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Landtag, 11. Sitzung vom 13.12.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 47 von 90

 

hat. Es wären grundsätzlich auch ganz andere Modelle möglich, wie das britische Wahlrecht, und niemand wird sagen, dass Großbritannien nicht eine großartige Demokratie ist. Aber das wollen wir ja gar nicht.

 

Das Wahlrecht, so wie wir es in Wien haben, ist jedenfalls fair und durchaus korrekt. Es gibt auch Bundesländer, die genauso schon mit 47, 48 Prozent ÖVP-Mehrheit dann eine absolute Mehrheit gehabt haben.

 

Im Übrigen, weil Großbritannien genannt worden ist: Nehmen Sie sich einmal ein Beispiel, wie dort Debatten ablaufen, Kollege Pfeiffer, und das wäre sicher nicht schlecht.

 

In dem Sinn möchte ich sagen, dass dieses demokratiepolitische Paket ein sehr gutes Paket ist, dass wir im Sinn von Willy Brandt in Wien mehr Demokratie wagen und dass dieses Vorhaben sich sehr gut für das Zusammenleben in unserer Stadt auswirken wird. - Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Präsident Johann Hatzl: Zu einer tatsächlichen Berichtigung erteile ich Herrn Abg Dr Tschirf das Wort.

 

Abg Dr Matthias Tschirf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Präsident! Frau Stadträtin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Der Vorredner hat davon gesprochen, dass nicht drübergefahren wurde.

 

Es wurde tatsächlich drübergefahren, weil seit dem 5. März keine Gespräche stattgefunden haben, weil seit dem 5. März beispielsweise über diesen Vorschlag dieses merkwürdig skurrilen Rechtes unterschiedlicher Bezirksräte nie Gespräche geführt worden sind. (Abg Christian Oxonitsch: Sie haben schon im Jänner gesagt, Sie sind dagegen! Aus!) Es wurde drübergefahren, weil beispielsweise diese hier angesprochene Aussprache bei der Frau Stadträtin, wie ich mir berichten habe lassen, in nichts anderem gemündet hat als darin, dass dabei Entwürfe ausgehändigt worden sind, aber dass keine Gespräche stattgefunden haben.

 

Ich selbst kann mich erinnern, wie Wahlrecht in der Vergangenheit hier verhandelt wurde, in den Jahren 1995 und 1996, wo ich selbst in einem solchen Unterausschuss drinnen war. Beim StR Hatzl hat es einen korrekten Ablauf gegeben, den es hier eben nicht gegeben hat.

 

Und es ist auch ein Drüberfahren, wenn es ein Gutachten eines renommierten Verfassungsrechtlers gibt, des Prof Lienbacher, das wir der SPÖ übermittelt haben. Wir haben selber darüber gesprochen, und es ist einfach nicht darüber diskutiert worden. Das ist Drüberfahren!

 

Und das Zweite, wo ich auch eine tatsächliche Berichtigung machen muss, ist die Frage "faires Wahlrecht". Es gibt nirgends in Österreich eine solche Diskrepanz zwischen dem ersten und dem zweiten Ermittlungsverfahren wie in Wien. Und da möchte ich schon an den Kollegen Stürzenbecher appellieren, nachzulesen. Es war gerade der heute zu Anfang der Sitzung zitierte Landtagspräsident Danneberg in seiner Funktion als Verfassungssprecher der SPÖ im Nationalrat, der das Proportionalitätsgebot in die österreichischen Bundesverfassung aufnehmen ließ. Das heißt, Ihre Vorfahren haben dafür gekämpft. Heute geht es offensichtlich lediglich um die Erhaltung von Macht. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Präsident Johann Hatzl: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Verhandlungen sind daher geschlossen.

 

Die Frau Berichterstatterin hat das Schlusswort.

 

Berichterstatterin amtsf StRin Mag Renate Brauner: Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich kann es kurz machen. Es sind leider wenig inhaltliche Argumente gekommen in dieser Auseinandersetzung um die Frage des Wiener Demokratiepakets. Die ÖVP hat konsequent ihren Weg der inhaltlichen Diskussionsverweigerung, die sich ja schon im Unterausschuss abgezeichnet hat, fortgeführt.

 

Es wurde damals das Wahlrecht für Zuwanderer nur auf der Ebene Verfassung, nicht inhaltlich, diskutiert. Jugendwahlrecht, hat man gesagt, wir wollen keinen Wahlkampf in den Schulen. Das Argument, dass das sowieso verboten ist, wird ignoriert.

 

Genauso wie Kollege Pfeiffer in bewundernswerter Schwerhörigkeit die Frage meiner Fraktionskollegin, wie Sie denn das mit der ÖVP-Burgenland sehen, wenn das alles so fürchterlich ist, was hier passiert, ignoriert hat ... (Abg Gerhard Pfeiffer: Gemeindewahlrecht! Das sollten Sie wissen!)

 

Das tut mir Leid. Ich weiß aber jetzt auch, warum Sie die inhaltliche Debatte verweigern, denn Sie haben offensichtlich keine Argumente, denn die Argumente, die heute gekommen sind, dass das Wahlrecht ab 16 die jungen Menschen verstört, weil sie als "Männer und Frauen" bezeichnet werden, oder wenn man den Begriff "Migranten und Migrantinnen" verwendet, man - ich zitiere, ich habe es mir aufgeschrieben, weil ich so fassungslos war - "damit Recht und Ordnung untergräbt" - das sind Argumente, die wirklich schwer zu verstehen sind, Herr Kollege, da haben Sie Recht!

 

Und das Argument, dass, wenn Zuwanderer nicht zum Bezirksvorsteher gewählt werden können, das eine Diskriminierung sein würde und man sie deswegen gleich gar nicht wählen lässt, so nach dem Motto "wenn schon Diskriminierung, dann ordentlich" oder ich weiß nicht, wie ich das interpretieren kann, das halte ich für zynisch und für keine sachliche Auseinandersetzung. (Abg Heinz Christian Strache: Staatsbürger werden diskriminiert! Staatsbürger werden diskriminiert!)

 

Wissen Sie, was Diskriminierung ist, meine Damen und Herren? - Diskriminierung ist, wenn zum Beispiel für die Berechnung der Mandate in der Bezirksvertretung Zuwanderer und Menschen mit nichtösterreichischer Staatsbürgerschaft sehr wohl zählen und wenn es darum geht, Finanzmittel aufzuteilen und wir alle miteinander dafür kämpfen, dass Wien hier auch gut beteiligt wird, da zählen sie sehr wohl, aber reden sollen sie nicht dürfen! Das, sehr geehrte Damen und Herren, ist Diskriminierung und das wird heute beseitigt und da bin ich sehr froh darüber! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Zu dem Argument, das hier von beiden konservativen Parteien gebracht wurde, dass keine Zeit war und drüber gefahren wurde, so ist das natürlich eine Kritik, die sich

 

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