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Gemeinderat, 59. Sitzung vom 25.11.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 54 von 79

 

wird in anderen Ländern, auch in westlichen Ländern, billiger gebaut. Aber nehmen wir die Niederlande her. Alle, die sich mit dem Bauen ein bisschen auskennen, wissen, dass dort eine Reihe von Qualitätsstandards nicht gewährleistet ist. (GR Prof Dipl-Ing Dr Kurt Mörz: Welche?)

 

Also, eines ist wirklich etwas, worauf man stolz sein kann, wenn man in diesen Tagen von „stolz drauf“ reden kann. Ich bin stolz darauf, dass auch für die breiten Schichten von Menschen, die nur geringere Einkommen haben, der geförderte Wohnbau ein Qualitätsniveau hat, wo die freifinanzierten Wohnungen um 5 000 bis 6 000 EUR teilweise schlechter sind. Aber das sollten wir erhalten. Das ist der eine Punkt.

 

Der zweite Punkt ist der Hörndlwald, über den wir heute ohnehin noch einmal diskutieren werden, aber ich möchte es noch bewusst machen, weil es angesprochen wurde. Es gibt eine gewidmete Fläche im 13. Bezirk. Dort war eine Reihe von Wohnbauprojekten dran, wo es in der Tat fragwürdig ist, ob man in diesem Bereich einen Wohnbau machen kann. Was ist jetzt die dortige Nutzung? Es ist lange gesucht worden. Eigentlich sollte man froh darüber sein, dass es so etwas gibt und dass das ein richtiger Standort ist. Es ist eine Reha-Klinik für Menschen, die unter Burn-out leiden. Das gibt es bereits in einer Reihe von Bundesländern. Das ist Reha in dem Sinn, dass Menschen, die Burn-out haben, Wochen oder wenige Monate dort sind, um wieder, auch nach eigenem Wunsch, in den Arbeitsprozess reintegriert zu werden. (StRin Veronika Matiasek: Das wissen wir schon!) Da ist einfach eine Umgebung notwendig, wo es ruhig ist, wo man entspannt sein kann. Das hat ein sehr geringes Verkehrsaufkommen, weil das eine Befürchtung der Anrainer ist. Die Leute kommen hin, sind dort zwischen einer Woche und sechs Wochen. Ich glaube, das ist eine hervorragende Einrichtung, die an diesem sensiblen Ort, und das ist ein sensibler Ort, gut passt. Darum ist es, glaube ich, gut und vernünftig, dass wir das nächste Woche im Wohnbauausschuss so beschließen.

 

Aber einmal mehr muss man sich hinstellen. Es gibt Menschen, die sagen, sie wollen das auch nicht. Da gibt es so etwas, und das haben wir in der gesamten Diskussion, wie das Allgemeininteresse. Man kann auch sagen, das Gemeinwohl. Für das Gemeinwohl, damit eine solche Reha-Klinik kommt, stelle ich mich dort auch vor einen Anwohner hin, der sagt, jetzt kriegt er das dort hingesetzt. Es ist gut, dass wir das haben. Alle sollen froh sein, wenn sie eine solche Reha-Klinik nicht brauchen und froh sein, dass es sie gibt, wenn sie sie brauchen, weil Burn-out etwas ist, das in unserer Gesellschaft häufiger vorkommt.

 

Jetzt komme ich ernsthaft zum letzten Punkt, weil wir diesen wirklich diskutieren sollen, da es um diesen auch in der Öffentlichkeit eine Diskussion gibt. Eigentlich – Herr Kollege Aigner hat das auch argumentiert – ist es doch ganz simpel: Wien soll gar nicht so stark wachsen! Da könnten wir es uns ja ganz einfach machen und sagen, bauen wir einfach weniger! – Eigentlich ist das wahr! Stimmt! In Wohnungen, die man nicht gebaut hat, kann man auch nicht einziehen!

 

So. Jetzt müssen wir uns nur in ganz Europa umschauen! Es gibt eine Reihe von Städten, die diese Strategie verfolgen. Diese kommen dem Bedarf an Wohnungen im Verhältnis zu den Menschen, die in dieser Stadt leben wollen, technisch oder finanziell nicht nach, oder wollen diesem nicht nachkommen. Lassen wir das einmal frei!

 

Was geschieht im Hinblick auf diese Städte? – Da sagen sich die Leute zum Beispiel: Ich habe ein Jobangebot in Wien und will aus den Bundesländern oder international nach Wien übersiedeln. Aber die bauen ja keine Wohnungen, also gehe ich halt anderswo hin oder bleibe in Oberkärnten! – Ich sage das jetzt nicht polemisch. Oberkärnten ist eine Gegend, in der es bevölkerungsmäßig einen sehr starken Rückgang gibt. Wien und Wien Umgebung ist hingegen eine Stadt oder Region, die sehr stark wächst. Und es ist eine völlige Illusion, zu glauben, dass man das steuern kann! (GR Mag Wolfgang Jung: Wozu gibt es denn dann die Politik?)

 

Was man steuern kann, ist, dass man sagt, in dieser Stadt bekommt man keine Wohnung. Ja! Das kann man steuern! Aber dann geschieht genau das, was wir in Paris, in München haben oder in London vorfinden: Man findet in der Stadt keine Wohnung, na gut, dann muss man halt in die Umgebung ziehen, 20 km, 30 km oder 60 km entfernt von der Stadt, wo es eben eine Wohnung gibt. Das ist das berühmte Speckgürtelphänomen!

 

Und Sie wissen schon, Kollege Aigner, welche Belastungen es dann zum Beispiel im Verkehrsbereich gibt! Es wird Ihnen bekannt sein, wie es sich mit dem Modal-Split in Wien verhält: Drei Viertel der Wiener und Wienerinnen fahren im öffentlichen Verkehr. Bei den Pendlern ist es umgekehrt: Drei Viertel der Pendler kommen mit dem Auto! Das Einzige, was wir uns mit dieser Strategie einkaufen, ist also eine deutliche Verschlechterung der Verkehrssituation, und es gibt überhaupt keine mögliche Verbesserung!

 

Es ist eine Illusion, den Leuten diesbezüglich etwas vorzumachen. Das sage ich jetzt ganz deutlich, und wir werden das natürlich auch im nächsten Wahlkampf diskutieren. Wenn eine Stadt wächst, weil Menschen aus freiem Willen dort wohnen wollen, gibt es – nicht zuletzt auch deswegen, weil wir Mitglied der Europäischen Union sind, was unter diesem Aspekt sehr positiv ist – keine Möglichkeit, eine Grenze rund um Wien aufzuziehen, um das zu verhindern.

 

Es ist mir jetzt wichtig, noch etwas in aller Kürze auszuführen: Es kommen ja nicht nur Menschen nach Wien, es gehen auch ziemlich viele weg. Einen solchen Wechsel gibt es in jeder europäischen Stadt. Die Zahlen, die ich jetzt grob im Kopf habe – ich habe das auf die Schnelle nicht gegoogelt –, sehen wie folgt aus: 90 000 Menschen, die länger bleiben wollen, kommen jährlich nach Wien, und ungefähr 60 000 gehen weg. Gott sei Dank ist das so! Ich halte es für eine unglaubliche Errungenschaft dieses unseres Europas, dass mir keiner vorschreiben kann, wo ich mich aufhalte: Wenn ich mir einbilde, dass ich jetzt nicht mehr in Wien leben kann, dann kann ich in jeder Stadt Europas oder auf dem Land leben, arbeiten, mir dort meinen Job suchen. Diesbezüg

 

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