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Gemeinderat, 56. Sitzung vom 25.09.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 58 von 88

 

Personalkosten einsparen kann. Diese Maßnahme wurde dann zurückgenommen, allerdings immer nur unter der Voraussetzung, dass sie sich in diese Richtung wieder etwas überlegen könnten. Das finde ich halt leider auch nicht unbedingt förderwürdig, und deshalb werden wir diese Subventionen ablehnen. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Dipl-Ing Martin Margulies: Nächste Rednerin ist Frau GRin Matzka-Dojder. – Bitte.

 

14.57.59

GRin Anica Matzka-Dojder (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates)|: Frau Berichterstatterin! Frau Stadträtin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch einen wunderschönen Nachmittag an die Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Galerie!

 

Meine Vorrednerin, Frau GRin Schütz, hat dankenswerterweise in einem Satz gesagt, dass sie zum Teil die Arbeit von Job-TransFair gut findet und zum Teil die Arbeit von Sozial Global gut findet, Ich danke dafür. Ich finde, dass sie aber nur einen Teil aus diesem Projekt erwähnt hat.

 

Erlauben Sie mir daher bitte, dass ich Ihnen jetzt erkläre, was die Subventionen an diese zwei Organisationen im Grunde bedeuten und für wen sie auch bestimmt sind. Und da verwehre ich mich, dass wir mit dieser Subvention von der MA 7 irgendwelche Diskriminierungen betreiben. Im Gegenteil, wir schließen hier die Lücken in einem sehr komplexen Bedarf einer Gruppe von Menschen, das sind ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

 

In diesem Fall ist hier der Verein Terra genannt, der seit 2005 bei der Trägerorganisation Sozial Global angesiedelt war. Das ist eine Anlaufstelle für jene Menschen, die seit 1960 in dieser Stadt arbeiten, und vielleicht auch für andere zugewanderte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die im Zuge der kriegerischen Auseinandersetzungen während des Kriegs im ehemaligen Jugoslawien in einem fortgeschrittenen Alter hier wieder ein Zuhause gefunden haben. Diese Beratungsstelle Terra hat sich auf sehr komplexe Fragen, die ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer betreffen, spezialisiert. Diese Beratungsstelle ist einzigartig in Österreich. Und wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, von der Stadt Wien sind sehr stolz darauf, dass wir arbeitende Menschen in dieser Form unterstützen, die - und wir haben ja vor kurzer Zeit in dieser Stadt „50 Jahre Migration“ gefeiert - wirklich körperlich schwer gearbeitet haben, die sehr oft aus sozial benachteiligten Gruppen kommen, die oft unter schweren Arbeitsbedingungen gearbeitet haben, 30 Jahre lang gearbeitet haben und die jetzt in die Situation kommen, dass sie auf Grund einer Firmenschließung oder auf Grund anderer Umstände, vielleicht kurz bevor sie das gesetzliche Pensionsalter erreichen, arbeitslos werden. Da ergeben sich wirklich sehr, sehr komplexe Fragen.

 

Wir haben das auch sehr gut gesehen bei dieser Veranstaltung, die kürzlich im Rathaus stattgefunden hat, wo man in zwei filmischen Dokumentationen Menschen gezeigt hat, die repräsentativ sind für diese Gruppen, die man vor 50 Jahren angeworben hat, nach Wien geholt hat, damit sie hier arbeiten, damit sie die Schwerstarbeit verrichten. Und jetzt kommen sie in eine Situation, wo sich komplexe Fragen ergeben, wo sie vielleicht auf Grund mangelnder Deutschkenntnisse mit den Behörden nicht so gut zurechtkommen (GR Mag Wolfgang Jung: Haben Sie nicht gesagt, sie sind seit 50 Jahren da?), weil nämlich diese Menschen nicht so gut gelernt haben, Deutsch zu schreiben, weil sie auch keine Gelegenheit dazu bekommen haben. (GR Armin Blind und GR Mag Wolfgang Jung: Nach 50 Jahren …) - Melden Sie sich zu Wort! Jetzt bin ich am Wort! Das ist ganz wichtig, und mir ist es ganz wichtig, das jetzt hier zu sagen! (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei GR Mag Wolfgang Jung.)

 

Ich erinnere mich noch immer daran und ich werde das nie vergessen, wie sich ein Arbeiter bei mir bedankt hat in einem bestimmten Zusammenhang und mir dabei gesagt hat: „Wissen Sie, vielleicht haben wir nicht so gut Deutsch gelernt, und ich sage Ihnen auch, warum: Aus dem blauen Anzug in den Pyjama, aus dem Pyjama in den blauen Anzug! Mein Chef hätte mich nicht irgendwo an einem Deutschkurs teilnehmen lassen. Und am Wochenende habe ich noch zusätzlich meine Wohnung renoviert und andere Dinge.“

 

Diese Menschen haben vor 30 Jahren auch kaum Gelegenheit bekommen, wirklich gut Deutsch zu lernen. Jetzt bemühen wir uns um eine soziale Inklusion, schaffen Möglichkeiten, dass auch die älteren Migranten Deutsch lernen, dass die älteren Migranten Unterstützung bekommen auf dem Arbeitsmarkt, wenn sie diese brauchen.

 

Und was macht unser politischer Mitbewerber hier? - Er macht das alles nieder! Ich bin wirklich von Mal zu Mal enttäuscht und auch überrascht über Ihre Argumentation. Sagen Sie doch, was wirklich Inhalt Ihrer Politik ist: Sie lehnen diese Menschen ab! Anders ist für mich nicht erklärbar, dass Sie so gute Maßnahmen so verunglimpfen und sagen, dem stimmen wir nicht zu. Sie stimmen dem nicht zu, weil es sich hier um jene Menschen handelt, wo Sie der Meinung sind, für die muss man nichts tun, das sind nicht hier geborene Menschen. - Oder was genau sind sonst Ihre Gründe? Ich weiß es nicht. (GR Ing Udo Guggenbichler, MSc: Machen Sie eine vernünftige Politik, dann haben wir …) Sagen Sie es so, wie Sie es meinen, und suchen Sie hier nicht scheinheilige Ausreden, um diesen Partnerorganisationen, die wir als Stadt unterstützen, weil sie wertvolle Arbeit verrichten - und nur aus diesem Grund unterstützen wir sie -, Ihre Unterstützung zu verweigern.

 

Unsere Politik unterscheidet sich von Ihrer Politik darin, dass wir die Menschen mit ihren Problemen, mit ihren Bedürfnissen nicht alleine stehen lassen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Ich will auch nicht - und das habe ich schon gesagt - in einer Stadt leben, wo die Menschen an ihrem Schicksal verzweifeln und es geht niemanden etwas an. Ich will in einer Stadt leben, wo wir friedlich zusammenleben, wo wir solidarisch zusammenleben, wo wir uns umsehen - nicht nur politisch, auch in unserem privaten Umfeld ist es ganz, ganz wichtig, dass wir diese Solidarität leben und dass wir schauen: Wie geht es unserem Nachbarn?

 

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