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Gemeinderat, 71. Sitzung vom 30.06.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 4 von 110

 

macht wird, noch sinnvoll sind und auch im Zeichen der Zeit, sage ich einmal.

 

Was ich auch noch ansprechen möchte: Es ist klar, dass im sozialen Wohnbau die Mieten vielleicht durchaus günstiger sind als eben am freien Markt, aber es schlägt sich genau umgekehrt, warum die Wohnungen nicht wirklich billiger sind, weil die Betriebskosten im Vergleich zu anderen Wohnungen exorbitant hoch sind. Es müssen auch sehr viele, die bei Wiener Wohnen durch die Renovierung … Mir ist klar - das kostet alles was -, dass es steigt, aber wenn man das wirklich mit freifinanzierten Wohnungen vergleicht, also das kann man nicht vergleichen, da sind die Betriebskosten teilweise ein Drittel bis doppelt so hoch. Also das ist wirklich ein großer Unterschied.

 

Alles in allem sage ich, es wird für das Thema Wohnen neue Möglichkeiten brauchen. Auch in der Vergangenheit hat es gute Modelle gegeben. Das, was leider - ich glaube, das war ungefähr vor 17, 20 Jahren - aufgehört hat, ist die Option mit Mietkaufwohnungen. Das heißt, da hat man am Anfang eine Anzahlung gezahlt und dann hat man eine gewisse Zeit gemietet, dann hat man es kaufen können. Und man konnte das aber damals auch schon berechnen. Das heißt, du wusstest zum Zeitpunkt Kauf, was es kostet.

 

Es gibt ja jetzt auch noch Modelle, dass man nach einer gewissen Zeit kaufen kann, nur das geht dann nach Marktpreis und das ist dann für viele auch nicht erschwinglich, und sie haben aber auch keine Sicherheit. Ich meine, dass sie nichts geschenkt bekommen sollen, ist mir klar, aber dass, sage ich einmal, Gewinne daraus lukriert werden sollen, sehe ich auch nicht ein.

 

Vor allem, ich sage, Eigentum schützt auch vor Altersarmut und damit meine ich nicht, dass einer zehn Wohnungen hat. Ich meine die Wohnung, wo er lebt, wo er lange drinnen lebt, dass er die nach einer gewissen Zeit erwerben kann und auch weiter dort drinnen lebt und zum Schluss dann vielleicht, wenn die Kredite abbezahlt sind, in Wahrheit dann nur mehr die Betriebskosten hat. Dann kann er auch mit wenig oder weniger Rente ganz gut davon leben. Es schützt wirklich auch vor Armut. Diesen Denkanstoß wollte ich noch mitgeben, und ich freue mich auf eine anregende Diskussion zu dem Thema heute. Danke schön.

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Weber, ich erteile es ihm. Bitte.

 

9.09.59

GR Thomas Weber (NEOS)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Hoher Gemeinderat! Einen schönen guten Morgen!

 

Ich möchte die Gelegenheit nützen, vorweg den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Magistratsabteilungen der Geschäftsgruppe Wohnen, Wohnbau, Stadterneuerung und Frauen Worte des Danks auszusprechen für ihre gute und wichtige Arbeit zum Wohle unserer Stadt und im Dienste der Wiener Bevölkerung. Herzlichen Dank für Ihr tagtägliches Tun!

 

Ich glaube, es ist unbestritten, dass die Frage des leistbaren Wohnraums oder die Frage über leistbaren Wohnraum ja eine der ganz großen kommunalpolitischen Herausforderungen ist. Es ist auch unbestritten, dass der soziale Wohnbau eine große Errungenschaft in Wien und der Stadt Wien ist. Wenn wir von sozialem Wohnbau sprechen, dann ist es mir aber auch wichtig, über Treffsicherheit und über Generationengerechtigkeit zu sprechen.

 

Jede vierte Wienerin und jeder vierte Wiener wohnt im sozialen Wohnbau, in einer Gemeindewohnung. Vor ungefähr 100 Jahren wurde der erste Gemeindebau errichtet und die Idee dahinter war ja, ganz wichtig, einkommensschwachen, wohnungsbedürftigen Personen und Familien leistbaren Wohnraum zu ermöglichen. Das ist ein Versprechen gewesen. 100 Jahre später schauen wir auf das Versprechen und da sehe ich vor allem mehrere Dinge: Erstens, dass Geringverdiener oder Geringstverdienerinnen und Geringstverdiener weitgehend vom Zugang zum Gemeindebau, zu Gemeindewohnungen ausgeschlossen sind, weil es hier ein System von Wohnbedarfsgründen gibt, das aus meiner Sicht fehlerhaft ist.

 

Es ist aus meiner Sicht deshalb fehlerhaft, weil Menschen zwischen 30 und 65, wenn man sich die Wohnbedarfsgründe anschaut, eigentlich nur in Ausnahmesituationen zum Zug kommen und unterhalb der Einkommensobergrenze gibt es keine weitere Ausdifferenzierung. Es ist also relativ egal für den Zugang zu einer Gemeindewohnung, ob man von der Bedarfsorientierten Mindestsicherung lebt oder ob man Gutverdienerin oder Gutverdiener ist. Zur Erinnerung: Die maximale Obergrenze für den Zuzug in eine Gemeindewohnung liegt derzeit bei 3.372 EUR netto monatlich.

 

Ohne Wohnbedarfsgrund gibt es aber keine Gemeindewohnung. Viele Studien zeigen auch, dass das System Gemeindewohnung in Wien relativ gering sozial treffsicher ist und das wundert mich auch nicht, wenn man die oben genannten Wohnbedarfsgründe hernimmt und wenn man sich anschaut, dass es eben relativ egal ist, ob man von der Bedarfsorientierten Mindestsicherung lebt oder von diesen 3.372 EUR.

 

Es freut mich ja sehr, dass im März bei einer Pressekonferenz von Ihnen, Frau Stadträtin, angekündigt worden ist, dass diese Wohnbedarfsgründe um das Kriterium „alleinerziehend“ erweitert werden sollen, wo es darum gehen soll, dass eben Alleinerziehende, unabhängig davon, wie sich das Einkommen staffelt, bevorzugt Zugang zu einer Gemeindewohnung bekommen sollen. Allerdings finde ich auf diversesten Web-Seiten keinen Hinweis, wie sich das genau ausgestalten soll.

 

Ich finde, das ist ein guter erster Schritt in die richtige Richtung, aber das ist zu wenig. Das ist deshalb zu wenig, weil das immer noch ungerecht ist und weil das immer noch keine Ausdifferenzierung macht, dass eben Menschen zwischen 30 und 65 nur in Ausnahmefällen den Zugang zu einer Gemeindewohnung haben. Die Lösung wäre aus meiner Sicht eine relativ einfache, nämlich einen Wohnbedarfsgrund schaffen, der zum Beispiel „wirtschaftliche Verhältnisse“ heißt, wo es darum gehen soll, dass Menschen mit geringem Einkommen und in einer prekären Situation rasch - rascher - Zugang zum Gemeindebau bekommen sollen. Dazu muss man

 

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