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Landtag, 32. Sitzung vom 15.09.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 8 von 9

 

Der Kollege Herzog, mit dem mich nicht immer alles verbindet, hat Recht, das mit der Sippenhaftung ist irgendwie seltsam. Bei Vater-Sohn-Verhältnissen auf ideologische Verhältnisse einzugehen, ist gerade an Ihrer Person fraglich, und ebenso, warum gerade Sie es zur Diskussion stellen. Damit eröffnet man eigentlich eine Bühne, die man ja nicht eingehen wollte. Ich verstehe es deswegen ganz besonders wenig. Ich habe meinem Vater nichts vorzuwerfen, Sie setzen sich mit Ihrem vielleicht politisch auseinander, weil er eine andere Ideologie als Sie verfolgt. Aber deswegen muss ich nicht dem einen Vater oder dem anderen Sohn etwas vorwerfen.

 

Worüber ich reden könnte, ist die Frage, ob Joschi Gudenus junior denselben Geistesinhalt wie sein Vater vertritt. Das wäre eine interessante Frage, die man dem Vorsitzenden der FPÖ und FPÖ Wien, H C Strache, stellen könnte, wenn er da wäre. Das wäre eine interessante Frage, da würde ich fragen, ob er reinen Gewissens sagen kann, dass der Sohn nicht dieselben Inhalte wie der Vater vertritt. Er entzieht sich dieser Diskussion; das verstehe ich, denn er könnte es nicht reinen Gewissens machen. Er müsste sagen, dass dieser Joschi Gudenus Vorsitzender des Rings Freiheitlicher Jugendlicher auch in Wien war, wo gerade erst wieder ein Mitglied ausgeschlossen werden musste, weil es dieselbe Geisteshaltung wie Gudenus' Vater vertreten hat. Der Sohn ist dort der Obmann. Der ist zwar immer noch Mitglied bei der FPÖ im 21. Wiener Gemeindebezirk, aber aus dem RFJ ist er ausgeschlossen worden. Da gibt es schon Zusammenhänge, die man natürlich diskutieren könnte. Ich verstehe, dass H C Strache nicht da ist, denn es wäre ihm unangenehm, das zu diskutieren.

 

Kollege Tschirf! Man muss sich nur die Frage stellen: Woher kommt denn dieser junge Mann, der dann im RFJ war? Deswegen muss ich sagen: Die Aufregung, die Sie hier dargestellt haben, war nicht sehr glaubwürdig, die war ein bisschen künstlich, und nicht das ganze Haus ist Ihrer Empörung wirklich gefolgt. Die ÖVP-Fraktion ja, aber das ganze Haus ist dieser Empörung, mit der Sie den Kollegen Ellensohn hier eigentlich nicht richtig dargestellt haben, nicht gefolgt. Dieser junge Mann, der vor kurzem aus dem RFJ ausgeschlossen wurde - dessen Vorsitzender Joschi Gudenus ist -, war ein Mitglied des Mittelschul-Kartellverbandes. Deswegen: Ganz Unrecht hat Ellensohn nicht. Der ist immer noch beim MKV, ganz Unrecht hat er nicht. Es gibt immer noch diese Geisteshaltung, die ist eben weit verbreitet, und deswegen können Sie sich nicht so künstlich aufregen. Aber, Kollege Ellensohn, danke für die Hinweise zu den Themen! Denn die sollte man vielleicht doch auch in dem Zusammenhang diskutieren.

 

Da hat Herzog wieder Recht, die Frage der Migration in Wien - also: Wie kommen die Menschen hierher, wie gehen wir hier mit ihnen um, und wie können wir sie integrieren? - damit zu verknüpfen, dass jemand, der eine andere inhaltliche Position zu Fragen wie Aufenthaltsrecht, Asylrecht, Staatsbürgerschaft oder was auch immer hat, automatisch mit rechtsextremem Gedankengut zu verbinden ist, Kollege Ellensohn, das ist einfach nicht lauter! Das ist nicht in Ordnung.

 

Man kann da in der Sache unterschiedliche Standpunkte haben. Sie kennen meinen; der beginnt damit, dass ich sage: Probleme der Migration sollte man vor Ort lösen und nicht dann, wenn die Menschen aufgrund von was auch immer - Bevölkerungswachstum, Ressourcenknappheit et cetera - gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen. Das ist mein Ansatz. Darüber kann man reden, da kann man anderer Meinung sein, das ist ja wurscht, aber das automatisch - und dann alle Dinge, die sich daher in Österreich und in Wien als Frage stellen - als "rechtsextrem" zu bezeichnen oder zu sagen, wenn jemand hier versucht, eine Sachlösung zu finden, tut er das, um vom rechten Rand Applaus zu bekommen: Kollege Ellensohn, das ist Ihrer nicht würdig! Das ist nicht lauter, das ist Ihrer nicht würdig, und - da hat Tschirf Recht gehabt, nur die künstliche Erregung war unglaubwürdig - es tut der Sache nichts Gutes, das mit dem Holocaust zu verbinden. Ich meine, da sind schon noch Welten dazwischen, und da sind wir uns beide einig. Deswegen hat mir der Punkt nicht so gefallen.

 

Eigentlich lohnt es sich nicht, die Debatte wegen des Gudenus weiterzuführen, und deswegen werden wir, zumindest ich, sie beenden. - Danke. (Beifall beim BZW.)

 

Präsident Johann Hatzl: Zum Wort gemeldet ist Herr Abg Stürzenbecher.

 

Abg Dr Kurt Stürzenbecher (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Berichterstatterin! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Nur ein Satz zu den Ausführungen des Herrn Ellensohn: Ich erspare mir jetzt auch Ausführungen im Detail, sonst würde der Vormittag noch sehr lang werden und sehr viel diskutiert werden können, aber es sei schon gesagt, dass die SPÖ immer eine starke und ganz konsequente Kraft im Kampf gegen Rassismus, im Kampf gegen Antisemitismus und jede Form des Faschismus war, dass wir aber auch der Meinung sind, dass wir hier nicht die einzige Partei sind, die gegen diese fürchterlichen Erscheinungsformen kämpft. Wir vertreten die Auffassung, es sollen alle Demokraten gemeinsam gegen Faschismus, Antisemitismus und Rassismus auftreten und hier nicht Ausführungen halten wie die vom Kollegen Ellensohn, die unqualifiziert waren. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Zum Thema selbst: Wir beschäftigen uns - das ist auch schon gesagt worden - zum dritten Mal innerhalb kürzerer Zeit mit Herrn Gudenus, am 29. April, am 29. Juni und heute wieder. Ich könnte mir wahrlich auch bessere Anlässe vorstellen, um im Gedenkjahr über den Umgang mit unserer Geschichte zu diskutieren - wie es ja auch bei dieser Debatte geschieht -, aber wir haben es uns nicht ausgesucht. Es ist so, dass das Auslieferungsbegehren des Landesgerichts für Strafsachen da ist und dass im Gesetz, in der Verfassung vorgesehen ist, dass das behandelt wird. Es ist durchaus auch gute politische Praxis, dass das behandelt wird und dass nicht die acht Wochen einfach abgewartet werden, weil damit erstens eine Verzögerung eintritt und dies zweitens auch nicht die demokratischste Vorgangsweise in dem Fall wäre. Deshalb haben wir hier diese Debatte, die vom Anlass her unerfreulich ist, der wir uns aber natürlich in der

 

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