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Landtag, 9. Sitzung vom 27.06.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 19 von 49

 

Zwischenrufe bei der ÖVP und bei der FPÖ.)

 

Eines noch: Finanzminister Grasser ist in solchen Finanznöten mit dem Budget, aber für ihn war es überhaupt kein Problem, der Wirtschaft einen Freundschaftsdienst zu erweisen und ihr selbstverständlich zwei schöne Steuergeschenke in Verbindung mit der Abfertigung zu überantworten.

 

Präsident Johann Hatzl (unterbrechend): Herr Abgeordneter, Sie haben noch eine halbe Minute.

 

Abg Johann Driemer (fortsetzend): Ich komme zum Schluss.

 

Mit der Abfertigung Neu - ich gehe davon aus und sage das auch bewusst - haben die Sozialpartner trotz vieler Kritikpunkte und Probleme, die noch auszuräumen sein werden im Zuge der Einführung der Abfertigung, einen sozialpolitischen Meilenstein gesetzt. Das ist unbestritten. Jetzt haben alle die Möglichkeit, auch bei wechselnden Dienstverhältnissen ihre Abfertigungsansprüche mitzunehmen.

 

Wir haben ein faires gerechtes System geschaffen, an dem alle Arbeitnehmer partizipieren. Meine Damen und Herren! Das ist gelebte Arbeitnehmerinteressenpolitik! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Präsident Johann Hatzl: Zum Wort gelangt Abg Dipl Ing Margulies.

 

Abg Dipl Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident!

 

Vorweg eine Bemerkung, weil mir das in den vergangenen Monaten immer wieder auffällt: Wann immer eine qualifizierte junge Frau hier ans Rednerpult geht und spricht, kann sich anscheinend die Altherrenpartie nicht zurückhalten und pöbelt. (Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPÖ. - Zwischenrufe bei der ÖVP.) Es wäre meines Erachtens angebracht, dass Sie Ihr Verhalten in einer internen Klubsitzung einmal besprechen und dann auch entsprechend verändern. (Abg Gerhard Pfeiffer: Na klar, Sie qualifizieren das!)

 

Kommen wir jetzt zu Ihrem Geschenk. Schauen wir uns dieses kleine Rucksackerl an. Machen wir dieses Rucksackerl einmal auf und schauen wir, was drinnen ist. Na ja, was sehen Sie denn? (Abg Heinz Hufnagl: Nichts!) Ein bisserl heiße Luft. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) In etwa genauso ist es, wenn man sich die Überlegungen anschaut, die der Abfertigung Neu zugrunde liegen, wo ich als einzigen positiven Punkt tatsächlich empfinde, dass alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zum Anspruch der Abfertigung Neu kommen.

 

Wie war denn die Abfertigung ursprünglich einmal konzipiert? Das darf man in all diesen Verhandlungen meines Erachtens nicht vergessen. (Abg Dr Matthias Tschirf: Sagen Sie das drüben im Parlament!) Die Abfertigung war als am Ende eines Beschäftigungsverhältnisses auszubezahlender Lohnbestandteil konzipiert. Durch das Verhalten ganz, ganz vieler Wirtschaftstreibender ist es ständig dazu gekommen, dass sehr, sehr viele Werktätige um ihren Abfertigungsanspruch gebracht wurden, zum Beispiel durch Kündigungen, die zu Zeitpunkten ausgesprochen wurden, wo gerade noch keine Abfertigung anfällt, et cetera. (Abg Dr Matthias Tschirf: Genau das wird jetzt verhindert!) Das waren größtenteils die Unternehmer Ihrer Wirtschaftspartei ÖVP. Mit der jetzigen Abfertigung Neu haben Sie einzig und allein dazu beigetragen, dass längerfristig die Unternehmer entlastet und die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen belastet werden, denn Sie haben ihnen längerfristig einen Teil ihres Abfertigungsanspruchs gestohlen. Das ist die traurige Realität! (Heftiger Widerspruch bei der ÖVP und bei der FPÖ.)

 

Kommen wir zu einem nächsten Punkt, zu den Vorsorgekassen. (Abg Gerhard Pfeiffer: Ahnungslos! Ahnungslos! - Abg Dr Herbert Madejski: Nicht nur Schwachsinn, sondern ahnungslos!) Sie wissen, wenn man gerade auf dem freien Aktienmarkt darauf setzt, dass die Aktien schneller wachsen als die Wirtschaft, dann wird diese Spekulationsblase irgendwann einmal verplatzen. Puff! Gerade jetzt sieht man es: Börseneinbrüche, Pensionsfondseinbrüche, Aktieneinbrüche. (Abg Gerhard Pfeiffer: Ja, weil Sie Cross-Border-Leasing machen!) Selbst das angesparte Kapital ist für viele Leute in den USA schon wieder fast vernichtet.

 

Ist es, wenn Sie nach wie vor auf die Börse setzen, hingegen so, dass die Gewinne schneller wachsen als die Wirtschaft und dass deshalb die Aktienkurse steigen, dann kann doch dieses Wachsen der Gewinne nur auf Kosten einer einzigen Personengruppe gehen, nämlich der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, denen Lohn vorenthalten wird, wo rationalisiert wird, wo Arbeitslosigkeit geschürt wird et cetera. (Abg Gerhard Pfeiffer: Sie sind ja nicht in der Sowjetunion!) Und aus diesem Grund sage ich Ihnen hier ganz offen: Dieses Rucksackerl, das Sie heute hier im Namen der Bundesregierung an die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen verteilt haben, enthält nicht viel mehr als leere Luft. (Abg Gerhard Pfeiffer: Dem haben die Grünen zugestimmt im Nationalrat! Fragen Sie den Öllinger!) Wir werden uns daher noch ganz genau ansehen müssen, ob nicht mit dieser Abfertigung Neu in Wirklichkeit das von Ihnen lange gewünschte Abschaffen der Abfertigung begonnen wurde (Abg Dr Matthias Tschirf: Warum haben die Grünen im Parlament zugestimmt?), ob nicht mit dieser Abfertigung Neu der Einstieg in die betriebliche Pensionsvorsorge begonnen wurde (Abg Gerhard Pfeiffer: Ja!), damit - genau wie Sie es wollen - die staatlichen Pensionen und öffentlichen Pensionen reduziert werden können (Abg Gerhard Pfeiffer: Nein!), damit - genau wie Sie es wollen - diejenigen, die jetzt schon weniger Anspruch auf eine Pension haben, längerfristig noch viel weniger Anspruch haben! (Abg Dr Matthias Tschirf: Das ist ungeheuerlich, was Sie hier sagen!)

 

Ihre Zweidrittelgesellschaft, ich sage Ihnen das, Herr Tschirf, die lehnen wir ab, und wir werden uns immer dagegen einsetzen. - Ich danke sehr. (Beifall bei den GRÜNEN. - Abg Johannes Prochaska: Das war die lustige Stunde des Herrn Margulies! - Abg Gerhard Pfeiffer: Märchen aus der Sowjetunion!)

 

Präsident Johann Hatzl: Zum Wort gemeldet ist Abg Dkfm Dr Aichinger.

 

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