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Landtag, 9. Sitzung vom 27.06.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 8 von 49

 

kann es deswegen kurz machen.

 

Ich denke nicht, dass der Vorschlag zu dieser Novelle Bezirksräte erster und zweiter Klasse schafft, sondern es ergibt sich daraus ein Quantensprung in der Mitbestimmung und damit eine Verbesserung der Demokratie für alle.

 

Präsident Johann Hatzl: Erste Zusatzfrage: Herr Dr Tschirf.

 

Abg Dr Matthias Tschirf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Frau Stadträtin!

 

Wir haben immer darauf hingewiesen, dass dieses Ausländerwahlrecht auf Bezirksebene verfassungswidrig ist. Auch der ehemalige Leiter des Verfassungsdienstes, der so tragisch zu Tode gekommene Dr Ponzer, hat das bei gleicher Verfassungslage Anfang der Neunzigerjahre in einem Buch so geschrieben. Wenn Sie die verschiedenen Verfassungsrechts-Professoren in Österreich fragen, wird ein großer Teil diese Meinung teilen.

 

Im Vorfeld hat es die Diskussion gegeben. Ein einziger Professor des Verfassungsrechts hat Ihre Meinung vertreten, dass es verfassungsgemäß wäre, und zwar Prof Mayer. Die ÖVP hat daher in den Gesprächen im Unterausschuss zum Wahlrecht gesagt, wir sollten ein Hearing mit verschiedenen Professoren des Verfassungsrechts vornehmen. Das ist von Ihnen abgelehnt worden, und Sie haben still und heimlich ein einziges Gutachten eingeholt: das von Prof Mayer, der bereits Mitte Dezember einem Journalisten gesagt hatte, dass er diese Meinung hat.

 

Erfolgte die Auswahl von Prof Mayer auf Grund dieses Zeitungsartikels?

 

Präsident Johann Hatzl: Frau Stadträtin.

 

Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Erstens haben wir im Unterausschuss dieses Thema sehr lange diskutiert. Der Auftrag, den der Unterausschuss an meine zuständige Abteilung erteilt hat - oder ich habe ihn erteilt, und der Unterausschuss hat dies gemeinsam so diskutiert -, war, was an sich ohnehin eine Selbstverständlichkeit ist, aber auf Grund der Debatte extra betont wurde, nämlich dass eine gesetzes- und verfassungskonforme Novellierung vorzuschlagen und vorzulegen ist.

 

Es ist nicht richtig - aber darüber können wir lange streiten -, wenn Sie sagen, dass die Mehrheit der Verfassungsrechtler dies anders sieht. Ich erlebe das ganz anders und kenne auch die Diskussionen ganz anders. Wir haben eine Stellungnahme unseres Verfassungsdienstes im Hause eingeholt - na, ganz so würde ich nicht mit den Schultern zucken, es sind schon ziemliche Expertinnen und Experten, die wir dort sitzen haben, und ich bin stolz darauf, dass dort so gute Juristinnen und Juristen sitzen! - und auch dort ist festgestellt worden, dass mit den Einschränkungen, die wir jetzt vorgenommen haben, das Wahlrecht sehr wohl aktiv und passiv verfassungskonform ist.

 

Um uns aber nicht dem Vorwurf auszusetzen, dass das nur die Hausinternen sind, die es nicht wagen, das nach außen zu tragen, haben wir - und "wir" heißt in diesem Fall selbstverständlich: die Abteilung, in der die entsprechenden juristischen Expertinnen und Experten sitzen, und nicht ich, denn das traue ich mir nicht zu, so ein Gutachten in Auftrag zu geben; entsprechend den Diskussionen im Unterausschuss hat das die zuständige Abteilung gemacht - dieses Gutachten in Auftrag gegeben. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 

Das kann ich von den politischen Diskussionen sagen. Ich bin keine Juristin, aber ich nehme an politischen Debatten teil, und ich nehme unter anderem an den Sitzungen hier in diesem Hause teil. Ich darf nur einen, den Sie sicherlich auch kennen müssten, nämlich Prof Welan, in Erinnerung rufen, der hier, von dieser Stelle aus, bei unserer Festsitzung gesagt hat: Es ist höchst an der Zeit, dass dieses Haus über das AusländerInnenwahlrecht nachdenkt und dass hier eine Verbesserung - ich glaube, er hat die Formulierung verwendet: Ein Gesetz kann nur dann gut sein, wenn es gesellschaftliche Entwicklungen nicht negiert, sondern auch mitträgt und mit prägt. (Abg Gerhard Pfeiffer: Und die Gemeindewohnungen ...?) Auch er ist ja jemand, der in dieser Debatte einen sehr guten Ruf hat, und hat dieses AusländerInnenwahlrecht hier selbst befürwortet. Ich habe auch an einer anderen Podiumsdiskussion teilgenommen, in der er diese Position bestätigt hat.

 

Das heißt, es ist ganz sicher nicht so - das kann ich auch als Politikerin und Nichtjuristin feststellen -, dass unser Verfassungsdienst einsam auf weiter Flur eine Position vertritt und sonst niemand dies tut. Ich habe eher den Eindruck: ganz im Gegenteil! (Abg Gerhard Pfeiffer: Aber keine Gemeindewohnung! - Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 

Präsident Johann Hatzl: Zweite Zusatzfrage: Herr Abg GÜNTHER.

 

Abg Dr Helmut GÜNTHER (Klub der Wiener Freiheitlichen): Frau Stadträtin!

 

Prof Mayer geht in seinem Gutachten davon aus, dass hoheitliche Aufgaben von nichtösterreichischen Staatsbürgern nicht wahrgenommen werden können. Das betrifft den Bauausschuss, das betrifft die Kleingartenkommission, und das betrifft auch, ebenfalls von ihm dargestellt, den Bezirksvorsteher beziehungsweise Bezirksvorsteher-Stellvertreter. (Abg Gerhard Pfeiffer: Und keine Gemeindewohnung! - Abg Georg Fuchs: Keinen Anspruch auf Gemeindewohnung!)

 

Wovon er ausgeht, ist eines: Er geht davon aus, dass derzeit in Österreich bestehende politische Parteien auf ihren Listen Nicht-EU-Bürger auch an wählbarer Stelle haben. Wovon er nicht ausgeht - und das wird auch nicht beurteilt -, ist: Was ist, wenn in Österreich Listen erstellt werden, die ausschließlich von Nicht-EU-Bürgern beziehungsweise -Österreichern gestellt werden (Abg Gerhard Pfeiffer: Auch keine Gemeindewohnung!) und auch eine gewisse Größe erreichen? - Das heißt, diese Listen sind dann von den Bereichen Baurecht, aber bei einer bestimmten Größe auch von den Bereichen Bezirksvorsteher, Bezirksvorsteher-Stellvertreter komplett ausgeschlossen. Das ist wohl demokratiepolitisch nicht zu verstehen. (Abg Mag Christoph Chorherr: Ist aber schön scheinheilig, diese Argumentation!)

 

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