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Landtag, 29. Sitzung vom 29.04.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 56 von 79

 

über kurz oder lang lernen müssen, dass man nicht alles durchsetzen kann -, dass man auf dem Weg zur Macht leider auch bereit ist, einen Teil dieser Überzeugungen freizugeben.

 

Ich halte die Koalition von SPÖ und FPÖ in Kärnten - und ich glaube, das meinen sogar sehr viele in dem Haus, die nicht nur in meiner Fraktion sitzen - für so ein Beispiel. Zu Recht hat der Landeshauptmann in Kärnten vor Jahren zurücktreten müssen, nachdem er seinen Sager von der Beschäftigungspolitik gesagt hatte, von dem er sich nie richtig distanziert hat, nicht glaubhaft, denn dieses "dann entschuldige ich mich halt meinetwegen" wird nicht gehen. Trotzdem wird er ein paar Jahre später wiedergewählt, der gleiche Mensch mit den gleichen Sagern! Mit vielen solchen Sagern, ich könnte Ihnen seitenweise welche vorlesen, wenn es jemanden interessiert. Aber Sie finden ohnehin alles ohne großen Aufwand, ohne große Recherche; da genügt es, im Internet den Namen einzugeben und "braune Sager" dazuzuschreiben, und es kommt jede Menge.

 

Es ist nachher die Frage - und die ÖVP muss sich das auf Bundesebene natürlich auch gefallen lassen -, mit wem man eine Koalition macht. Maria Vassilakou hat klargestellt: Nein, wir GRÜNEN würden niemals - niemals! - mit der FPÖ eine Koalition machen, aus eben den genannten Grünen, niemals! (StR Johann Herzog: Das ist an sich eine Frage der Mehrheiten!) Ich nehme an, dass die FPÖ auch kein Interesse daran hat, mit uns eine Koalition zu machen, das ehrt aber die GRÜNEN. Die ÖVP hat kein Problem damit, wissend, mit wem sie eine Koalition macht - sie weiß das: Mit den Kampls, mit den Gudenusen und und und. Das ist es Ihnen wert, weil es Ihnen das wert war, die SPÖ oder sonst eine Partei von der Macht abzuhalten. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 

Deswegen tue ich mir ein bisschen schwer - nein, ich tue mir nicht nur ein bisschen schwer, sondern es ist für mich fast absurd -, wenn hier ein Konsens konstruiert wird, den es nicht gibt. In dieser Republik gibt es sehr viele Leute - weit über die GRÜNEN hinaus, es wäre traurig, wenn wir da allein wären, weit über die GRÜNEN hinaus, bis in die ÖVP hinein, keine Frage -, die das so sehen, wie ich es jetzt sage, was man mit "Keinen Fußbreit dem Faschismus!" gar nicht so untreffend festhalten kann. Es gibt aber auch andere Leute, andere Personen und andere Ideologien, und die sind auch nicht nur in der FPÖ zu Hause. Es tut mir Leid: Wenn die ÖVP-Riege für den Herrn Kampl klatscht, dann frage ich mich echt, was dort abgeht.

 

Wenn die Entschuldigungen so schrullig daherkommen, wie sie in den letzten Tagen dahergekommen sind, dann frage ich mich auch, was in den Köpfen vorgeht. Es ist wunderbar, wenn der Herr Gudenus zurücktritt, aber das genügt natürlich lange nicht. Das ist ein erster Schritt, und in Wirklichkeit müsste es so sein: Der Kampl ist zurückgetreten, der Gudenus sollte so schnell wie möglich zurücktreten, und der Herr Amhof kann nicht einen Schreibfehler nach dem anderen produzieren. Dann ist er natürlich genauso rücktrittsreif.

 

Und der Herr Strache ist, wenn er den Unterschied zwischen den Opfern des Holocaust nicht versteht, nämlich wenn er die Täter und die Opfer nicht auseinander halten kann, in Wirklichkeit auch rücktrittsreif. Das ist genau die gleiche Diskussion. Das gibt es ja nicht, dass jemand sagt, ich möchte ein Mahnmal machen, da sind alle Opfer drinnen, und dann rede ich - wie das der Herr Amhof in seiner Aussendung macht - von den Toten an der Heimatfront, in den Städten, in den Gefangenenlagern, zähle alles zusammen und sage dann: Na, da machen wir ein gemeinsames Denkmal.

 

So schlimm es für jeden Einzelnen ist, der ein Opfer einer Bombe wird, die von einem alliierten Flugzeug fällt, keine Frage - aber die Gleichsetzung der Opfer des Holocaust mit den Toten auf Seiten der Täter ist nicht nur geschmacklos! In Wirklichkeit müssen Sie sich das genau überlegen, und deswegen tun Sie sich auch schwer, wenn Sie da heraußen stehen. Sie sagen, der Gudenus, das ist momentan in der Republik das, was ich irgendwie durchziehen muss, und beim Amhof kommt schon wieder die Umarmung: Das hat er gar nicht so ernst gemeint. Auch der Herr Amhof ist nicht ein 17-jähriger Bursche, mit dem man sich hinsetzt und sagt: Entschuldigung, gehen wir es einmal der Reihe nach durch. Auch der weiß haargenau, was er tut. Es ist nicht das erste Mal, dass er auffällig war, und er war auch schon hier in diesem Haus, den kennen die meisten Personen dieses Hauses. (Abg Heinz-Christian Strache: Irrtum! Wie so oft falsch recherchiert!)

 

Entschuldigung, es handelt sich um einen Bruder. Man soll zwar nicht die Familien zusammenrechnen, aber es sind in der Familie mehrere Personen auffällig geworden. Was nur dazu beiträgt zu sagen: Es handelt sich nicht um einen Gudenus und nicht um einen Amhof, sondern es handelt sich eben um die Gudenuse und Amhofe in dieser Republik, die wir alle gerne aus allen Parlamenten entfernt hätten, am liebsten natürlich mit einem Wahlergebnis, das genau das zur Folge hat.

 

Beim Bundesrat wäre es ein Leichtes. Wenn Wien wählt, dürfen wir davon ausgehen, dass sich kein Bundesratsmandat für die FPÖ ausgeht. Das ist, glaube ich, bei 8 oder 9 Prozent oder noch ein bisschen höher angesiedelt, da dürfen wir auf die Wiener und Wienerinnen vertrauen, die werden Ihnen das Mandat wegnehmen, dann brauchen Sie nicht mehr zum Rücktritt zu überzeugen. Er wird zurückgetreten von der Wiener Bevölkerung.

 

Ich freue mich darüber, dass wir heute diesen Antrag haben. Ich freue mich darüber, dass er vermutlich einstimmig über die Bühne geht. Ich freue mich darüber, wenn wir die Sache so ernst nehmen, dass zum Beispiel die ÖVP sich überlegt, mit wem sie Koalitionen macht. Und ich freue mich darüber, wenn die Wiener Sozialdemokratie auf die Kärntner Genossen und Genossinnen so viel Einfluss nimmt, dass die dort vielleicht auch einmal zwischendurch an Neuwahlen denken. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Präsidentin Erika Stubenvoll: Weitere Wortmeldungen liegen nicht.

 

Ich erkläre die Verhandlung für geschlossen und

 

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