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Gemeinderat, 15. Sitzung vom 25.11.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 41 von 99

 

Kosten, die nicht ersetzt werden, die zum Teil ja auch noch nicht einmal erkannt werden.

 

Dementsprechend haben wir heute in der Früh in der Fragestunde schon darüber gesprochen: Der Ruf der Pflege, der SozialarbeiterInnen, der ElementarpädagogInnen ist besonders laut, denn ihr Einsatz ist hoch, ihre Kosten sind hoch. Wo ist aber der Ersatz für ihre Kosten? Wo ist der Ersatz für Einsatz, wo bleibt die höhere Bezahlung für diese Mehrarbeit, für die SystemarbeiterInnen in der Pandemie? Da sind wir noch einiges schuldig.

 

Judith Pühringer hat es heute auch schon angesprochen, und als Feministin muss man natürlich schon auch wirklich fragen: Wo sind die Finanzierungstöpfe für die gestiegene unbezahlte Care-Arbeit, die insbesondere in der Pandemie von den Frauen geleistet wird? Ich verstehe eigentlich auch, dass sich manche Homeschooling-Moms und -Dads fragen: Wo ist denn mein Corona-Bonus? Wo ist mein Corona-Bonus, wenn ich diese Arbeit jetzt übernehme?

 

Es sind also viele, viele Kosten und Finanzierungslücken, die sich aus der Vergangenheit zeigen, und das Brennglas Pandemie zeigt, dass es nicht einfach Lücken sind, sondern mittlerweile ziemlich große Löcher, um die wir uns kümmern müssen.

 

Ich möchte den Ruf der Pflege hören und hoffe, wir alle hören den Ruf der Pflege nach besserer Bezahlung, dass wir den Pflegekräften wirklich jetzt helfen müssen und die Problemlösungen nicht weiter in die Zukunft verschieben können, sondern die Probleme jetzt angehen müssen. Es gibt Lösungen, die wir heute schon durchführen können, wozu wir nicht langfristige Organisationsanalysen betreiben müssen. Ich verstehe das natürlich, und es ist auch sinnvoll, dass man das macht, aber man kann in gewissen Bereichen auch ganz schnell helfen.

 

Für meine Grüne Fraktion bringe ich daher heute einen Vorschlag für eine schnelle Lösung ein, die auch Wien machen kann, einen Fünfpunkteplan, wie PraktikantInnen in Pflegeberufen besser oder überhaupt bezahlt werden können.

 

Bevor ich ein paar Worte dazu verliere, warum wir diese Lösung brauchen, noch einmal ein Blick darauf, was sich im Praktikumsleben von Pflegeauszubildenden derzeit abspielt. Ich weiß nicht, ob Ihnen das bewusst ist: Wer eine Pflegeausbildung macht, muss - das ist im Curriculum vorgesehen - viele, viele Wochenstunden Praxis machen. Das ist ja gut und richtig und sinnvoll. Das ist ja unbestritten. Wenn wir aber schauen, wie Praktika beispielsweise im Gastgewerbe oder in der Industrie oder in anderen Bereichen oder auch für Lehrlinge, die machen ja auch eine Ausbildung, oder bei der Polizei ausschauen, dann sehen wir, dort wird diese Zeit bezahlt. Dort wird diese Zeit bezahlt, weil es natürlich sowohl eine Ausbildungszeit, aber auch eine Arbeitszeit ist. Und in der Pflege gibt es das nach wie vor nicht.

 

Pflegefachkräfte sind auf freiwillige Leistungen angewiesen. Der WiGev macht das zum Teil, aber es gibt kein Recht darauf und die Höhe dieser Entgelte ist auch sehr gering.

 

Es braucht die Wertschätzung für den Pflegeberuf. Ich glaube, wir sind uns alle einig, wir brauchen mehr Pflegekräfte. Wir brauche Pflegekräfte, die nicht nur enthusiastisch den Beruf beginnen und dann bald aufhören, sondern wir brauchen Pflegefachkräfte, die in dem Beruf auch bleiben. Ich hoffe, wir sind uns einig, dass diese jungen Menschen von Anfang an Wertschätzung brauchen und wir damit diesem Beruf, dieser Arbeit die entsprechende Stellung geben, die sie ja hat und haben soll.

 

Darum haben wir eben einen Antrag mit fünf Punkten formuliert, die Folgendes beinhalten: Wir fordern ein Praktikumsgeld in der Höhe von 750 EUR pro Monat. Unsere Idee ist, dass man dazu im Wiener Bedienstetengesetz entsprechende Bestimmungen formulieren könnte, damit daraus auch ein Rechtsanspruch entsteht.

 

Wir möchten, dass es auch sozialrechtliche Absicherung für Leute gibt, die den Pflegeberuf erlernen. Ich weise noch einmal darauf hin, dass sie verpflichtet sind, Berufspraktika zu machen. Sie sollten diese Zeit auch im Arbeitslosen- und im Pensionsversicherungsgesetz entsprechend anerkannt bekommen.

 

Wir haben auch eine Idee, dass Kostenersätze für beispielsweise nicht bezahlte Impfungen, für Zeugnisse oder Strafregisterauszüge, die erbracht werden müssen, oder sonstige Gebühren erlassen werden könnten beziehungsweise übernommen werden könnten - das ist der richtige Ausdruck. Was uns auch ganz wichtig ist, ist, dass, auch wenn es zu einer Abgeltung der Arbeit während Praktika kommt, nicht durchs Hintertürl vollwertig ausgebildete Personen durch PraktikantInnen ersetzt werden.

 

Wir wollen mit diesem Fünfpunkteplan also verhindern, dass PflegepraktikantInnen in ihrer Ausbildung weiterhin als unbezahlte Arbeitskräfte ausgebeutet, missbraucht werden. Wir wollen Rechte, wir wollen eine finanzielle Absicherung, denn diese Menschen leisten Doppelt- und Mehrfacharbeit. Sie machen ein Studium, sie arbeiten, sie haben vielleicht auch Familie. Der Pflegeberuf kann durchaus attraktiviert werden, indem wir einfach einmal bei der Pflegeausbildung anfangen und den Praktikantinnen und Praktikanten ein Unterstützungspaket bieten. Ich hoffe sehr, dass Sie diesem Antrag zustimmen werden.

 

Ich möchte, bevor ich ganz zum Ende meiner Rede komme, nicht nur über Kosten reden, wie ich das eingangs gemacht habe, sondern auch über den Gewinn, den wir als Gesellschaft, als Kollektiv aus dieser Pandemieerfahrung ziehen könnten, und es wird ein Gewinn sein, wenn wir diese Krise erfolgreich bewältigen.

 

Aus heutiger Sicht zeigt sich, dass es nicht ein Leben ohne Virus, sondern ein Leben mit diesem Virus geben wird. Die Frage ist, wie wir dort hinkommen. Schaffen wir als PolitikerInnen hier im Wiener Gemeinderat, wir als RepräsentantInnen der Wiener Bevölkerung, eine solide Basis, um für Solidarität, für Zusammenhalt, für Zusammenstehen und auch für das Aushalten von Differenzen als Vorbild zu dienen? Ich wünsche es mir wirklich sehr, und ich glaube, der Gewinn, den wir damit schaffen können, ist unbezahlbar. Es ist Zeit, dass wir begründete

 

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