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Landtag, 30. Sitzung vom 23.05.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 47 von 64

 

Gas, Wasser, Kanal und Müll, nicht nach dem Einkommen differenziert wird und auch gar nicht differenziert werden kann. Es sind daher all diese kommunalen Belastungsmaßnahmen gleich hoch, egal, ob es sich um einen Millionärshaushalt oder um einen Haushalt an der Armutsgrenze handelt.

 

Es ist auch die Erhöhung von Selbstbehalten der falsche Weg – ein Weg, der auch hier in Wien Tradition hat, und es ist ja auch das ein bisschen in Vergessenheit geraten: Es sind schon vor zwei Jahren, im Jahr 2003, bei den Ferienaktionen der Stadt die Urlaubsselbstbehalte erhöht worden. Gerade für die Familien mit geringem Einkommen sind diese Selbstbehalte um 15 Prozent erhöht worden! Es sind dann vor einem Jahr, 2004, die Zuschüsse der MA 56 für die Schulschikurse - auch wieder gerade für die sozial schwachen Eltern! – um 20 Prozent gekürzt worden. Und es sind, ebenfalls durch die MA 56, in dieser Stadt die Zuschüsse für die Schullandwochen - die wieder an die sozial schwachen Eltern ergehen - im Vorjahr gleichfalls um 20 Prozent gekürzt worden.

 

Es sind dann Anfang des heurigen Jahres bei den Heimen die Elternbeiträge für die Heimkinder gleich um 15 Prozent erhöht worden, und am 1. Jänner des heurigen Jahres - das haben Sie ja alle noch in guter Erinnerung - sind auch die Selbstbehalte für die alten Menschen, für die Senioren, für die Pensionisten in den Wiener Pensionistenwohnheimen um 5 Prozent erhöht worden.

 

Heute, vier Monate vor unserer Wahl, schließt sich also dieser Kreis mit der Erhöhung der Selbstbehalte für die kranken Menschen um 36 Prozent.

 

Ich frage mich: Was ist das für ein Bürgermeister, der in diesen 10 Jahren seiner Amtsperiode eigentlich die sozialen Auswirkungen dieser Gebührenerhöhungen überhaupt nicht berücksichtigt hat, dem die Umverteilungswirkung seiner Maßnahmen eigentlich völlig gleichgültig war? Und was ist das auch für eine Gesundheitsstadträtin, die heute mit diesem Beschluss ihre eigenen Grundsätze verraten muss - vielleicht, oder wahrscheinlich, um sich genau für dieses Bürgermeisteramt in Zukunft einmal profilieren zu können?

 

Frau Stadträtin, es hat ja in Wahrheit bei den Finanzausgleichsverhandlungen Ihr Bürgermeister diese Idee eingebracht, den Selbstbehalt in den Spitälern zu erhöhen. Der Bürgermeister hat über seinen Finanzstadtrat die Forderung an den Bund gerichtet, den Spitalskostenbeitrag zu erhöhen. Und wir können uns ja noch gut an diesen Streit erinnern, der damals losgebrochen ist, daran, dass der Bürgermeister und sein Finanzstadtrat dann von den eigenen Genossen desavouiert worden sind, vom Kollegen Gusenbauer desavouiert worden sind, der diese Idee von Häupl und Rieder, eben den Spitalskostenbeitrag zu erhöhen, damals abgelehnt hat, und die damals auch von Kollegin Brauner desavouiert worden sind, die ebenfalls diesen Selbstbehalt damals noch abgelehnt hat.

 

Frau Stadträtin, es hilft Ihnen daher nichts, wenn Sie das alles heute verdrängen. Es hilft nichts, wenn Sie sich hier herstellen und, wie Sie das heute ja in der Fragestunde auch getan haben, historische Unwahrheiten verbreiten, wenn Sie etwa völlig fälschlich behaupten, dass die Bundesregierung diesen Spitalskostenbeitrag vor-geschlagen hat. Ich darf dazu aus den Protokollen der letzten Finanzausgleichsverhandlungen vom Oktober/November des vorigen Jahres zitieren. In diesen Protokollen ist wortwörtlich nachzulesen: „StR Rieder schlägt als Vertreter der Länder, der Städte und der Gemeinden eine Erhöhung des Spitalskostenbeitrages vor." - StR Rieder schlägt das also vor und hat es vorgeschlagen!

 

Es hilft auch nicht, Frau Stadträtin, wenn Sie den weiteren geschichtlichen Ablauf verdrängen: Wenn Sie verdrängen, dass damals der sozialistische Landesrat Flecker aus der Steiermark Ihren Kollegen Rieder noch als Erfüllungsgehilfen der schwarz-blauen Regierung bezeichnet hat.

 

Frau Stadträtin, es hilft auch nichts, wenn Sie Ihre eigene Vergangenheit verdrängen: Wenn Sie verdrängen, dass Sie selbst noch vor einem halben Jahr, vor sechs Monaten, im SPÖ-Präsidium als stellvertretende Bundesparteiobfrau genau gegen diesen Beschluss gestimmt haben.

 

Frau Stadträtin, Sie fühlen sich mit Ihren Umfragewerten um die 60 Prozent offenbar schon so sicher, dass Ihnen alles wurscht ist. Aber freuen Sie sich nicht zu früh, denn die Menschen in Wien werden Ihnen das sicherlich nicht durchgehen lassen! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Meine Damen und Herren! Es war damals die freiheitliche Fraktion in der Regierung, die diesen Selbstbehalt verhindert hat! Es hat damals in dieser Angelegenheit Schreiduelle mit dem Koalitionspartner im Parlament gegeben, und es ist dieser Selbstbehalt damals nicht ein-geführt worden, sondern es ist diese Frage eben an die Länder delegiert worden, weil ja die Länder und die Gemeinden und die Städte auch diesen Beitrag gefordert haben. Ich kann in den Finanzausgleichsverhandlungen nicht sagen: Wenn jemand hier eine Erhöhung fordert, dann kann ich ihn nicht dazu ermächtigen!, und es ist daher natürlich diese Ermächtigung an die Länder und an die Städte, von denen die Forderung auch gekommen ist, erteilt worden.

 

Aber es haben sich einige Länder dann sehr wohl eines Besseren besonnen: Es haben sich die Kärntner ei-nes Besseren besonnen, und es haben auch die Steirer dann eine Politik zu Lasten der Kranken, eine solche Krankensteuer, wie sie heute auch bezeichnet worden ist, abgelehnt. Es haben sich die Kärntner distanziert, es haben sich die Steirer distanziert - und ich meine, es ist bezeichnend, dass unsere sozialistische Mehrheit (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: “unsere“! – Heiterkeit bei Abg Dr Kurt Stürzenbecher) hier gleich von dieser Ermächtigung Gebrauch macht, dass sie das voll ausschöpft und diesen Selbstbehalt gleich um 36 Prozent erhöht.

 

Meine Damen und Herren! Die soziale Abfederung findet ja in Wirklichkeit überhaupt nicht statt, wie man erkennen kann, wenn man sich die für die Befreiung maßgebliche Einkommenshöhe anschaut, weil diese viel zu niedrig ist. Bis zu einem Einkommen von 600 EUR,

 

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