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Gemeinderat, 25. Sitzung vom 28.06.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 10 von 106

 

tech-Forschungsbereich überlegen, in eine Stadt zu gehen, die Angebote hat, dann ist es oft so, dass sie sich für Wien entscheiden, weil auch das Angebot von Kunst und Kultur hier ein außerordentliches und außergewöhnliches ist.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir durchleben gerade eine Zeit heftigster Krisen. Wir haben uns in den letzten Stunden auch hier im Wiener Gemeinderat ausführlich mit den unterschiedlichsten Krisen beschäftigt, man braucht das nicht zu wiederholen. Gerade aber in der Krise, wo in vielen, vielen Ländern gezwungenermaßen gespart werden muss, greift man oft zu Bereichen wie der Kulturpolitik, schiebt dort Investitionen auf, setzt Sparprogramme um, und das ist in Wien nicht geschehen.

 

Wir haben trotz der Krise keine Kürzungen zu verzeichnen, wir haben in vielen Bereichen spürbare Erhöhungen des Budgets. Wir haben auch, Frau Stadträtin, neue Förderschienen entwickelt wie etwa die Arbeitsstipendien, und darauf möchte ich ganz besonders hinweisen. Der Grundsatz des Fair Pay: Wo der Bund jetzt langsam beginnt, das zumindest in vagen Absichtserklärungen entsprechend zu berücksichtigen, hat das Fair Pay in Wien einen ganz, ganz zentralen Raum unserer Politik eingenommen. Viele Künstlerinnen und Künstler leben in außerordentlich prekären Verhältnissen, sind sozial nicht entsprechend abgesichert und haben die größten Schwierigkeiten, den täglichen Lebensunterhalt sicherzustellen. Wie kann man diesem Fair Pay auch einen Inhalt geben? Man kann ihm Inhalt geben, indem man Einzelförderungen erhöht, man kann diesen Inhalt aber auch realisieren, indem man bestimmten Institutionen auch entsprechende Mittel zur Verfügung stellt.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Philosophie der Kulturpolitik, die wir verfolgen, ist eine Philosophie der Kulturpolitik, die darauf aufbaut, dass es keine Barrieren gibt, dass der Zugang zu Kunst und Kultur ein leichter ist, dass es aber trotzdem eine kulturelle Szene oder ein kulturelles Angebot gibt, das von höchster Professionalität getragen wird, das aber trotzdem nicht so ist, dass Kunst und Kultur das Projekt für eine elitären Schickeria ist, sondern Kunst und Kultur muss das Projekt für alle sein. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

 

Es gibt immer wieder Diskussionen über die Freiheit der Kunst, und das ist in einem demokratischen System ganz logisch. Glauben Sie mir, es gibt viele Dinge, die mir in keinster Weise sympathisch sind, in keinster Weise gefallen, wo ich als Konsument auch nicht hingehen würde, mir das auch nicht anschauen würde, aber ich glaube, wir müssen uns selber wahrscheinlich oft auch überwinden, diese Freiheit der Kunst sehr breit zu sehen, weil sie ein ganz wesentliches Element der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit ist.

 

Künstler sind nicht einfach, Künstler sind oft sehr, sehr schwierig, und die Politik kann nur den Rahmen der Entwicklung abstecken. Was wir aber niemals tun dürfen, ist, den Künstlern vorzuschreiben, was sie tun sollen oder die Richtung vorzugeben. Die Richtung in Kunst und Kultur muss sich entwickeln, aber wir sind dafür da, diese Grundlagen und die Rahmenbedingungen sicherzustellen.

 

Der große Karl Kraus hat einmal gesagt: Der Künstler ist einer, der aus einer Lösung ein Rätsel machen kann. Das ist für uns nicht immer leicht zu verstehen, aber (erheitert) man muss sich auf die Rolle der Politik beschränken, die da ist: Wir schaffen die Rahmenbedingungen, wir schauen, dass du das gut machen kannst, aber wie du es machst, wenn nicht ganz etwas Dramatisches passiert, ist die Sache und die Freiheit, in der sich Künstlerinnen und Künstler bewegen.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, erlauben Sie mir, ein paar Punkte allgemeiner Natur zur Kulturpolitik anzusprechen. Ein wichtiger Teil ist die Erinnerungsarbeit. Ich brauche jetzt keinen großen Vortrag über Erinnerungsarbeit halten, Sie kennen die Zusammenhänge, die historischen Verpflichtungen, den Auftrag der Geschichte an die Gesellschaft der Gegenwart, da etwas zu tun.

 

Als Pädagoge sage ich Ihnen aber, ich möchte, gerade wenn es um den Kampf gegen Antisemitismus geht, immer eine Lösung haben, die zum Nachdenken anregt, eine Lösung, wo zum Beispiel der Fußgänger, der bei einer künstlerischen Kontextualisierung vorbeigeht, nachdenkt, was dort passiert. Irgendetwas weggeben, niederreißen, ja, da hat man zwei, drei Tage in den Medien eine entsprechende Resonanz, dann vielleicht zwei Wochen in der Community, die man eh gar nicht anzusprechen braucht, und dann ist das Thema weg vom Tisch. Ich möchte Lösungen haben, dass die Menschen, vor allem die jungen Menschen, wenn sie das sehen, wenn sie vorbeigehen, reflektieren, nachdenken. Nur über Bildung und Bildungsprozesse darüber nachdenken und neugierig machen, damit kann man einen wertvollen Beitrag gegen Antisemitismus leisten. Es gibt keinen anderen Weg, und daher, glaube ich, sollten wir diesen Weg auch wirklich gehen.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben den Rechnungsabschluss 2021, schauen wir zurück auf einige große Dinge, die da 2021 passiert sind. Ich möchte den Kultursommer hervorheben, mit einer Dauer von 40 Tagen, an 40 unterschiedlichen Orten, mit rund 2.000 Künstlerinnen und Künstlern, 1.000 Acts, die passiert sind. Heuer ist das bei der Basis.Kultur.Wien angesiedelt, in einer sehr professionellen Struktur, und ich bin eigentlich sehr guter Dinge, dass das in der Form fortgesetzt und wahrscheinlich sogar weiterentwickelt wird.

 

Im Bereich Wissenschaft hat ja die Stadt keine allzu großen Kompetenzen, dazu wird meine Kollegin Dr. Samel noch Stellung nehmen, aber auch da ist es gelungen, vor allem in einer ausgezeichneten Kooperation mit dem WWTF, fast 15 Millionen EUR zur Verfügung zu stellen. Erlauben Sie mir, da auch noch die Wiener Vorlesungen hervorzuheben, ein Projekt der Stadt Wien, das weit über die Grenzen der Stadt Wien hinausgeht, auch mit dem strategischen Medienpartner, dem ORF.

 

Im Bereich der darstellenden Kunst ist es gelungen, die Basisförderungen zu erhöhen, die Förderungen auch für die Großbühnen, wo man immer, und da gebe ich auch meinem Vorredner recht, mit einem kritischen Blick

 

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