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Gemeinderat, 21. Sitzung vom 30.03.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 43 von 94

 

wie wir sie seit dem Fall des Eisernen Vorhangs kennen, vom Tisch gewischt wurde. Und ja, die FPÖ nimmt sich da aus aus dieser Debatte und Diskussion, in unterschiedlichen Ausprägungen, die wir alle schon lesen und hören durften, auch hier heute, aber dass Sie zu den Putin-Verstehern und Russland-Freunden gehören, ist, glaube ich, aus allseits bekannten Gründen nichts Neues, ein Freundschaftsvertrag mit Russlands Partei spricht ja, glaube ich, klare Worte. Es war auch nur eine Frage der Zeit, wann die FPÖ hier auch anfangen würde, flüchtende Menschen nicht nur gegeneinander auszuspielen, sondern auch zu unterscheiden in gute und böse Flüchtende und jetzt auch in arme und reiche Flüchtende. Denn arme Flüchtende liegen uns zwar auf der Tasche, aber irgendwie haben die doch mehr Schutz verdient, aber reiche, die dann vielleicht hier bei uns irgendwo gut leben und selbst Geld haben, das geht gar nicht. (Zwischenruf.) Das, muss ich schon sagen, ist etwas widersprüchlich in Ihrer Argumentation, und ich bin mir auch sehr sicher, dass Kollege Nepp, der sich jetzt nachgemeldet hat, diese Debatte hier noch einmal befeuern und anheizen will. Das finde ich wirklich schäbig.

 

Wenn wir schon bei den Widersprüchen in sich sind: Kollege Krauss hat ja auch gemeint: Wie kann man jetzt hier Selenskyj so bejubeln, der spricht ja mit Oligarchen in seinem eigenen Land?! Und auf der anderen Seite stehen Sie hier als Russland-Versteher, als Parteigänger, die russische Freunde haben, auch Oligarchen, und mit denen reden! Also wie passt das zusammen? Sie verstricken sich hier in Widersprüche, die nicht nachvollziehbar sind, aber so machen Sie eben Politik.

 

Wie gesagt, ich freue mich sehr, dass wir diesen Antrag hier heute auf die Beine gestellt haben und dass sich alle der vier Parteien auch in der Textlichkeit wiedergefunden haben, denn wir müssen gemeinsam auch als Wiener Gemeinderat klar ausdrücken - das sehe ich als unsere Verantwortung, und darauf bin ich auch stolz, dass uns das heute gelingt -, was dieser Krieg bedeutet, was er für uns, für Europa bedeutet und welche Schlüsse wir daraus ziehen.

 

Präsident Putin hat der Ukraine nämlich das Recht auf Selbstbestimmung abgesprochen, genau diese Selbstbestimmung, die in den vergangenen Jahren auch dazu geführt hat, dass sich die Ukraine dem Westen annähert, dass sie sich annähert in Richtung Freiheit, in Richtung Marktwirtschaft, in Richtung Europäische Union. Diese Selbstbestimmung steht auf dem Spiel. Damit ist der Angriff Putin‘s ja auch ein Angriff auf unsere Werteordnung - das heißt nicht, dass wir nicht auch um unsere Heimat kämpfen, wie es Herr Kollege Kowarik ausgeführt hat -, aber ja: die Werteordnung, in der wir miteinander verbunden sind. Und da geht es auch um die Sicherheit Europas und damit auch um die Sicherheit Österreichs, über die jetzt in der Ukraine entschieden wird. Genau deshalb ist es auch eine Frage der Haltung, wenn wir über die Neutralität sprechen. Österreich als Teil der Europäischen Union muss klar Stellung beziehen, denn sonst ist es ein Aggressionskrieg, der hier schon gewonnen hat.

 

Unsere stärkste Waffe sind sicher die schärfsten Sanktionen. Nur gemeinsam können wir diese Sanktionen aufrechterhalten, und nur gemeinsam können wir auch die Unabhängigkeit Europas von russischem Gas sicherstellen. Denn klar ist: Sanktionen haben immer auch negative Auswirkungen auf einen selbst, auf Österreich in diesem Fall, aber das ist der Preis der Freiheit.

 

Die Energiepreise, die rasant steigen, werden uns nicht nur jetzt und in den nächsten Wochen, sondern noch viel länger begleiten. Das heißt, populistische Schnellschüsse sind eher nicht gefragt, sondern solche Sanktionen, die wir auch lange durchhalten können, und auch durchdachte Maßnahmen. Genau jetzt ist es auch an der Zeit, an einer Vision zu bauen für ein gemeinsames Europa, das diese Herausforderungen gemeinsam angeht und gemeinsam stemmt, mit einem klaren Auftrag: der Sicherung unserer Werteordnung, der Sicherung unserer Freiheit und der Sicherung unseres Friedens in Europa.

 

Das sind schwere Zeiten, auch für Österreich, aber wir werden gestärkt aus dieser Zeit hervorgehen, im Vertrauen darauf, dass wir und die Menschen in Österreich es auch schaffen, zu helfen und zu unterstützen.

 

Es gibt sogar in diesem Gemeinderat einige Personen, bei denen der Krieg in der Ukraine Erinnerungen wach werden lässt, einige von uns, die ebenfalls geflohen sind und in einer Situation waren, in der sie ihr Heimatland verlassen mussten. Sie sind nach Österreich geflüchtet und nach Wien gekommen und haben hier eine neue Heimat gefunden, in der sie sich entfalten konnten, verwirklichen konnten, in der sie glücklich und friedlich leben können. Wien hat den schutzsuchenden Menschen immer schon geholfen, hat damals geholfen, und das werden wir auch heute wieder tun.

 

Wir haben mit den bisherigen Maßnahmen den Ukrainerinnen und Ukrainern, besonders auch vielen Kindern, die nach Wien gekommen sind, Schutz und eine Unterstützung angeboten, die sie verdient haben und die sie zum jetzigen Zeitpunkt auch brauchen. Wir haben mit einem Ankunftszentrum dafür gesorgt, dass Schutzsuchende sofort medizinische und psychologische Erstbetreuung bekommen. Wir stellen in Beratungszentren Hilfestellungen rund um Wohnmöglichkeiten, Gesundheitsversorgung, Sicherstellung des Lebensunterhalts, Bildungsangebote, Beschäftigungsmöglichkeiten bereit. Es wurden sofort Pflege- und Gastfamilien gesucht und teilweise auch schon gefunden, um Kindern ein familiäres Umfeld und eine individuelle Betreuung zu bieten. Wir stellen elementare Bildungseinrichtungen zur Verfügung, ebenso wie Schulplätze, zum aktuellen Zeitpunkt schon über 1.000. Diese Kinder haben in ihrer Heimat Bildung genossen, und so sollen sie auch in Österreich das Recht auf Bildung haben. Wir sorgen für einen unbürokratischen und raschen Zugang zum Arbeitsmarkt, indem wir in einem ersten Schritt die Qualifikation der geflüchteten Menschen identifizieren und in einem zweiten Schritt potenzielle ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen in entsprechenden Plattformen zusammenführen wollen. Wir sorgen für Vereinfachungen und Nachsichten bei der Anerkennung von Ausbildungen, gerade

 

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