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Gemeinderat, 71. Sitzung vom 30.06.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 88 von 110

 

wie zum Beispiel genügend KindergartenpädagogInnen und genügend Angebote in den Kindergärten zu machen, dann ist der Bund schuld, und umgekehrt sagt der Bund, es ist Sache der Gemeinde Wien. Nein, da muss man an einem Strang ziehen, sonst haben wir noch größere Katastrophen zu erwarten, die wir ohnedies erwarten müssen, denn die wirtschaftlichen Folgen, die werden sich noch im Herbst zeigen, das ist überhaupt keine Frage.

 

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Studie einer privaten Organisation, die Fellowships für den Unterricht für Migrationskinder und Kinder mit fremdsprachigem Hintergrund anbietet. Während dieser Corona-Zeit hat man ja doch Schulen für Kinder, die nicht digital ausgestattet waren, die bildungsfern sind, die zu Hause nicht das Umfeld haben, um an das Bildungsangebot weiter heranzukommen, geöffnet, man hat auch analog, nicht nur digital Lehrer zur Verfügung gestellt. Diese Studie von „Teach for Austria“ hat ergeben, dass 20 Prozent der Kinder aus sogenannten Migrantenmilieus zu diesem freiwilligen Angebot, am Unterricht teilzunehmen und eine Überbrückungshilfe anzunehmen, gar nicht erschienen sind. Ich halte das für eine wirklich bedenkliche Entwicklung. Wo waren die? Waren sie in der Türkei auf Urlaub? - Das wird angenommen.

 

Viele Lehrerinnen und Lehrer haben mir Ähnliches aus ihrer praktischen Anschauung heraus berichtet, haben gesagt, interessant, ich war jetzt in der Klasse, aber es ist keiner gekommen. Ein Kind kam, das war zufällig von einer Wiener Familie, die das also gemacht hat, aber die fremdsprachigen, die sogenannten Ausländerkinder sind gar nicht erschienen. Das ist unglaublich, das heißt, die haben monatelang bewusst nicht ein Wort Deutsch gehört, geschweige denn gesprochen, und das müssen sie in Wien ja auch nicht, sie bewegen sich in Wien nämlich, das hat ja Armin Blind schon sehr klar gemacht, ausschließlich in ihrem eigenen Umfeld. Sie sind versorgt mit ihren eigenen Fernsehsendern, mit ihren eigenen Internetkanälen. Die Bindung der Mindestsicherung an Sprachkenntnisse zu knüpfen, das haben sie empört als diskriminierend abgelehnt. Das wäre aber vielleicht gar nicht so eine schlechte Idee, wenn man Menschen, die hier herkommen und eine neue Zukunft suchen, dass man, wenn man denen schon so viele Hilfen wie Mindestsicherung, Familienbeihilfe, Wohnung, Gesundheitssystem, Schulbildung, Kindergarten, und so weiter gewährt, dass man vielleicht von denen erwarten kann, dass sie Deutsch auch bitte lernen, das ist doch die Mindesterfordernis.

 

Dazu kommt noch, und da muss ich auch den Kollegen von den NEOS wirklich etwas Kritisches mit auf den Weg geben, dass Sie ihnen jetzt noch den Erhalt der Staatsbürgerschaft, wie Bgm Ludwig gesagt hat, niederschwellig erleichtern wollen, das heißt, sie ihnen nachschmeißen wollen, was Sie ja jetzt schon tun. Ich habe einen Fall, ein Engländer ist zufällig seit 50 Jahren in Wien, war so frustriert vom EU-Austrittskurs, von Johnson, dass er gesagt hat, so, und jetzt gebe ich meine englische Staatsbürgerschaft auf, jetzt will ich die österreichische. Sie können sich nicht vorstellen, welches Martyrium dieser Mann durchlebt hat, der perfekt Deutsch spricht, 50 Jahre hier gelebt hat, seine Steuern zahlt, ein Gewinn für die Wiener Gesellschaft ist, wie man den schikaniert hat, bis er endlich den Eid auf die österreichische Verfassung ablegen konnte. Hingegen Leuten, die aus, ich weiß nicht, Pakistan, Afghanistan oder sonst wo herkommen, denen schmeißt man sie bereits nach sechs Jahren nach, und denen wollen Sie jetzt noch, weil es vor der Wahl ist und Sie Stimmvieh suchen, niederschwellig die Staatsbürgerschaft erleichtern. Das kann es doch wohl nicht sein!

 

Aber natürlich muss man eines sagen: Sie sind gegen Assimilierung. Warum? -Weil Sie in der Assimilierung eine Art der Diskriminierung sehen, eine Art des Neokolonialismus, des alten abendländischen Europas gegenüber den Migrantenmassen, die aus Gründen hauptsächlich wirtschaftlicher Art zu uns strömen und das Asylrecht in den meisten Fällen missbrauchen. Also wir wollen gegenüber denen nicht neokolonialistisch auftreten, deshalb hat ja auch die Sozialdemokratie aufgegriffen, die Bewegung „Black Lives Matter“ zu unterstützen. Natürlich, verehrte Damen und Herren, natürlich, „Black Lives Matter“, da ist überhaupt nichts dagegen einzuwenden. Ich sage nur eines, auch „Viennese Lives Matter“, und das haben Sie bis jetzt sträflich in Ihrer Politik vernachlässigt.

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: So, Frau Stadträtin, ich darf auch Sie bitten, die Reinigung vorzunehmen. (Zwischenruf.) Herr Kollege, ich habe Sie jetzt nicht verstanden. Vielleicht besser so!

 

Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau GRin Hanke, selbstgewählte Redezeit sind sechs Minuten. Sie haben das Wort.

 

19.18.59

GRin Marina Hanke, BA (SPÖ)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Werte Kolleginnen und Kollegen!

 

Da es ja heute eigentlich um den Rechnungsabschluss und auch um die Aktivitäten des vergangenen Jahres geht, möchte ich nicht so viel auf meine VorrednerInnen eingehen. Ich möchte nur schon kurz bemerken, dass sich das, was Sie da immer so von sich geben, „on the long run“ insgesamt manchmal auch sehr schwer miteinander ausgeht.

 

Sie wollen, dass sich die Leute zu Österreich bekennen, dass sie die Staatsbürgerschaft annehmen, auf der anderen Seite sind Sie aber gegen eine Kampagne, die Menschen dazu auffordert, dass sie österreichische StaatsbürgerInnen werden. Sie wollen, dass Staatsbürgerschaftsprozesse erschwert werden, dass die Hürden größer werden, auf der anderen Seite beschweren Sie sich darüber, dass das jetzt alles so arg ist.

 

Sie sprechen sich gegen jeglichen Extremismus aus, ganz natürlich, und auf der anderen Seiten geht meine Vorrednerin mit den Identitären auf eine Demonstration. - Das geht sich auch nicht ganz aus.

 

Sie fabulieren da die ganze Zeit davon, dass die österreichische Leitkultur verloren geht, die rot-grüne Stadtregierung sich nicht darum kümmert, davor haben wir aber große Hysterie gehabt, wenn ein Schnitzel in mehreren Tagesmedien inseriert wird. Also es geht sich

 

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