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Gemeinderat, 56. Sitzung vom 25.09.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 68 von 88

 

fahrten sind Angelegenheiten der Eltern. Ich habe damals im Ausschuss mit ihm diskutiert und habe gesagt, da haben Eltern ja schon ein gewisses Stück Belastung mit einem Kind, das einfach mehr Aufmerksamkeit braucht. Der Herr Stadtrat ist dort gesessen und hat gesagt, Herr Guggenbichler, sagen Sie nicht, dass ein behindertes Kind eine Belastung ist, es ist eine Herausforderung, und es ist ein Geschenk. Da sich der Stadtrat so „aufgepudelt“ hat, habe ich dann mit Behindertenvertretern und auch mit Eltern von Behinderten geredet und gefragt: Ist das Wort Belastung ein böses Wort? Ich habe es nicht böse gemeint. Und wissen Sie, was die mir geantwortet haben? Sie wünschen dem Herrn Stadtrat einmal eine Woche Umgang mit so einem Kind, damit er weiß, was man am Ende des Tages an Mehrleistung als Eltern erbringen kann, um diesem Kind die Chancen zu geben, die jedes andere Kind in dieser Stadt hat. Ich glaube, da sollte sich der Herr StR Oxonitsch ein Stück an die Nase greifen.

 

Ähnliches durften wir auch aktuell bei der Situation der Renovierung der Sanitäranlagen auf der Donauinsel erleben. Es gab einen Rahmenbeschluss von über 8 Millionen EUR für Modernisierungsarbeiten. Auf der Donauinsel wurden im letzten Jahr 13 öffentliche Toilettenanlagen modernisiert. Die Barrierefreiheit ist leider Gottes bei diesen Toilettenanlagen trotz umfangreicher Umbauarbeiten nach wie vor nicht gewährleistet. Im Zuge eines Prüfverfahrens wurde bekannt, dass die von der MA 45 und MA 48 verwalteten Toilettenanlagen nicht in den verpflichtenden Etappenplan nach dem Wiener Antidiskriminierungsgesetz aufgenommen wurden. Da stellt sich die Frage: Warum ist das so? Vielleicht bekommen wir ja von den Rednern der Regierungsparteien heute eine Antwort. Und die zweite Frage, die ich hier stellen will, neben dem Warum: Wer entscheidet so etwas? Es war nie Thema in irgendeinem Ausschuss, soweit mir bekannt ist. Das ist eine einseitige Entscheidung der sozialdemokratischen Stadträte, die in dieser Stadt Regierungsverantwortung tragen.

 

Ganz kurz noch, im Jahr 2012 wurden 13 sogenannte Oktagon-WCs auf der Donauinsel von der MA 48 in Kooperation mit der MA 45 modernisiert und mit 1. Mai 2012 in die Verwaltung der MA 45 übernommen – mit Außenduschen, Waschtischen, et cetera. Doch sie sind alle für Behinderte nicht zugänglich. Ein auf einen Rollstuhl angewiesener Wiener bemerkt, dass die neu sanierten Anlagen nicht behindertengerecht sind. Sowohl der schmale asphaltierte Weg als auch eine 12 cm hohe Stufe machen es für Rollstuhlfahrer unmöglich, die Toilettenanlagen zu benutzen.

 

Die Volkanwaltschaft hat bei den zuständigen Stellen Erkundigungen eingeholt – und was ich in dieser Situation dieser Stadtregierung am meisten ankreide, ist der Umgang, die Art, wie auf solche Situationen reagiert wird: Die Volksanwaltschaft wurde lediglich darauf hingewiesen, dass es ja auch andere Toilettenanlagen in diesem Bereich gibt, die ja behindertengerecht werden. Dass das nicht der UN-Konvention, dem Antidiskriminierungsgesetz und den Behindertengleichstellungsgesetzen entspricht, war Ihnen an sich egal.

 

Weiterhin wurde geantwortet: Aus wirtschaftlichen Gründen entschied man sich für einen Umbau und nicht für einen Neubau. Dabei stellt sich wieder die Frage, wer diese Entscheidung trifft bei einem Investitionsvolumen für über 8 Millionen EUR? Wer trifft die Entscheidung, dass man sagt, okay, wir bauen um, ist schön, aber eben nicht für alle zu verwenden? Das ist es, was ich im Ausschuss gehört habe und das ist es auch, was ich diesem Ressort oft ankreide: dass oft viel und schön gemacht wird, aber eben nicht gescheit gemacht wird. Das ist das Grundproblem dieses Ressorts.

 

Wenn man sich überlegt, wie das in der letzten Ausschusssitzung funktioniert hat, als die Volksanwaltschaft sich erdreistet hat, berechtigte Kritik anzubringen, wie da von Seiten des Ressorts und der Umweltstadträtin mit der berechtigten Kritik der Volksanwaltschaft umgegangen worden ist, bin ich schon sehr erschüttert und enttäuscht. Das ist für mich nicht mehr eine Frage von Gesetzen, sondern eine Frage des Bewusstseins. Da wurde davon gesprochen, die Frau Stadträtin hat es ja gesagt, wie viel schöner, besser es jetzt geworden ist. Leider Gottes nicht für alle.

 

Der Leiter der MA 48 hat sogar gesagt, was wollen Sʼ, im Wienerwald gibt es sogar kilometerlang keine Toilettenanlagen! Das grenzt an Verhöhnung, nämlich an Verhöhnung von behinderten Menschen. Bis zu 15 Prozent der Menschen in dieser Stadt, oder gar mehr, werden in diesem Ausschuss verhöhnt mit Aussagen wie: Was wollen Sie? Im Wienerwald gibt es bis zu 100 km lang keine Toilettenanlagen. (GR Mag Wolfgang Jung: Aber viele Bäume!)

 

So dürfte es auch der Volksanwalt gesehen haben. Ich kenne auch die Berichte der Volksanwaltschaft. Die Volksanwaltschaft ist an sich ein Institut, das sehr höflich agiert. Aber in diesem Fall dürfte auch dem Volksanwalt, ich sage es auf gut Deutsch, der Faden gerissen sein, denn da hat ein Volksanwalt sich hergestellt und gesagt, liebe Frau Stadträtin, es geht hier um behinderte Menschen. (Zwischenruf von GR Erich Valentin.) – Entschuldigung, der Vertreter der Volksanwaltschaft hat in diesem Zusammenhang gesagt, es geht hier um behinderte Menschen, nicht um Geschenke. Können sie sich erinnern, Herr Valentin? Es geht nicht um Geschenke, die Sie diesen Menschen zur Verfügung stellen (GR Erich Valentin: Es geht um die Wahrheit!), sondern es geht um verbriefte Rechte, die Sie ihnen nicht gewähren. Und das ist es, was mich an dieser Situation so gestört hat: der Umgang, die Haltung, die in dieser Stadtregierung gelebt wird, dass man verbriefte Rechte als Geschenke tituliert! (Neuerlicher Zwischenruf von GR Erich Valentin.)

 

Was mich besonders stört, und ich sage es, Herr Valentin, weil Sie gerade etwas erregt sind: Ich habe vollkommenes Verständnis dafür, dass, wenn man viele Bauvorhaben macht, eben auch Fehler passieren. Aber dann hat man auch die Größe zu haben und zu sagen: Ja, das haben wir übersehen. Es tut uns leid. Wir werden alles tun, um das wiedergutzumachen. Sie haben aber im Ausschuss etwas anderes gemacht, und das hat mich besonders geärgert: Sie haben versucht, das kleinzureden und abzustreiten. Sie haben sogar gesagt: Es hat ja

 

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