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Gemeinderat, 70. Sitzung vom 24.06.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 118 von 147

 

auch schon von den Parteiveranstaltungen, die dann als Kulturveranstaltung getarnt werden. Wir haben heute hinlänglich über dieses Thema gesprochen.

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher via Internet! Ich möchte hier noch einen wesentlichen Aspekt zeigen, über den wir noch gar nicht gesprochen haben: Weil hier immer die Rede von diesen rund 40 Millionen EUR ist, die für einen Gastro-Gutschein ausgeschüttet werden. 40 Millionen EUR werden gar nicht hier im Gemeinderat beschlossen, das ist ja der wesentliche Trugschluss bei dieser langen Debatte. Tatsächlich ist es so, dass der Herr Bürgermeister, ich glaube, überhaupt erstmals in der Geschichte dieser Stadt, für eine Einzelmaßnahme in dieser Höhe von seiner Notkompetenz Gebrauch gemacht hat. Tatsächlich lautet dieses Schriftstück nämlich, dass wir auf Grund der nach § 92 der Wiener Stadtverfassung getroffenen Verfügung nachträglich genehmigen müssen. Das heißt, der Bürgermeister hat diese rund 40 Millionen EUR als Notfallmaßnahme freigegeben, eigenhändig, da er eigentlich so viel Geld gar nicht in die Hand nehmen darf, und wir sollen diese Notfallmaßnahme jetzt hier nachträglich reparieren. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist das 40 Millionen EUR Schnitzel, um das es hier bei diesem heutigen Tagesordnungspunkt geht.

 

Um dieses 40 Millionen EUR teure Schnitzel liegt der Notfall eben offensichtlich doch nicht ganz so schlimm, wie der Herr Bürgermeister das behauptet, denn die Idee hat er vor der letzten Gemeinderatssitzung geboren, nämlich schon vor einem Monat. Dann haben es ihm die GRÜNEN abgedreht, wie man in der Zeitung liest, um sich noch andere Dinge herauszuverhandeln. In der Zwischenzeit hat ein Ausschuss getagt, in der Zwischenzeit ist heute die Ausgabe von diesen Gutscheinen erfolgt, und jetzt tagt der Gemeinderat. Was wäre das Problem gewesen, wenn wir ganz einfach die verschiedenen Gremien befragt hätten? Dann wären nämlich auch diese ganzen Schildbürgerergebnisse nicht entstanden, die wir heute in den Medien bereits lesen können. Frei nach Faust gesagt: Er, der Herr Bürgermeister nämlich, ist ein Teil von jeder Kraft, die zwar stets das Gute will, doch stets das Böse schafft. - So kommt es mir vor.

 

Es handelt sich in der Tat um eine wesentliche Verscherbelung von Steuergeldern. Ich darf Ihnen das hier auch bisschen demonstrieren, ich habe es ein bisschen größer ausgedruckt, dass man es auch aus der Entfernung lesen kann, das hier ist ein Bildschirmausdruck von „willhaben“. Das ist jene Internetplattform, auf der man alle seine privaten Dinge verkaufen kann. Auf „willhaben“ sieht man heute, diesen Gutschein gibt es ja erst seit heute, so Dinge wie zum Beispiel: Verkaufe meinen 50 EUR Gastro-Gutschein um 27 EUR, ganztags in Wien abholbar. (Zwischenrufe.) - Ja, ich habe das selber gesehen, noch vor 10 Minuten war ich ebenfalls auf „willhaben“, bevor ich da jetzt herausgekommen bin, da waren Gutscheine verbilligt zu haben. Schau jetzt auf „willhaben“, ich habe jetzt mein Handy am Platz liegen gelassen, gib ein: „willhaben, Gastro-Gutschein“. Ich kann es ein bisschen konkreter sagen, es wird da auch die Uhrzeit angegeben, wann das jeweils gepostet wurde. Diese Gutscheine kommen laufend herein und manche machen sogar ein Geschäft daraus. Da gab es zum Beispiel heute am Vormittag den User namens Dusko, keine Ahnung, wer das ist, ich habe ihn auf „willhaben“ selbst gesehen (Zwischenrufe.), ja, ich habe es mir angeschaut, und dieser User Dusko bietet beispielsweise seinen 50 EUR Gastro-Gutschein um 30 EUR an, aber jetzt kommt der entscheidende Moment. Nicht nur, dass er den Gastro-Gutschein um 30 EUR anbietet, da kommt dann eine Frage auf „willhaben“ - man kann es nachlesen, ich lass euch das gerne dort und ihr könnt es dann gerne anzeigen oder was auch immer damit machen -, die lautet: „Hast du nur eins?“ Dusko antwortet - das können alle mitlesen -: „Hast du Lokal, dann hab ich mehrere.“ (Zwischenrufe.) Ja, lautet die Antwort und auf einmal sagt Dusko, der User: „Ja, habe mehrere, zirka 750 EUR.“ Jetzt kann man natürlich davon reden, dass es sich vielleicht um ein Fake-Profil handelt, wobei das schon eine erstaunliche Anzahl an Fake-Profilen ist. Einige dieser Anbieter, ich habe mir sämtliche Profile angeschaut, die jetzt im Netz zu sehen waren, sind seit 2010 auf „willhaben“ registriert und verkaufen immer wieder Haushaltsgegenstände. Das ist auch für sich selbst nichts Verwerfliches. Der Bürgermeister sagt ja selber, man darf diesen Gutschein handeln, nur wir reden da von dem direkten eins zu eins Handel von Steuergeld. Also von wegen zu geizig, um Trinkgeld zu geben: Wir reden dabei von unser aller Geld, das ist Steuergeld der Stadt Wien, das hier völlig zwanglos in die Luft geblasen wird, und das Ganze mit einer Notfallkompetenz, die wir jetzt nachträglich absegnen dürfen.

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach all diesen Grauslichkeiten kommen wir vielleicht zum guten Teil, nämlich - Originalzitat Stürzenbecher vorher -: „Das ziemlich beste Modell.“ So schaut es aus, das ziemlich beste Modell, das habe ich heute in meinem Briefkasten gehabt. Es handelt sich hierbei … Der Klubobmann der Sozialdemokratischen Fraktion kennt es selbst noch nicht, so schaut es aus, er schaut ganz verdattert. Also bitte mit dem Bürgermeister reden. (Zwischenruf.) - Gestern schon gehabt? - Er hat ihn gestern schon gehabt, obwohl er erst verschickt worden ist. Das ist ja die nächste Geschichte. Die Genossen bekommen die Gutscheine schon, bevor sie überhaupt in die Verteilung kommen. Unglaublich ist das, meine sehr verehrten Damen und Herren, und dann verscherbelt er es womöglich auf „willhaben“.

 

Ist das das Fake-Profil? (Unruhe im Saal. - Heiterkeit. - Zwischenruf: Jetzt haben wir ihn!) - Ja, genau, jetzt haben wir ihn. Meine sehr verehrten Damen und Herren, jetzt aber ein bisschen Ernsthaftigkeit. Es geht um die Frage: Was macht man mit diesem Gutschein? Man liest sich das hier in aller Ruhe durch, da steht ja auch eine Gebrauchsanweisung, wie das funktioniert. Hier heißt es:

 

„Liebe Wienerinnen und Wiener! Herausfordernde Zeiten.“ Im zweiten Absatz ist dann die Lösung, schön fett gedruckt, damit es auch jeder versteht: „Besuchen Sie Ihren Wirten ums Eck, gehen Sie in Ihr Lieblingslokal

 

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