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Gemeinderat, 15. Sitzung vom 25.11.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 94 von 99

 

Verfolgung religiöser Minderheiten, wie die weltweite ChristInnenverfolgung. Als Stadt der Menschenrechte ist Wien eine sichere Heimat für religiöse Minderheiten, die sie im Rahmen ihrer Zuständigkeit vor Gewalt, Diskriminierung und Beschränkungen der Meinungsfreiheit gleichermaßen schützt. In Wien haben zahlreiche christliche Gemeinden, darunter die Aramäer, Kopten, Armenier und Syrisch-Orthodoxen eine neue sichere Heimat gefunden. In diesem Zusammenhang verurteilt der Wiener Gemeinderat alle aus religiösen Gründen getätigten Übergriffe und verbalen Akte gegen Gotteshäuser und als Gläubige erkennbare Personen. In formaler Hinsicht wird die sofortige Abstimmung beantragt.

 

Meine Damen und Herren, ich ersuche sie um Zustimmung zu diesem Antrag. -Herzlichen Dank.

 

Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Danke für den Antrag. Ich ersuche noch um Desinfektion, sobald die abgeschlossen ist, ist als nächste Sprecherin GRin Hungerländer zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.

 

19.42.46

GRin Mag. Caroline Hungerländer (ÖVP)|: Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Zwei Punkte habe ich mitgebracht, ich werde zuerst die Pflicht absolvieren und dann freudig zur Kür schreiten. Die Pflicht ist die Debatte zur Förderrichtlinie. Wir hatten das bereits im Ausschuss, ich habe gesagt, es ist eine politische Anmerkung, die wir haben, denn wir werden der Förderrichtlinie zustimmen. Der einzige Punkt, bei dem sich unsere Meinungen spießen, sind die Insichgeschäfte. Das ist der Punkt 7d des Entwurfs, den wir heute beschließen werden.

 

Warum ist das für uns problematisch? - Klipp und klar gesagt, weil Insichgeschäfte weiterhin möglich sind. Das müsste nicht so sein, denn sie hätten ja wohl die Möglichkeit gehabt, diesen Punkt anders zu lösen. Wir haben den Erlass vorliegen. In diesem Erlass sind zwei Möglichkeiten zur Lösung der Insichgeschäfte angegeben. Erstens: Kurz gesagt, sie werden verboten. Zweite Möglichkeit: Es werden Kriterien eingeführt, die die Vergabe dann verschärfen sollen. Sie haben sich für diese zweite Möglichkeit entschieden. Diese drei Kriterien, die drei Korrektive, die eingeführt werden, sind die Drittvergleiche, die genaue Dokumentation und die Zustimmung eines anderen vertretungsbefugten Organs. Ich denke doch, dass diese drei Kriterien in der Theorie hilfreich sind, sich in der Praxis aber nicht bewähren werden.

 

Das möchte ich anhand der beiden uns vorliegenden Beispiele herunterdeklinieren, nämlich dieses Konstrukt des Vereins Die Neuen mit der Alphaplus GmbH und zweitens das Konstrukt Kindergarten fun & care mit der Culina Sana GmbH. Ich weiß schon, dass nicht beide in den Bereich der MA 17 fallen, und nichtsdestotrotz ist es dasselbe Prinzip und muss deswegen aufgeschlüsselt werden.

 

Drittvergleich ist bei beiden Fällen mehr oder weniger problemlos möglich. Es geht nur darum, dass ein anderes Angebot, Vergleichsangebot eingeholt wird. Ich brauche nicht auszuführen, wie einfach so etwas möglich ist.

 

Zweiter Punkt, Dokumentation: Ja, da wären wir einen Schritt weiter, weil in beiden Fällen hat da weder die Politik, die Regierung noch der Magistrat eine Ahnung davon, dass es hier Insichgeschäfte gab. Es wäre also ein Fortschritt, wenn die Vereine bei Einreichung offenlegen würden, dass es Insichgeschäfte gibt. Die Frage ist nur: Passiert das? Kommt der Magistrat bei der Prüfung drauf, wenn es nicht passiert?

 

Dritter Punkt ist die Zustimmung eines anderen vertretungsbefugten Organs. Ich erinnere, dass bei dem Verein Die Neuen die zweite vertretungsbefugte Person eine Verwandte des Vereinsobmannes ist. Es ist also nicht allzu schwer, diese zweite Zustimmung einzuholen. Das wirkt deswegen etwas zahnlos als Kriterium. Wir sehen also, in der Praxis wird sich nichts ändern, und zwar weder, was die bereits bestehenden Vereine mit Insichgeschäften betrifft, noch, was künftige Vereinsförderungen betrifft. Machen wir die Gegenprobe: Was passiert, wenn der Magistrat draufkommt, dass es Insichförderungen gibt? Was passiert, wenn ein Verein das nicht angibt und man im Nachhinein draufkommt? - Nichts. Es sind keine Sanktionen niedergeschrieben, das bedeutet: keine Sanktionen, keine Handhabe.

 

Ich persönlich halte das für politisch ungeschickt gelöst. Erstens, weil sich der Herr Stadtrat damit regelmäßig in einer politischen Debatte wiederfinden wird, nämlich immer, wenn es zu Insichgeschäften kommt, zweitens, weil auch die Magistratsarbeit dadurch erschwert wird. Sie haben keine klaren Regeln, sie müssen sich jedes Mal rechtfertigen, wenn sie dort, wo es zu Insichgeschäften kommt, Förderungen erteilen. Ich sage ihnen ganz ehrlich, ich schaue mir an, wie sie, Herr Stadtrat, oder der Magistrat, ein Insichgeschäft von einem roten, erzroten Fördernehmer aufkündigen. Das halte ich für nicht realistisch, da machen Sie sich das Leben selber schwer.

 

Aus diesem Grund ist für uns unverständlich, warum Sie die Insichgeschäfte nicht per se verbieten, warum Sie nicht den achten Punkt, 8d, aus dem Erlass nehmen, der sagen würde: Insichgeschäfte von vertretungsbefugten Organen der Fördernehmerin beziehungsweise des Fördernehmers sind nicht zulässig.

 

Diese Möglichkeit hätten sie politisch gehabt. Ich gehe davon aus, dass Sie sich noch zu Wort melden werden, Herr Stadtrat, und uns das erklären werden, warum da ein anderer Weg gewählt wurde.

 

Jetzt komme ich aber zur Kür, zum erfreulichen Punkt, den für mich erfreulichsten Punkt des heutigen Tages, nämlich, dass wir gemeinsam einen sehr wichtigen und sehr schönen Antrag beschließen. Ich habe Ihnen Jahr für Jahr von den Auswirkungen der weltweiten Christenverfolgung erzählt. Aus Zeitgründen und auch aus Konsensusgründen lasse ich das heute. Ich denke, Sie alle sind ausreichend sensibilisiert, Sie alle wissen, worum es geht. Ich möchte festhalten, dass der heute beschlossene Antrag für die in Wien lebenden christlichen Gemeinden ein ganz wertvolles, wichtiges Zeichen ist. Es ist für sie ein Schritt mehr, zu Hause zu sein, ein Schritt mehr, willkommen zu sein und ein Schritt, um sicherer zu sein. Ich war selten so stolz darauf, Wienerin zu sein, wie am heutigen Tag, mit diesem heutigen Beschluss. - Ich danke schön.

 

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