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Gemeinderat, 44. Sitzung vom 22.11.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 56 von 91

 

diese Erkenntnisse, diese Flächen, die im AgSTEP definiert wurden, Eingang finden in den Stadtentwicklungsplan. Stadtentwicklung und Landwirtschaft sind zwei Dimensionen, die sehr stark im Spannungsverhältnis zueinander stehen. Denn wo Stadt entwickelt wird, ist das oft auf der grünen Wiese, sind meistens landwirtschaftliche Flächen davon betroffen, die diesem Stadtwachstum dann auch zum Opfer fallen. Umso wichtiger ist es, dass diese Flächen, die besonderen Schutz verdienen in der Landwirtschaft, auch im Stadtentwicklungsplan Berücksichtigung finden und auch dort ausgewiesen werden.

 

Ja, es gibt in dieser vorliegenden Neuauflage die erfreuliche Tatsache, dass wir mehr Flächen ausgewiesen haben, was sehr positiv ist, um diese Tendenz zu zeigen: den Stellenwert der Stadtlandwirtschaft in Wien. Aber - auch das wurde schon erwähnt - für mich ein Wermutstropfen ist das Gebiet Rothneusiedl, nicht nur aus landwirtschaftlicher Sicht, denn es ist für uns ein sehr, sehr wesentliches Gebiet, wo Landwirtschaft eine extrem starke Rolle spielt und auch ortsbildprägend, stadtbildprägend, charakterbildend ist für das Gebiet. Das einerseits, und andererseits die geplante städtebauliche Entwicklung, die wir auch mehrfach schon an dieser Stelle kritisiert haben, mit der wir per se auch nicht ganz glücklich sind, nicht zuletzt, weil dort eben landwirtschaftliche Flächen dem Stadtwachstum zum Opfer fallen. Was ich aber schon auch mitgeben möchte, ist ein Gedanke: Jetzt haben wir mit diesem strategischen Instrument, wenn man es nüchtern betrachtet, ein sehr technisches: Da werden Flächen kartiert, ausgewiesen, und diese Flächen dienen zum Schutz. Gut. Das ist ein wesentlicher Schritt zum Erhalt der Landwirtschaft. Aber aus meiner Sicht zählt nicht nur die Fläche allein, die ausweist, wie man mit der Landwirtschaft umgeht. Das kann eigentlich nur die Basis sein für das Wie. Für das Wie, wie man mit der Landwirtschaft umgeht, und dafür, ob sich Landwirtschaft in Wien willkommen fühlt oder nicht, ich nenne es einmal Kulturatmosphäre. Was meine ich konkret damit?

 

Die Landwirtschaft produziert ja nicht nur auf der Fläche, sie muss auch irgendwie dort hinkommen, das ist nicht nur ein statisches Betreiben einer Fläche, sondern da sind ganz viele andere Faktoren auch notwendig beziehungsweise gestaltet sich der landwirtschaftliche Alltag auf ganz unterschiedliche Weise. Es sind nur Kleinigkeiten - aber man hat das Gefühl, es werden doch Dinge beschlossen, sowohl auf Bezirksebene als auch vor allem auf Landesebene -, die der Landwirtschaft Steine in den Weg legen. Konkret meine ich zum Beispiel: Das Thema rund um die Parkraumbewirtschaftung für die Landwirtschaft. Dass das Parkpickerl für Traktoren ein großes Thema war, haben wir auch schon öfters diskutiert. Dass gerade Traktoren oder landwirtschaftliche Fahrzeuge nur bedingt im öffentlichen Raum stehen, aber selbst wenn sie zu Ladezwecken oder kurzfristig im öffentlichen Raum abgestellt werden, trotzdem ein Parkpickerl für sie gelöst werden muss. Das sind so kleine Bausteine, die der Landwirtschaft Prügel vor die Füße schmeißen. Ich glaube, das ist nicht notwendig. Auch Routengenehmigung für land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge: Das mag sperrig klingen oder auch ein bisschen weit vom Alltag, aber für Landwirtinnen und Landwirte sind das ganz wesentliche Faktoren, ob ihre Arbeit erleichtert wird oder umgekehrt eben erschwert wird. Wenn Routengenehmigungen von ihrer Gültigkeitsdauer von einem Jahr auf drei Monate reduziert werden, dann ist das ein zusätzlicher bürokratischer Aufwand, der Landwirtinnen und Landwirten zusätzlich die Arbeit erschwert. Aber auch, wenn es um das Betanken von landwirtschaftlichen Fahrzeugen geht, was die Bewässerung betrifft, die an Hydranten durchgeführt wird: Haben die dort die Möglichkeit, auch stehen zu bleiben - ja, nein? Das ist in vielen Fällen auch weggefallen oder ungünstig gelegt worden, sodass auch da landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge nicht mehr ordentlich zufahren konnten. Bis hin zu Zufahrten für landwirtschaftliche Fahrzeuge, Routenführungen, Einbahnführungen, die Wege erschweren, den Arbeitsalltag erschweren. Bis hin zum Thema Müll und Abfall - wie da die Stadt vor Ort kontrolliert und der Landwirtschaft unterstützend zur Seite steht, Stichwort Weingärten im Sommer, wenn dort viele Spaziergänger und Erholungssuchende unterwegs sind, und im Nachhinein dort ein hohes Müllaufkommen ist und die Landwirte damit auch allein gelassen werden.

 

Was möchte ich mit diesen Beispielen zum Ausdruck bringen? Landwirtschaft ist nicht nur etwas, was man fix auf einer Karte einzeichnen kann: Das wollen wir langfristig erhalten. Sondern es ist schon eine Frage des Umgangs, der Kultur, des Mindsets, wie man mit Landwirtinnen und Landwirten in der Stadt umgeht. Und das wirkt sich natürlich auch auf deren Gefühl aus, ob man jetzt erwünscht ist, ob einem der Arbeitsalltag erschwert wird oder nicht. Das gebe ich auch der Stadtregierung mit als Wunsch, dass man sich genau diese Punkte auch näher anschaut. (Beifall bei der ÖVP.)

 

In diesem Sinne zusammenfassend: Wir werden dem AgSTEP heute so zustimmen, wenn auch mit einem kleinen weinenden Auge, was das Gebiet rund um Rothneusiedl betrifft. Da sind wir nicht so glücklich damit, aber wichtig ist, dass landwirtschaftliche Flächen geschützt werden, langfristig geschützt werden, dass es auch in den Stadtentwicklungsplan mit einbezogen wird. Als Wunsch möchte ich, wie gesagt, mitgeben, dass dieses Atmosphärische, das Kulturelle auch berücksichtigt wird und sich die Landwirtinnen und Landwirte in der Stadt willkommen fühlen. Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, darf ich bei uns im Saal recht herzlich die Kaufmännische Schule des BFI Wien D1/DF begrüßen. Herzlich willkommen im Wiener Gemeinderat! (Allgemeiner Beifall.)

 

Sie erleben gerade eine Diskussion darüber, welche Flächen in Wien weiterhin landwirtschaftlich genutzt werden sollen und wie der Plan dazu aussieht. Und das wird uns jetzt der Kollege Holzmann weiter erläutern. - Bitte, Herr Gemeinderat, du bist am Wort. (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Oh bitte, dozieren! - GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara: Uuuuhh!)

 

15.11.46

GR Ernst Holzmann (SPÖ)|: Frau Berichterstatterin! Herr Stadtrat! Liebe Kolleginnen und Kollegen des Wiener Gemeinderats! Liebe Gäste, schön, dass ihr da seid!

 

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