«  1  »

 

Landtag, 21. Sitzung vom 27.04.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 15 von 44

 

Finanzierung, also des Finanzausgleichs, wenn man das so sagen kann, erfolgen wird - und nur das ist aus meiner Sicht der sinnvolle Dreischritt -, oder es werden dies andere nach uns machen. Das sage ich auch dazu: Wenn diese Generation mit dem Instrument des Konvents nicht in der Lage ist, diese Aufgabe zu erfüllen, dann wird es sicherlich ein wesentlich schmerzhafterer Prozess werden. Erspart wird uns diese Diskussion und dieser Dreischritt ganz sicher nicht, davon bin ich zutiefst überzeugt.

 

Präsident Johann Hatzl: Zusatzfrage: Herr Abg Ellensohn.

 

Abg David Ellensohn (Grüner Klub im Rathaus): Herr Landeshauptmann!

 

Ich würde Sie zwar gerne fragen, ob Sie sich vorstellen könnten, in einer allfälligen neuen Verfassung ein Wahlrecht zu installieren, das noch näher an ein Verhältniswahlrecht herankommt. Aber ich glaube, die Antwort würde sehr kurz ausfallen.

 

Jetzt versuche ich es mit etwas um eine Spur Spannenderem. Sie haben das Sozialstaats-Volksbegehren unterschrieben, ich auch. Die GRÜNEN haben einen leichten Vorstoß gewagt, der in die Richtung des Sozialstaats-Volksbegehrens ging, und ihn auf Wien umgemünzt, nämlich eine Präambel in die Wiener Verfassung aufzunehmen analog derjenigen, die im Sozialstaats-Volksbegehren für die Bundesverfassung verlangt wurde. Könnten Sie sich vorstellen, dass Sie eine Initiative in diese Richtung unternehmen?

 

Präsident Johann Hatzl: Herr Landeshauptmann.

 

Lhptm Dr Michael Häupl: Zunächst erinnere ich mich sehr gut an diese Diskussion, weil sie mir inhaltlich sehr wichtig war und ist. Das ist auch mit ein Grund dafür, dass es eine Reihe von Teilnehmern am Österreich-Konvent gibt, die genau diese Frage auch in die neue österreichische Bundesverfassung aufnehmen wollen. Es gibt dort die Grundsatzdiskussion darüber: Gibt es so etwas wie einen Grundrechtekatalog, oder werden solche Prämissen in einer Präambel dazu verfasst?

 

Ich halte die verbindlichere Regelung in Form eines definierten Grundrechtekatalogs für eine vernünftigere Lösung als eine unverbindliche Präambel oder eine Präambel, worin lediglich Absichtserklärungen enthalten sind. Dass dabei die sozialen Grundrechte für mich einen besonderen Wert haben, steht außer jedem Zweifel.

 

In Bezug auf das, was wir hier in der Stadtverfassung vorwegnehmen können, bin ich selbstverständlich offen für Diskussionen und für gemeinsame Initiativen.

 

Präsident Johann Hatzl: Wir kommen zur vierten Zusatzfrage: Herr Abg Tschirf.

 

Abg Dr Matthias Tschirf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Landeshauptmann!

 

Sie haben vorhin auf die Bundesebene abgeschweift. Ich möchte jetzt nur kurz eine Bemerkung machen, bevor ich meine Frage stelle. Sie haben gesagt, dass wir uns nicht durchsetzen hinsichtlich des Minderheitenrechts für die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen. Sie können sich nicht durchsetzen, dass zum Beispiel auf Bundesebene Übergangsfristen für den Arbeitsmarkt von der SPÖ anerkannt werden. Dazu können Sie auch einen Beitrag leisten. Das heißt, es geht Ihnen hier offensichtlich nicht anders als uns. (LhptmSt Dr Sepp Rieder: Das ist ein totales Missverständnis!) Es ist für uns unbestritten, dass wir für Minderheitenrechte sind und selbstverständlich immer für Untersuchungsausschüsse eingetreten sind und auch eintreten, das ist keine Frage für uns. (LhptmSt Dr Sepp Rieder: Es ist um die Tagespendler gegangen!)

 

Für mich geht es um etwas anderes, für mich geht es um die Frage: Wie können wir sicherstellen, dass in diesen Konventsverhandlungen die bundesverfassungsrechtliche Regelung geschaffen wird, dass Landesrechnungshöfe tatsächlich in Wien eingerichtet werden können? Es geht darum, dass eine solche Regelung, eine Sonderregelung wie etwa in Berlin oder Hamburg, geschaffen wird, dass hier ein unabhängiger Landesrechnungshof eingerichtet wird. Daher brauchen wir die entsprechenden bundesverfassungsrechtlichen Vorbereitungen.

 

Präsident Johann Hatzl: Herr Landeshauptmann.

 

Lhptm Dr Michael Häupl: Zunächst einmal verstehe ich sozusagen den Konter dazu nicht. Denn im gegenständlichen Fall ist es überhaupt nicht darum gegangen, in der Frage Arbeitsmarkt keine Übergangsregelungen zu akzeptieren - das ist ja dabei längst Realität -, sondern es ist um die Frage der Tagespendler gegangen. Und da hat die SPÖ im höchsten Ausmaß in Übereinstimmung auch mit Wirtschaftskreisen, mit bestimmten Teilen der Wirtschaft agiert. (LhptmSt Dr Sepp Rieder: So ist es!) Da geht es also nicht darum, dass man sich in der SPÖ nicht durchsetzen kann, sondern da hat die SPÖ Sozialpartnerpositionen vertreten. Daher kann ich diesen Konter nicht verstehen. Aber sei dem, wie dem auch sei, das werden wir unter "Humorvolles Rencontre" verbuchen.

 

Zur Sache selbst sage ich noch einmal: Es passt die Argumentation für mich nicht wirklich zusammen, wenn man auf der einen Seite im Konvent versucht, mit Vorschlägen die Sonderbestimmungen für Wien in der Verfassung abzuschaffen, auf der anderen Seite jetzt in der Diskussion, weil es zur Argumentation für einen Landesgerichtshof oder Stadtgerichtshof dazupasst, Sonderbestimmungen zu fordern. So passt das nicht zusammen. (LhptmSt Dr Sepp Rieder: Es richtet sich gegen die Gemeinde!)

 

Aber ich bitte noch einmal, festhalten und darauf verweisen zu dürfen, dass es sich hier um ein außerordentlich komplexes Thema handelt, wobei es nicht darum geht, eine Sonderregelung für Wien zu finden, sondern darum, dass man zu einer Gesamtlösung kommt. Das ist ein Problem aller neun Bundesländer, wenn man das so sagen will, im Gegensatz zum Beispiel zu Fragen von Landes-Verwaltungsgerichtshöfen. Hier ist es jedenfalls ein Problem, weil diese Frage des Widerspruchs zur Gemeindeautonomie, die uns allen wichtig und heilig ist, nicht im hinreichenden Ausmaß geklärt ist. Das ist auch für viele andere nicht im hinreichenden Ausmaß geklärt, und es gibt sehr viele Verfassungsjuristen, die sagen,

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular