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Gemeinderat, 59. Sitzung vom 25.11.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 55 von 79

 

lich hat mir keine Behörde, keine Partei – die GRÜNEN nicht, aber auch die Freiheitlichen nicht – etwas vorzuschreiben. Das ist eine enorme Errungenschaft, auf die wir stolz sein sollten, meine Damen und Herren! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Noch etwas abschließend: Manchmal flüchte ich sozusagen in die letzte Reihe und spreche über gewisse Dinge mit Prof Van der Bellen. Er ist gerade auf einem Kongress, aber ich kann über unser gestriges Gespräch, das ja nicht geheimnisvoll war, hier auch noch etwas erzählen: Es handelt sich um einen Kongress über studentisches Wohnen: Sehr viele Städte bemühen sich, einen hohen Anteil an Studierenden zu bekommen, weil sie wissen, dass die Stadt davon profitiert. In der Stadt, in der der Professor war, hat man stolz gesagt, dass der Anteil der international Studierenden 5 bis 6 Prozent beträgt. In Wien beträgt dieser Anteil bereits 25 Prozent. Und abgesehen von jenen, die wirklich einen phobischen Ausländerausschlag haben, wissen alle anderen, dass Wien von international Studierenden enorm profitiert, und zwar ökonomisch, kulturell beziehungsweise auf allen Ebenen.

 

Ich sage, ja, wir wollen, dass Menschen, die hier studieren, einen guten Eindruck gewinnen und deswegen vielleicht bleiben oder wieder in ihre Heimat zurückgehen und sozusagen ein positives Bild von Wien sowie Möglichkeiten zur Aufnahme einer wirtschaftlichen Verbindung mitnehmen. Das ist eine tolle Errungenschaft, und wenn wir keine Wohnungen schaffen, dann halten wir auch solche Leute fern!

 

Letzter Punkt: Jedenfalls kann man nicht Wohnungen nur für Wienerinnen und Wiener bauen. Das ist nicht möglich. Wenn aber gar keine Wohnungen gebaut werden, dann wird eine Preisspirale enormen Maßes in Gang gesetzt. Auch unsereins bekommt nämlich Kinder, manche wollen weg, aber manche wollen – Überraschung! – auch in Wien bleiben, und die werden dann auch eine Wohnung suchen.

 

Der langen Rede kurzer Sinn – ich sage das jetzt ganz nett –: Ich glaube, die Strategie, dass wir keine Wohnungen bauen und deshalb keine Leute mehr kommen, ist nicht ganz durchdacht, Herr Kollege Aigner! Vielleicht überlegen Sie sich noch einmal, ob Sie vielleicht doch zu einer schlüssigeren Strategie kommen! – Danke schön. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Zum Wort gemeldet ist der Herr Amtsf StR Dr Ludwig. Ich erteile es ihm.

 

15.05.43

Amtsf StR Dr Michael Ludwig|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Hoher Gemeinderat! Hoch geschätzte Damen und Herren!

 

Wien steht vor ähnlichen Herausforderungen wie manche andere europäische Metropolen, es herrschen aber ganz andere Rahmenbedingungen. Die Herausforderungen sind jetzt angesprochen worden, nämlich vor allem das sehr starke Bevölkerungswachstum. Wien wächst prozentuell stärker als andere europäische Metropolen, allerdings ist Wien im österreichweiten Vergleich durchaus mit anderen Städten vergleichbar. Graz beispielsweise wächst – zwar nicht in absoluten Zahlen, aber in Prozenten – sogar noch stärker als Wien.

 

Es gibt aber auch Städte in Europa, und zwar auch sehr bekannte Städte, die in den letzten zehn Jahren sehr stark an Bevölkerung verloren haben. Dazu zählen beispielsweise sehr viele italienische Städte: So haben etwa Mailand, Rom und Neapel in den letzten zehn Jahren deutlich an Bevölkerung verloren. – Ich war voriges Jahr in Alpbach und habe dort an einer Podiumsdiskussion zum Thema wachsende und schrumpfende Städte teilgenommen, und dabei hat sich gezeigt: So groß die Herausforderungen bei wachsenden Städte sind, schrumpfende Städte haben noch viel größere, vor allem auch größere wirtschaftliche Probleme.

 

Jedenfalls ist es sicherlich notwendig, dass man dieses Wachstum an Bevölkerung – nicht nur, aber auch – von Seiten der Stadt begleitet und dass man sich auch auf diese Herausforderungen einlässt, insbesondere beim Wohnbau, aber natürlich auch bei der Herstellung der Infrastruktur.

 

Auf Grund des Wachstums steigen auch die Mietpreise in Wien, da die Nachfrage stärker geworden ist. Der Anstieg der Mietpreise ist aber auch auf den Umstand zurückzuführen, dass es auf Grund der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise eine starke Nachfrage nach Immobilien, Wohnungen und Grundstücken, gibt. Wenn man sich dann anschaut, wo Wohnungen auf dem Markt teurer werden, dann stellt man fest, dass dies vor allem im privaten Wohnhausbereich der Fall ist, und auch dort ausschließlich bei den Neuvermietungen.

 

Schauen wir uns einmal die Größenordnungen an! – Ich glaube, es ist interessant, dass wir in Wien ungefähr 980 000 Wohneinheiten haben, davon 50 000 im Jahr neu vermietet werden und davon wiederum in etwa 28 000 im privaten Wohnhausbereich. In den letzten zehn Jahren hatten wir im geförderten Bereich, bei den Genossenschaftswohnungen und den Gemeindewohnungen keine Preissteigerung über der Inflationsrate. Im Gegenteil! Bei den Gemeindewohnungen lagen wir sogar unter der Inflationsrate. Das heißt, in einem ganz speziellen Segment auf dem Wiener Wohnungsmarkt, nämlich bei den privaten Wohnungen und diesfalls bei den Neuabschlüssen, gibt es in der Tat starke Preissteigerungen. Diese muss man beispielsweise auch durch eine Novelle des Mietrechtsgesetzes im Auge behalten, aber auch durch Maßnahmen, die wir in der Stadt Wien selbst setzen.

 

Ich möchte jetzt auch etwas zum Qualitätsstandard sagen, der ebenfalls angesprochen wurde: Wir hatten beim geförderten Wohnbau in den letzten Jahrzehnten eine sehr starke Steigerung der Qualität. Das führt auch dazu, dass wir uns die Preisstruktur anschauen müssen, und zwar insbesondere auch den Eigenkapitalbeitrag, denn alles, was an Qualität hinzukommt, bedeutet im Regelfall höhere Mieten beziehungsweise einen höheren Eigenkapitalbeitrag.

 

Andererseits haben wir in den letzten Jahrzehnten die Substandardwohnungen, die noch in den 70er Jahren fast die Hälfte des gesamten Wohnungsbestandes ausgemacht haben, wegbekommen. Wir haben davon heute nur mehr unter 3 Prozent. Das ist auch im interna

 

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