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Landtag, 17. Sitzung vom 27.11.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 27 von 66

 

bezieht – ist aufgefordert worden, sich beim Arbeitsamt als arbeitssuchend zu melden.

 

Das ist mir gänzlich schleierhaft, was man sich dabei gedacht hat, eine Mutter, die alleinerziehend ist und die zwei behinderte Kinder zu versorgen hat und sie natürlich auch zu Therapien begleiten muss et cetera, zu so etwas aufzufordern und den Bezug der Sozialhilfe daran zu koppeln. Ich denke, auch das sollte nicht mehr vorkommen.

 

Ich gehe weiter zum Bereich Pflegegeld. Hier gab es eine Novelle, die bewirkt hat, dass für den Bereich des Wiener Pflegegeldgesetzes das Parteiengehör der behinderten Menschen, der älteren Menschen, der PatientInnen muss man fast in so einem Fall sagen je nach dem was die Problemlage ist, abgeschafft hat. Das ist zunächst einmal - und da gibt es auch eine äußerst interessante und lehrreiche Passage aus rechtlicher Sicht im Bericht der Volksanwaltschaft - verfassungswidrig, weil hier die sachliche Rechtfertigung dafür fehlt, warum man das macht und man diese Vorgangsweise gewählt hat.

 

Es ist natürlich für die Betroffenen eine unzumutbare Situation, es trägt zu ihrer Verunsicherung bei, es trägt auch nicht dazu bei, dass ihr Vertrauen dem Amt gegenüber wächst. Sie müssen sich ja vorstellen, da weiß man ja auch nicht, ob die persönliche Situation sozusagen ausreichend gewürdigt wurde und welche Kriterien dann dazu geführt haben, dass man das bekommt oder nicht bekommt, oder in der entsprechenden Höhe und Stufe und es ist zudem auch, muss man sagen, insofern schwachsinnig, weil es natürlich bewirkt, dass die Gerichte mit mehr Fällen konfrontiert werden. Denn wenn sich Menschen in der Stadt ungerecht behandelt fühlen, vor allem bei Dingen, auf die sie einen Rechtsanspruch haben, ja no na net werden sie selbstverständlich dann die nächste Instanz anrufen, und es kann sicher nicht unsere Aufgabe sein, die Gerichte in der Stadt, Sozialgerichte, Arbeitsgerichte, mit Arbeit, mit zusätzlicher Arbeit sozusagen, zu belasten.

 

Mir ist natürlich bewusst, dass das Parteingehör unter anderem vielleicht deswegen abgeschafft wurde, weil es zuvor zu längeren Wartezeiten gekommen ist im Zusammenhang mit der Zuerkennung des Pflegegeldes, und auch das wird moniert, noch dazu in demselben Bericht der Volksanwaltschaft.

 

An sich wäre es ja rechtlich so, dass man das innerhalb von sechs Monaten bekommen soll, in Wien waren es aber 8 bis 10 Monate durchschnittlich, in manchen Fällen sogar eineinhalb Jahre, bis so etwas bearbeitet worden ist. Mag sein, dass man das Parteiengehör in diesem Zusammenhang abgeschafft hat, um die Verfahren zu kürzen. Aber wenn das der Grund war, dann muss ich Ihnen leider sagen, das war der falsche Weg. Vielleicht ist der Weg, mehr Personal, der bessere.

 

Aber jedenfalls, auf diese Art und Weise das zu bewerkstelligen, das möchte ich wirklich auf das Schärfste von dieser Stelle aus kritisieren und ich möchte ersuchen, die entsprechende Novelle ehebaldigst zu korrigieren und das Parteingehör hier wieder zu ermöglichen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Lassen Sie mich noch kurz auf den Bereich des KAV zu sprechen kommen und hier einen besonders traurigen und tragischen Fall ansprechen, den Fall eines älteren Herrn, eines älteren, dementiell erkrankten Herrn, der zu Hause gepflegt wurde, der heute noch leben würde, der irgendwann einmal ins Geriatriezentrum Am Wienerwald kommen musste, weil seine Gattin, die ihn liebevoll gepflegt hat, erkrankte und daher infolge einer Operation nicht imstande war, von einem bestimmten Zeitraum an, wohlgemerkt, sich um ihn zu kümmern, der einen ganz besonders starken Bewegungsdrang hatte und daher immer wieder ausgerissen ist, um es einfach zu formulieren, wo es seitens der Angehörigen mehrere Warnungen gegeben hat, dass das der Fall sein kann und dass man daher besonders auf ihn aufpassen muss. Nun, ja, falls Sie es nicht selbst gelesen haben, was dann passiert ist - das liest sich fast ein trauriger Roman im Bericht der Volksanwaltschaft - der alte Herr ist mehrmals weg gewesen, er ist mehrmals auch gefunden worden, teilweise auch außerhalb des Areals, teilweise auch irgendwo in der Stadt. An einem bestimmten Tag war er dann plötzlich weg und kam nicht mehr zurück und er wurde auch nicht mehr gefunden. Und das Allertraurigste ist, er ist erfroren. Er ist mit über 80 Jahren erfroren, und das war das Ende der Geschichte.

 

Was ich in diesem Zusammenhang anmerken möchte, ist allerdings eines, und da muss man schon, meiner Meinung nach, etwas aufpassen:  Nach wie vor ist der Bereich der Einschränkung der Mobilität von dementen Patienten ein rechtlich sehr bedenklicher Bereich, denn hier gibt es nach wie vor keine klaren und einheitlichen Richtlinien, wann jemand in seiner Mobilität eingeschränkt werden kann, unter welchen Bedingungen, wer soll das entscheiden, wer soll vor allem entscheiden, ab wann solche Mobilitätseinschränkungen eingeführt werden und vor allem, wann sie auch wieder beendet werden sollen.

 

Denn man weiß ja oft, dass gerade dementielle Zustände mitunter auch nach Schlaganfällen für eine bestimmte Zeit auftreten und dann können sie auch wieder verschwinden. Oder bei sozusagen altersdementen Patienten kann es sein, dass sie eine Zeit lang einen Bewegungsdrang haben, der sich dann aber auch wieder legt, und dann muss man sie auch nicht mehr einschränken.

 

Diese einheitlichen Richtlinien, meine Damen und Herren, brauchen wir dringend. Das heißt, wir brauchen hier dringend, dass der Bund handelt. Und ich möchte von dieser Stelle aus auch den Bund auffordern, das Heimaufenthaltgesetz dahingehend zu novellieren, dass solche Richtlinien geschaffen werden, denn es ist, wie gesagt auch in Wien und im Bereich des Krankenanstaltenverbund und selbstverständlich auch für die Ärztinnen und Ärzte und auch für die Pflegerinnen und Pfleger eine hochproblematische Situation, in diesem Graubereich agieren zu müssen.

 

Ich möchte auch abschließend in diesem Zusammenhang sagen, nun ja, ob das jetzt ein elektronisches System ist mit einem Armband oder ob es vielleicht nicht

 

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