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Gemeinderat, 13. Sitzung vom 22.09.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 60 von 118

 

noch einmal gute Besserung, sofern sie uns zuhört, auf diesem Weg!

 

Ich möchte gleich zu Beginn auf den Akt, der uns vorliegt, eingehen, nämlich betreffend die Autonomen Österreichischen Frauenhäuser, die ja seit Jahrzehnten ganz, ganz wichtige Arbeit im Bereich des Gewaltschutzes leisten. Ich durfte mit ihnen auch schon bei der Kampagne und bei der Allianz Gewaltfrei leben zusammenarbeiten, weil wir als AMS das auch unterstützt haben, weil Männergewalt und sexuelle Belästigung im Arbeitskontext doch sehr oft vorkommen. Wir waren sehr froh, dass wir sie an unserer Seite hatten. Auch an dieser Stelle ein herzliches Danke an die Autonomen Österreichischen Frauenhäuser für ihre Arbeit, denn ohne diese ehrenamtliche feministische Arbeit wäre vieles nicht möglich.

 

Deswegen stimmen wir natürlich auch diesem Akt zu. Die „Informationsstelle gegen Gewalt“ verfolgt im Wesentlichen zwei Ziele, nämlich zum einen die Prävention von Männergewalt gegen Frauen und Kinder und zum anderen die effektive Kooperation aller gesellschaftlichen Institutionen in diesem Bereich. Von dem her ist es klar, dass wir zustimmen, weil wir eben auch diese Ziele unterstützen.

 

Leider können wir über das Thema Männergewalt an Frauen nicht sprechen, ohne auch wieder über einen Frauenmord - den zweifachen Frauenmord, der letzte Woche passiert ist - sprechen zu müssen. Es ist wirklich unerträglich, dass wir de facto jeden Monat und in jeder Gemeinderatssitzung über dieses Thema sprechen müssen. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber mir setzt dieses Thema auch wirklich persönlich sehr zu, weil es einfach ein Wahnsinn ist, dass Männer Frauen töten, weil sie Frauen sind.

 

Fast die Hälfte dieser 21 Frauenmorde, die in Österreich verübt wurden, wurden in Wien verübt. Gerade letzte Woche wurden eben zwei Frauen gleichzeitig ermordet. Ihre Namen waren Shukri und Fadumo. Beide Frauen waren Teil der somalischen Community, und eine der ermordeten Frauen hinterlässt leider auch eine verwaiste Tochter. Erneut handelt es sich bei dem mutmaßlichen Täter um den Partner beziehungsweise um den Ex-Mann der Opfer, und eine von den Frauen hat auch bei der Caritas Wien gearbeitet und war eine Frau, die sich für andere Frauen eingesetzt hat und für Gleichberechtigung gekämpft hat. Ich muss wirklich sagen, es bricht mir das Herz, dass diese Morde nicht verhindert werden konnten.

 

Um den Blick auf die Debatten zu richten, die leider immer mit den Frauenmorden einhergehen: Ich muss wirklich sagen, ich bin es mittlerweile eigentlich schon leid und es ärgert mich auch sehr, dass wir jedes Mal über die Ablenkungsmethode sprechen müssen, nämlich dass das Problem immer ethnisiert wird und immer vom eigentlichen Problem abgelenkt wird. Was das eigentliche Problem betrifft - und wir werden nicht müde, das immer wieder zu sagen -, so gibt es unabhängig davon, welche StaatsbürgerInnenschaft die mutmaßlichen Täter haben, zwei ganz große Gemeinsamkeiten. Erstens: Die mutmaßlichen Täter sind Männer, die Frauen getötet haben, weil sie Frauen sind. Es handelt sich bei den Femiziden, also den Frauenmorden, um geschlechtsspezifische Gewalt und die extremste Form der Machtausübung von Männern gegenüber Frauen. Zweitens: Alle Täter standen in einem ehemaligen beziehungsweise immer noch bestehenden Naheverhältnis zu den Opfern. Das männliche Besitz- und Anspruchsdenken geht in dieser Vorstellung von der Männlichkeit davon aus, dass Männer glauben, über Frauenkörper verfügen zu können, als wären sie ihr Privatbesitz. Somit bleibt der soziale Nahbereich nach wie vor, immer noch und weiterhin der gefährlichste Ort für Frauen.

 

Zusammenfassend kann man also sagen: Das kulturelle Problem heißt Patriarchat. Es handelt sich hier um ein gesellschaftliches Herrschaftssystem von Männern für Männer, ein System, das Gewalt gegenüber Frauen ausübt, damit Männer weiterhin an der Macht bleiben. Das Problem heißt toxische Männlichkeit, also die Vorstellung, dass Männer über Frauen verfügen können. Und nein - wir müssen es wirklich immer wieder sagen -, wir verschließen die Augen nicht vor dem Problem, man macht es sich nur zu einfach, wenn man das Problem die ganze Zeit nur ethnisiert und nicht auf die gesamtgesellschaftlichen Problemstellungen im Patriarchat hinweist, denn das führt wiederum dazu, dass es eben keine tiefergreifende Auseinandersetzung mit dem sehr, sehr weit verbreiteten Problem der Männergewalt gibt und dass sich Männer wieder zurücklehnen können - übrigens auch Männer mit österreichischer StaatsbürgerInnenschaft - und sich nicht die Frage stellen müssen: Was ist eigentlich ihr Anteil an diesem gewaltvollen System, und was könnten sie eigentlich konkret machen, um dieses Problem zu beheben?

 

Das Einzige, was etwas gegen diese Männergewalt gegen Frauen und etwas gegen Femizide bewirken kann, ist eine ganz, ganz aktive und fortschrittliche Frauenpolitik, eine feministische Politik, die die vollständige Gleichstellung der Geschlechter verfolgt und Frauenpolitik zur obersten Priorität macht, eine feministische Politik, die sich im Bereich Gewaltschutz und -prävention endlich am internationalen Abkommen der Istanbul-Konvention orientiert.

 

Genau diese Politik, genau die feministische Politik aber lehnen ÖVP und FPÖ ab. Nicht umsonst hat die letzte türkis-blaue Regierung zum Beispiel das Frauenbudget gekürzt, nicht umsonst schweigt die Frauenministerin Raab bei den Frauenmorden, vor allen Dingen, wenn die Täter Österreicher und die Opfer Migrantinnen sind. Nicht umsonst ist Susanne Raab eine Frauenministerin, die sich bewusst - und das muss man sich einmal vorstellen - nicht als Feministin bezeichnet. Nicht umsonst stellen sich die ÖVP und die FPÖ seit Jahrzehnten gegen Maßnahmen, die die ökonomische Situation der Frauen nachhaltig verbessern würden, und gegen die ausreichende Finanzierung von genau jenen Frauenvereinen im Integrationsbereich, die jeden Tag wichtige und wertvolle Arbeit leisten. Nicht umsonst sparen ausgerechnet diese Parteien bei den Mitteln für Integration, und dann stellen sie sich noch groß her und instrumentalisieren die Frauenmorde für ihre rassistische Propaganda. Schämen Sie sich!

 

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