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Gemeinderat, 25. Sitzung vom 28.06.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 98 von 106

 

Drei Krisenzentren wurden auf Grund von Personalmangel geschlossen. Das sogenannte Spezialkrisenzentrum, das Ende 2021 hätte eröffnet werden sollen, wurde bis heute nicht eröffnet. Mittlerweile, sagen die MitarbeiterInnen der Jugendhilfe, muss abgewogen werden, ob die Belastung der Kinder innerhalb der Krisenzentren höher sein könnte als in den Herkunftsfamilien und damit eine Krisenunterbringung dem Interesse des Kindes trotz Problemen in der Herkunftsfamilie widerspricht. Das ist ein Alarmsignal, Herr Stadtrat! (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

In den Krisenzentren sind statt 8 bis zu 13 und manchmal noch mehr Kinder untergebracht, die SozialarbeiterInnen in Krisenzentren betreuen gleichzeitig statt 40 Fällen, was angemessen und auch schon sehr viel wäre, bis zu 90 Fälle. Unter diesen Bedingungen kann man keine Gutachten mehr qualitativ hochwertig anfertigen, das liegt auf der Hand, dass da was getan werden muss. Deshalb stellen wir hiermit einen Antrag auf eine sofortige Aufstockung des Personals in der Kinder- und Jugendhilfe.

 

Konkret braucht es folgende Verbesserungen: Die Arbeitszeit muss auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich gekürzt werden, das Personal muss insgesamt aufgestockt werden, die Nacht- und Wochenend- und Feiertagszulagen müssen nach gearbeiteten Stunden abgegolten werden, das ist nämlich derzeit nicht so. Die Rufbereitschaft muss bezahlt werden, auch das ist derzeit nicht so, der Arbeitgeber muss regelmäßig verpflichtende Einzel- und Teamsupervisionen für seine MitarbeiterInnen bezahlen, auch das findet derzeit nicht statt. Die Anzahl der SpringerInnen und deren Stundenzahl für WGs und Krisenzentren und Regionalstellen muss aufgestockt werden, außerdem muss im Sinne eines Kinderschutzkonzeptes die Stelle der Kinderrechtsbeauftragten wieder geschaffen und zeitnah besetzt werden. Die Ausschreibung dafür soll natürlich, bitte schön, öffentlich erfolgen. - Das ist unser erster Antrag. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Unser zweiter Antrag: Sie erinnern sich sicher noch, wir alle haben das hier diskutiert, es gibt in letzter Zeit immer mehr Berichte über Missbrauchsverdachtsfälle in Bildungseinrichtungen und anderen Einrichtungen der Stadt, das heißt, in Einrichtungen und Institutionen der Stadt Wien oder die von der Stadt Wien gefördert werden. Wir alle wissen, grenzverletzendes Verhalten, Übergriffe und Gewalt können überall passieren, wo Erwachsene mit Kindern leben oder arbeiten, daher sind Qualitätsstandards und ein Kinderschutzkonzept für alle Institutionen, die mit Kindern arbeiten, unerlässlich. Ganz egal, ob es sich um einen Kindergarten, Schulen, Musikschulen, Freizeitvereine oder Sportvereine handelt, ein Kinderschutzkonzept, eine Kinderschutz-Policy ist ein Instrument, um Klarheit in Institutionen zu gewährleisten, was sie im Falle des Falles tun sollen.

 

Die aktuell vorhandenen Kinderschutzkonzepte in den Kinderbetreuungseinrichtungen der Stadt sind offenbar nicht mehr ausreichend. Das zeigt sich in den medial transportierten Vorfällen, im aktuellen Bericht der Kinder- und Jugendanwaltschaft wird das mehrmals erwähnt und als besonders dringlich herausgestrichen. Daher ersuchen wir mit unserem Antrag, die Einrichtung einer verbindlichen, umfassenden Kinderschutz-Policy in allen Einrichtungen der Stadt Wien, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, sofort einzurichten. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Auch im letzten Antrag geht es um die Kinder, die nicht zu Hause leben können. Wir fordern eine Erhöhung des Freizeitgeldes für Kinder und Jugendliche in sogenannter außerhäuslicher Erziehung. Und warum das? - Kinder und Jugendliche in außerhäuslicher Erziehung bekommen 11 EUR Freizeitgeld. Das heißt, sie können ein Mal in der Woche ins Kino gehen oder Jugendliche können damit drei Mal in der Woche ins Freibad gehen, auch darüber haben wir heute schon gesprochen. In einen Klub ausgehen können Jugendliche, auch wenn sie über 15 sind, nicht. Das würde nämlich durchschnittlich 12 EUR kosten.

 

Empfohlen wird bundesweit für Jugendliche ab 15 Jahren mindestens 54 EUR pro Monat, in Anbetracht der enormen Inflation und der Teuerung verliert ein fixes Taschengeld von nur 11 EUR stetig an Wert. Denken Sie daran, fremduntergebrachte Kinder und Jugendliche bekommen keine kleinen Extras im Alltag. Alle Dinge, vom Schokoriegel bis zum Matchboxauto, müssen sie selbst bezahlen. Es gibt keine Eltern, die beim Einkaufen mal etwas mitnehmen oder mal ins Kino einladen. Insofern ist der Betrag des Taschengeldes unbedingt höher anzusetzen. Ohne eigenes Geld können diese Kinder und Jugendlichen in ihren Peergroups nicht mithalten. Sie werden weiter ausgegrenzt, statt mit Freunden und Freundinnen soziale Kompetenzen aufzubauen, müssen sie zu Hause bleiben. Das führt zu sozialer Isolation oder gar zur Depression.

 

Wien ist verpflichtet, fremduntergebrachte Kinder und Jugendliche den Kinderrechten entsprechend zu versorgen. Geben Sie sich einen Ruck und erhöhen Sie das Freizeitgeld. Das ist eine scheinbar kleine Veränderung mit großer Wirkung für die Kinder, die nicht zu Hause leben können. - Herzlichen Dank. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Vielen Dank. Als nächster Redner ist Herr Amtsf. StR VBgm Wiederkehr gemeldet. Ich stelle Ihnen noch die 15 Minuten ein. Sie sind am Wort.

 

19.45.20

VBgm Christoph Wiederkehr, MA|: Vielen Dank, Frau Vorsitzende! Sehr geschätzte Gemeinderätinnen und Gemeinderäte!

 

Ich danke einmal für die angeregte und konstruktive Debatte. Nach zwei Tagen Rechnungsabschluss empfand ich diese Debatte jetzt als gut. Es gab sowohl Anregungen als auch den Rückblick auf Projekte, die wir in der Regierung verwirklicht haben, als auch einen Blick auf Herausforderungen. Da muss man ganz offen sagen, dass die Geschäftsgruppe und vor allem die Arbeit für die Bildungschancen und allgemein die Chancen der Kinder und Jugendlichen viele Herausforderungen mit sich bringen und wir es uns hier nicht gemütlich machen. Vor allem das Rechnungsabschlussjahr 2021 war für die

 

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