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Landtag, 17. Sitzung vom 27.11.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 4 von 66

 

das extrem sinnvoll ist, wage ich ernsthaft zu bezweifeln.

 

Ich glaube, dass die aktuell Rechtslage, auf der Wien fußt, nämlich organisatorisch und finanziell gesehen als eine Gemeinde und als neuntes Bundesland, zweifelsohne eine sehr günstige Lösung ist; unbeschadet dessen, dass man selbstverständlich Diskussionen um Landesverwaltungsgerichtshof, Landesrechnungshof und Ähnliches auch führen kann. Aber ich bitte da – ähnlich, wie das bei anderen Themen auch ist, etwa bei der Direktwahl der Landeshauptleute – auch die Folgewirkungen und Auswirkungen auf die Rahmenbedingungen mit zu bedenken.

 

Aber auch das ist eine Diskussion, wo ich meine, wir können froh sein, dass wir, wirklich in diesen Zusammenhang gestellt, diese Beratungen im Rahmen des Konvents führen können. Denn die bisherigen Diskussionen, die man immer punktuell und einzelne Fragen herauspickend geführt hat, die Auswirkungen nicht bedenkend, die Präjudizien nicht bedenkend, so wie es in der Vergangenheit der Fall war – in vielfacher Hinsicht gilt das ja auch für das Perchtoldsdorfer Abkommen –, das habe ich ohnehin nicht für gut gehalten. Jetzt ist ein Zusammenhang gegeben, und das ist gut.

 

Präsident Johann Hatzl: Zweite Zusatzfrage: Herr Abg Dr GÜNTHER.

 

Abg Dr Helmut GÜNTHER (Klub der Wiener Freiheitlichen): Herr Landeshauptmann!

 

Sie haben gesagt, es ist immer punktuell diskutiert worden, und seit Jahren, man kann fast schon sagen seit Jahrzehnten, ist der Bundesrat in Diskussion. Jetzt gibt es als einen der Denkansätze einen Generallandtag, der in Diskussion steht.

 

Wie stehen Sie persönlich beziehungsweise als Vertreter des Landes Wien zu diesem Thema?

 

Präsident Johann Hatzl: Bitte, Herr Landeshauptmann.

 

Lhptm Dr Michael Häupl: Es gibt eine Fülle von Vorschlägen, die gemacht wurden zu dem Thema Bundesrat. Nicht allzu viele davon kann ich teilen, um das sehr offen zu sagen. Sowohl ein Generallandtag – es wären dabei alle neun Landtage in einem quasi Bundesrat zusammenzuführen – als auch die Idee, die Landeshauptleutekonferenz in den Bundsrat zu integrieren, entspricht meiner Vorstellung eines Zweikammersystems im Hinblick auf die Gesetzwerdung nicht. Vor allem Zweiteres nicht, weil es da aus meiner Sicht zu einer unzulässigen Verquickung von einer Exekutivfunktion, wie sie die Landeshauptleute ausüben, mit einer Legislativfunktion, wie sie der Bundesrat als solches darstellt, kommt.

 

Ich persönlich bin der Auffassung, dass der Bundesrat tatsächlich einer Aufwertung zu unterziehen ist, dass die Zusammensetzung noch direkter, als das bisher der Fall ist, durch Landtagswahlen bestimmt sein soll. Also ich meine, dass man sich durchaus überlegen kann, die Wahl als direkt personenbezogene Wahl zu gestalten und nicht nur rein aus dem Ergebnis der jeweiligen Landtagswahl selbst abzuleiten, und dass man zum Zweiten auch zu einer Aufwertung des Bundesrates im Hinblick auf den Gesetzwerdungsprozess selbst kommt. Das heißt, dass man über die derzeit aufschiebende Wirkung im Gesetzwerdungsprozess hinausdenkt.

 

Zweiteres würde natürlich ein ähnliches System bedeuten wie das in Deutschland. Ersteres nicht, denn die Ministerpräsidenten sitzen in Deutschland im Bundesrat, was eine Sache ist, die mir nicht besonders gut gefällt, weil sie keine saubere Gewaltentrennung darstellt.

 

Ich glaube, dass wir auch im Zuge der Diskussionen im Österreich-Konvent diese Frage erörtern sollten, denn die Alternative ist nun in der Tat die Auflösung. Wenn nämlich ein Gremium in einem Staatsgefüge keinen Sinn mehr hat und auch nicht sichtbar wird nach außen, außer durch skurrile Einzelentscheidungen, dann hat es natürlich seinen Zweck nicht erfüllt und muss sich einer Diskussion über seine Auflösung stellen. Ich persönlich würde das nicht für gut halten. Ich habe versucht, meine Vorschläge dazu unterzubringen. Entscheiden wird das letztendlich der Nationalrat.

 

Präsident Johann Hatzl: Herr Abg Chorherr.

 

Abg Christoph Chorherr (Grüner Klub im Rathaus): Herr Landeshauptmann!

 

Ich halte das für eine wichtige Diskussion. Vielleicht können wir uns auch einmal darauf verständigen, im Vorfeld hier im Landtag eine qualitative Diskussion über diese bewusst nicht populistischen grundlegenden Themen zu führen. (Der Redner hat Probleme mit einem übersteuerten Mikrofon. – Lhptm Dr Michael Häupl: Ein weiteres Beispiel dafür, dass du Technik studiert hast! – Lebhafte Heiterkeit.) Okay.

 

Erst zum Bundesrat und dann zu meiner Zusatzfrage. Meine Anregung war jetzt an die beiden hohen Herren, die hier stehen und sitzen, ob wir nicht vielleicht sogar einmal hier im Plenum eine Diskussionszwischenphase einlegen könnten, in der die unterschiedlichen Anschauungen zum Konvent, zur Verfassung und zur Verankerung der Bundesländer dargelegt werden.

 

Nun zum Bundesrat oder zu meiner Zusatzfrage. Vor die Alternative gestellt, ob ich für die Abschaffung des Bundesrates bin oder für das deutsche Modell, muss ich nicht lange nachdenken, um für Ersteres zu votieren. Den österreichischen Bundesrat zu einem quasi Blockademodell aufzuwerten – ich sage ganz bewusst "Blockademodell", unbeschadet der Zusammensetzung der derzeitigen deutschen Bundesregierung –, wo eine Regierung oder ein Parlament eine Richtung beschließt und dann ein politisch vielleicht anders zusammengesetztes so genanntes Ländergremium nahezu die Hälfte aller relevanten Beschlüsse blockieren darf und dann mit einem komplizierten Vermittlungsausschuss gearbeitet werden muss, ich glaube, das würde Reformen in einem Land wie Österreich – noch einmal: unbeschadet der Zusammensetzung – blockieren, was ich nicht für vernünftig halte. Also wenn das als Aufwertung des Bundesrats herauskäme, wäre ich aus meiner persönlichen Einstellung heraus – wir haben das intern noch nicht diskutiert – eher für die Abschaffung.

 

Eine Frage zu einem anderen Bereich, nämlich zu den sogenannten Persönlichkeitselementen des Wahlrechtes. Das würde ich dann sehr unterstützen, wenn

 

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