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Landtag, 6. Sitzung vom 30.1.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 17 von 64

 

wahre Belastungslawine lostreten. Es wurde schon von meinem Vorredner angekündigt, dass die Versprechungen, die Sie in den letzten Monaten und Wochen hier getätigt haben, nicht dem entsprechen, was sich der Wähler von Ihnen erwartet hat. Sie haben uns, als wir vor einem Jahr einen Beschlussantrag auf Gebührenstopp gestellt haben, verhöhnt. Es gäbe dazu keine Veranlassung, es lägen keine aktuellen Anträge auf Erhöhung vor, hat der Finanzstadtrat im Mai 2001 erklärt.

 

Es gäbe keinen Antrag zum Thema "Gebührenerhöhung", haben Sie der Opposition gesagt, sie solle in Wien nicht ständig den Teufel an die Wand malen, was Gebühren- und Abgabenerhöhungen betrifft. Das war im Juni 2001.

 

Aber dann sprachen Sie bereits einmal von einer wirtschaftlichen Notwendigkeit für höhere Fahrscheinpreise. Sie haben die Tarifgestaltung im Herbst oder im Sommer des vergangenen Jahres den Wiener Linien überlassen. Dazu erklärte der Herr Finanzstadtrat, das sei kein Freibrief für Tariferhöhungen. Herr Finanzstadtrat, Sie haben im "Kurier" am 28. September 2001 erklärt: "Abgaben und Gebühren sollen 2002 nicht erhöht werden."

 

Wir haben, Herr Finanzstadtrat, von Ihnen in der Budgetrede im November des vergangenen Jahres hören müssen, dass dieser Budgetvoranschlag keine Gebührenerhöhungen oder Tarifsteigerungen voraussetzt und dass es einen klaren Auftrag des Bürgermeisters gäbe, trotz Steigerung der Inflationsrate, trotz Erhöhung der Personalausgaben, alle Möglichkeiten der Rationalisierung auszuschöpfen und nicht sozusagen automatisch Steuererhöhungen durchzuführen.

 

Heute klingt das anders. Ich nehme Sie beim Wort, führen Sie alle Rationalisierungen durch. Wir Mandatare haben alle dieses Buch "Die Verwaltung der Stadt Wien" von Ihnen, von der Gruppe Finanzverwaltung, bekommen. Über 300 Seiten beinhaltet es. Viele Beamte haben wahrscheinlich Tag und Nacht daran gearbeitet, um uns ganz wichtige Mitteilungen zu geben, zum Beispiel auf Seite 97: "Im Detail wurden auf den nachstehend angeführten Friedhöfen folgende größere Vorhaben ausgeführt: Umbau der WC-Anlage im 2. Stock, Friedhof Hütteldorf: Herstellung von 7 Grüften für 6 Särge, Simmeringer Feuerhalle: Unterofen des Ofens 3 wurde neu ausgemauert." Selbstverständlich ist das für die Einzelnen ein ganz wesentlicher Punkt, aber glauben Sie nicht, dass es hier Möglichkeiten der Einsparungen in der Gruppe Finanzverwaltung selbst gäbe? - Nein, Sie prüfen nämlich weiterhin die Erhöhungen, in denen es Ihnen darum geht, die Deckungen zu erhöhen. Sie sagen, es gibt so viele Bereiche in Wien, die nicht kostendeckend sind, und Sie sagen, Sie müssen das überprüfen.

 

Nehmen wir sie uns her. Um welche handelt es sich? - Es handelt sich hier auf der einen Seite um die Elternbeiträge für Kindertagesheime - die haben Sie selbst im Finanzausschuss angeführt -, Deckungsgrad 14 Prozent, es handelt sich um Gebühren für Krankenbeförderung, 22 Prozent, es handelt sich um Gebühren für die Benützung von Sportplätzen, 7 Prozent, es handelt sich um Gebühren für städtische Büchereien, 3 Prozent. Wollen Sie das alles erhöhen? Wollen Sie das alles anheben? - Dazu haben Sie sich noch nicht genau geäußert. Aber Sie haben sich schon konkret geäußert, Sie haben einen KWK-Zuschlag eingeführt, der den Wienerinnen und Wienern 960 Millionen S oder 70 Millionen EUR kostet. Sie werden die Wiener Linien um rund 10 Prozent erhöhen. Das bedeutet 430 Millionen S oder 31 Millionen EUR. Für die Bäder liegen 25 Prozent Erhöhung im Raum, 28 Millionen S oder 2 Millionen EUR. Die Müllgebühren wollen Sie im Juni 2002 erhöhen, Fehlbetrag 404 Millionen S oder 29,3 Millionen EUR. Beim Abwasser beträgt der Fehlbetrag 101 Millionen S oder 7,3 Millionen EUR, bei den Friedhöfen 71 Millionen S oder 5 Millionen EUR, bei den Abschleppgebühren 33 Millionen S oder 2,3 Millionen EUR.

 

Das bedeutet, Ihre Absichten lauten heute, Sie wollen die Wienerinnen und Wiener mit 2 Milliarden S oder 154 Millionen EUR zusätzlich belasten! Das bedeutet wiederum, den Tausender, den eine ehemalige Finanzstadträtin der österreichischen Bevölkerung einmal versprochen hat, werden Sie nun den Wienerinnen und Wienern, vom Kleinkind bis zum Alten, nämlich jedem, wegnehmen! Mehr als 1 000 S an Belastung bedeutet das pro Jahr! Das haben wir uns nicht verdient! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Präsident Johann Hatzl (unterbrechend): Sie haben noch 30 Sekunden.

 

Abg Mag Wolfgang Gerstl (fortsetzend): Meine Damen und Herren! Der Herr Finanzstadtrat hat einmal von einer Springflut von Steuer- und Abgabenerhöhungen gesprochen. Nein, das ist keine Springflut! Das ist ein Sunami, eine riesige Welle von unvergleichlicher Stärke, die hier auf die Wienerinnen und Wiener zukommt! Lassen Sie sich das ins Stammbuch schreiben! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Präsident Johann Hatzl: Zum Wort gemeldet ist Frau Abg Malyar. Ich erteile es ihr.

 

Abg Martina Malyar (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Die FPÖ hat eine Aktuelle Stunde mit dem Thema "Die neue Wiener Belastungswelle rollt an" auf die Tagesordnung gesetzt. Ich habe mir überlegt, was dafür eigentlich der Grund sein könnte. Warum setzt die FPÖ - wieder einmal, würde ich dazusagen - dieses Tagesordnungsthema an? - Ich habe vier Möglichkeiten gefunden.

 

Erstens. Warum ist das eigentlich aktuell in einer Aktuellen Stunde? - Wenn man die Politik in den letzten Jahren verfolgt, so hat die Wiener Belastungswelle schon längst begonnen. Sie hat allerdings einen anderen Ursprung, nämlich in der blau-schwarzen Bundesregierung. Sie ist schon vor zwei Jahren angelaufen. Sie haben aber völlig Recht, seither läuft eine riesige Belastungslawine über uns Wienerinnen und Wiener! (StRin Karin Landauer: Der Ursprung liegt in der sozialistischen Politik! Da können Sie reden, so viel Sie wollen!) Man muss sagen, wem man das zu verdanken hat, nämlich der blau-schwarzen Bundesregierung und ihren

 

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