichkeit steckt aber auch eine konkrete Bedrohung für die Menschen in unserem Land dahinter, denn kein Mensch hat Verständnis dafür, dass in Zeiten, wo Rekordarbeitslosigkeit herrscht, wo neue Armut letztlich vorhanden ist, man alle Hebel in Bewegung setzt, dass heute jeder Nichtösterreicher, jeder Nicht-EU-Bürger auch sofort sozusagen die gleichen Rechte haben soll, Sozialhilfe kassieren können soll. Das ist für viele Menschen ein durchaus kritischer Punkt, den man nicht verstehen kann, wenn die Kassen leer sind, wenn man kein Geld hat, wenn man den

 

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