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Landtag, 6. Sitzung vom 30.1.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 60 von 64

 

erfolgt, werde ich sofort die zweite Lesung vornehmen lassen. - Ich sehe und höre keinen Widerspruch.

 

Ich bitte daher jene Mitglieder des Landtags, die dem Gesetz in zweiter Lesung zustimmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist die Mehrheit, mit Gegenstimmen der ÖVP und der GRÜNEN. Somit ist dieses Gesetz in zweiter Lesung mehrheitlich beschlossen.

 

Meine Damen und Herren! Es gelangt nunmehr die Postnummer 2 (PrZ 848/01-MDBLTG) der Tagesordnung zur Verhandlung. Sie betrifft das Ersuchen des Landesgerichts St Pölten um Zustimmung zur Verfolgung des Abg Volkmar Harwanegg wegen des Verstoßes gegen § 111 StGB.

 

Ich bitte die Berichterstatterin, Frau Abg Mag Wehsely, die Verhandlung einzuleiten.

 

Die Damen und Herren des hohen Hauses inklusive der Zuhörerinnen und Zuhörer ersuche ich, der Berichterstatterin die notwendige Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. - Bitte.

 

Berichterstatterin Abg Mag Sonja Wehsely: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Es liegt vor uns das Ersuchen des Landesgerichts St Pölten um Zustimmung zur Verfolgung des Abg Harwanegg wegen des Verstoßes gegen § 111 Strafgesetzbuch. Konkret handelt es sich darum, dass der Privatankläger Helmut Elsner einen Strafantrag eingebracht hat, dem folgender Sachverhalt zu Grunde liegt. In der Ausgabe 43 der periodischen Druckschrift "Format" steht unter der Überschrift "Stehen am Rande des Zusammenbruchs" ein Artikel, in welchem der Beschuldigte Volkmar Harwanegg über den Privatankläger Helmut Elsner mit den Worten zitiert wird: "Mir hat BAWAG-Chef Helmut Elsner vorgeworfen, dass ich die Medien über Interna informiere. Es wird gelogen und manipuliert." Der Privatankläger Elsner sieht darin einen Verstoß gegen den § 111 Strafgesetzbuch.

 

Die Mitglieder des Immunitätskollegiums haben am 15.1.2002 getagt und einstimmig beschlossen, an den Landtag den Antrag zu stellen, dass Kollege Abg Harwanegg nicht auszuliefern ist. Dem liegt eine unverbindliche Vereinbarung zu Grunde, die wir in Parteiengesprächen am Anfang der Legislaturperiode für diese Periode festgelegt haben, wonach wir bei Meinungsdelikten grundsätzlich nicht ausliefern und eine Auslieferung nur dann in Betracht kommt, wenn auf Grund der Äußerung eines Politikers die beleidigte Person in ihrer Existenz bedroht wird oder durch diese Aussage die Immunität grundsätzlich in Gefahr gerät, weil die Öffentlichkeit einfach nicht verstehen würde, wieso bei einer entsprechenden Aussage der Politiker geschützt ist.

 

Das ist jetzt beides nicht der Fall. Zu diesem Entschluss ist das Immunitätskollegium einstimmig gekommen. Ich ersuche Sie um Debatte und im Anschluss daran um Zustimmung zu diesem Antrag. - Danke schön.

 

Präsident Johann Hatzl: Ich danke der Frau Berichterstatterin. - Ich habe gesehen, dass es dazu Wortmeldungen gibt. Die Debatte ist somit eröffnet.

 

Als Erster spricht Herr Abg Ellensohn. Ich erteile ihm das Wort.

 

Abg David Ellensohn (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Die Berichterstatterin hat den Sachverhalt erklärt. Eigentlich wäre es ganz einfach: Das Immunitätskollegium hat einstimmig beschlossen, dem Gesuch nicht nachzukommen, es wäre also eine einfache Sache zu sagen, machen wir überhaupt keine Wortmeldungen. Aber alle Fraktionen haben sich zu Wort gemeldet. Das ist kein Wunder, weil es zumindest für die drei Oppositionsparteien spannend ist, wenn sich SPÖ-Harwanegg und SPÖ-Elsner ein kleines Match liefern und wir es uns erste Reihe fußfrei anschauen können.

 

Was bei der Berichterstatterin nicht vorgekommen ist, ist, was Herr Harwanegg mit dem "Abräumen" gemeint hat und was das "Format" im weiteren Verlauf dieser Geschichte aufgedeckt hat. Herr Helmut Elsner - laut "Format" der "Genosse Golfer" - hat einen Pensionsanspruch erarbeitet und im Jahr 2000 ausbezahlt bekommen, angeblich - laut Zeitungsberichten - in Höhe von 3,6 Millionen. Das hört sich nach nichts an, das sind aber Euro, es geht also um 50 Millionen S. Es ist schade, dass die vielen Bediensteten der Wiener Linien und andere Beamte jetzt nicht mehr da sind. Da könnten wir nämlich schauen, wie mit dem Geld umgegangen wird. Das ist BAWAG-Geld, das sind 50 Millionen S gewesen. (Abg Johann Driemer: ... Pensionskassengeld!)

 

Auch wenn rechtlich alles korrekt abgewickelt wurde, muss man sich überlegen: Was sind das für Verträge, die in SPÖ-nahen Institutionen ausgegeben werden? - Es geht um 50 Millionen S. Alle Abgeordneten hier haben in den letzten Tagen das Statistische Jahrbuch der Stadt Wien bekommen. Ein durchschnittlicher Wiener mit einem durchschnittlichen Einkommen arbeitet 45 Jahre lang und erwirbt sich dann einen Pensionsanspruch. In diesen 45 Jahren hat er im Jahresschnitt 17 500 EUR netto verdient. Das besagen die Zahlen aus dem Jahrbuch.

 

Dann kommt er in Pension und da ist er noch weit hinter dem, was Herr Elsner als Einmalzahlung für die Pension bekommen hat. Da sind dessen vorangegangene Gehaltszahlungen noch nicht mit eingerechnet, da ist noch nicht mit eingerechnet, dass er ein paar Jahre später neuerlich annähernd 1 Million EUR als Abfertigung bekommen wird, sondern da geht es ausschließlich um diese 50 Millionen S oder 3,6 Millionen EUR.

 

Jetzt hat dieser durchschnittliche Wiener oder die durchschnittliche Wienerin bis zum 65. Lebensjahr gearbeitet. Das ist lange, aber das werden wahrscheinlich einige von uns tun müssen. Er oder sie kommt jetzt in Pension - wie lange muss diese Person in Pension sein, bis sie das herinnen hat? Jetzt wird sie 90, 95, 102 Jahre alt, kommt als älteste Wienerin oder ältester Wiener ins Büchlein hinein, und es reicht noch immer nicht. Nun rechne ich aber zurück, und zwar zu einem Arbeitseintritt als 20-jährige Person. Da muss sie 192 Jahre alt werden, damit sie diesen Pensionsanspruch hereinbringt - das ist sozialdemokratische Politik in dieser Stadt!

 

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