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Landtag, 6. Sitzung vom 30.1.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 44 von 64

 

Unternehmens Krankenanstaltenverbund notwendig wären? Werde ich da kurz aus meinem desaströsen Tiefschlaf aufgeweckt und gefragt, ob ich jetzt meine Unterschrift zurückziehe, weil ich ja doch vorher unterschrieben habe, dass ich es ablehne, im Wiener Krankenanstaltenverbund behandelt zu werden? - Dumm gelaufen!

 

Warum eigentlich soll dem Patienten/der Patientin zugemutet werden, sich in eine Regelung zwischen Gemeinde Wien und ihre Ärzte mit einem jetzt sage ich einmal vorgeschobenen Patientenwunsch zu schalten, denn - und das ist mir jetzt in dem Zusammenhang wichtig - es ist zu berücksichtigen, dass die Wünsche von Patienten und Patientinnen berücksichtigt werden. Aber ich habe mit Primarärzten aus dem Krankenanstaltenverbund gesprochen und habe sie gefragt, ob sie diese Regelung so superklug finden. Einer davon hat mir sehr, sehr deutlich Folgendes gesagt: Aus seiner Erfahrung ist das Wichtigste für die Patienten und Patientinnen, dass sie einen Arzt ihres Vertrauens wählen können, das Spital gut ist und alle medizinischen Stückeln spielt, die sie brauchen, und dass sie auch, wenn sie Sonderklasse-Patienten und -Patientinnen sind, die dazu vorgesehenen Hotelqualitäten zur Verfügung gestellt kriegen. 

 

Nun frage ich Sie, geschätzte Kollegen von der Sozialdemokratie, Frau StRin Pittermann, Frau StRin Brauner: Wie können Sie eine Regelung vorschlagen, die so gegen das Interesse des Wirtschaftsbudgets der Gemeinde Wien, gegen das Interesse des Personals der Gemeinde Wien und oft auch gegen das Interesse der Patienten und Patientinnen gerichtet ist? - Jener Primararzt, mit dem ich gesprochen habe, hat mir sehr eindrucksvoll geschildert, dass es auch den Primarärzten, den Oberärzten, der Ärzteschaft insgesamt in sehr, sehr vielen Fällen lieber wäre, sie könnten diese Sonderleistungen in ihrem eigenen Haus erbringen, im Haus der Gemeinde Wien. Das würde auch schlicht und einfach bedeuten, dass das Geld der Gemeinde in der Gemeinde bleibt, dass es nicht eine Tendenz gibt, wo die Gewinne privatisiert und die Kosten sozialisiert werden. (StRin Karin Landauer: Sie sollten die Unterlagen genau lesen!) Nein, Frau StRin Landauer, was in der Unterlage ... (Abg Dr Elisabeth Neck-Schaukowitsch: Wer hindert sie denn?) Es hindert sie niemand, aber wenn die wirtschaftliche Situation so ist, Frau Stadträtin, dass es für einzelne Primarärzte immer noch lukrativer ist, nach draußen zu gehen und zu sagen, 100 Prozent Gewinn draußen, Abgabe innen, dann ist es logisch, nach draußen zu gehen. Für einen Patienten ist es ganz, ganz einfach zu sagen: Gut, dann unterschreibe ich halt diesen Zettel und ich nehme meinen Arzt und gehe in das Privatspital und lasse mich halt dort behandeln.

 

Sinn würde es doch machen, eine Regelung zu finden, in der es für Ärzte und Ärztinnen ein Anreizsystem gibt, die Sonderklasse-Patienten im Haus zu behandeln. Wenn dann jemand kommt und sagt, die Häuser der Gemeinde Wien sind nicht entsprechend ausgestattet, dort gibt es halt nicht die Hotelqualität, die notwendig ist, um die Patienten da zu behalten, dann sollten wir uns doch darüber Gedanken machen, wie wir das Geld im Wirtschaftsunternehmen Krankenanstaltenverbund halten können, um diese Hotelqualität auch beisteuern zu können. So aber ... (Abg Marianne Klicka: Das ist doch nicht entscheidend!) Nein, es ist nicht entscheidend, aber die Sonderklasse, Frau Kollegin, besteht darin, dass man Hotelqualität zur Verfügung gestellt bekommt und nicht eine bessere medizinische Versorgung. Und das sollte immer noch das Prinzip bleiben und ich fürchte, damit ist es sehr, sehr stark unterwandert.

 

Die Ärztekammer hat, wie gesagt, diesen Vorschlag gemacht. Ich komme wieder zu dem Brief vom 11.1. dieses Jahres zurück, wo die Ärztekammer der Gemeinde Wien gesagt hat: Es tut uns Leid, aber Ihren Vorschlag, die Möglichkeit der Nebenbeschäftigung von Ärzten und Ärztinnen von der wirtschaftlichen Frage und von einer Genehmigung abhängig zu machen, akzeptieren wir nicht. Machen wir stattdessen eine Regelung, wo der Patientenwunsch im Vordergrund steht und wo, wie gesagt, mit der Unterschrift unter diesem Formular bestätigt wird, dass man eine Behandlung im Unternehmen Krankenanstaltenverbund nicht wünscht. Gut, hat die Gemeinde Wien gesagt, das machen wir dann so. Auf diese Weise finden wir jetzt diesen Vorschlag in der Dienstordnung fast wortident mit dem Vorschlag der Ärztekammer. Das nun kann doch nicht Politik des Hauses sein!

 

Ein letzter Punkt noch zu den Fragen, die sich rund um diese Klausel ergeben. Eine Folge dieses Dokuments ist, dass die Ärzte diese unterschriebenen Formulare an ihren Dienstgeber weiterleiten müssen. Das heißt, es liegt auf, dass die Patienten diesen Wunsch geäußert haben, dass sie außerhalb des Krankenanstaltenverbunds behandelt werden wollen. Es ist die Frage, ob damit nicht datenschutzrechtliche Bestimmungen verletzt werden. Ich möchte auch nicht, dass Informationen über meine persönlichen Operationen oder meine persönlichen Behandlungswünsche irgendwo im Krankenanstaltenverbund deponiert werden.

 

Dazu kommt noch, dass sich die Ärzte und Ärztinnen eine äußerst lange Übergangsfrist, bis diese Regelung überhaupt in Kraft tritt, ausgehandelt haben. Sie ist bis 2007 anberaumt. Also, das hat noch einen sehr langen Vorlauf, bis überhaupt irgendetwas davon wirksam wird.

 

Was uns an dieser Dienstordnung auch nicht besonders gefällt, ist, dass es parallel dazu immer noch keine unterschriebene Regelung der Dienstzeit gibt, denn wir denken, wenn man ein neues Gehaltsschema, das auch in der Tat begrüßenswert ist, vorlegt, dann müsste gleichzeitig auch eine Aussage gemacht werden, wie die Dienstzeit künftighin zu regeln ist. Das sollte man als guter Verhandler aneinander binden, denn sonst hat man sozusagen das Zuckerbrot hergegeben und die Peitsche noch nicht. Eigentlich müsste das ein Package-Stil sein, eine gleichzeitige Verhandlung beider Punkte.

 

Zur Finanzierung dieses ganzen Budgets: Dieses sieht vor, dass von den Ärzten zwei Drittel selbst getragen werden, indem sie Einsparungen bei den Nachtdiensten und bei den Überstunden beisteuern. Dazu stellen sich natürlich auch Fragen.

 

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