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Gemeinderat, 56. Sitzung vom 25.09.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 32 von 88

 

gefreut hat, weil es einmal so explizit in einem Rechnungshofbericht drinsteht: Die Projektgrundlagen, die Sie hier zur Beschlussfassung vorgelegt haben, erachtet der Rechnungshof als nicht geeignet für eine Beschlussfassung in diesem Gremium!

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie wählen heute also zum wiederholten Mal eine Konstellation der In-House-Vergabe, die auch nicht geeignet ist für die Beschlussfassung im Gemeinderat, schon allein deswegen nicht, weil in wesentlichen Punkten der Gemeinderat in seinen Rechten beschnitten wird. Daher stimmen wir dem Punkt 2 des Aktes nicht zu. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich möchte aber abschließend, und weil es sich hier um die Schwerpunktdebatte handelt, noch etwas thematisieren, was uns in den letzten Wochen und Monaten beschäftigt hat und sicher auch in Zukunft noch beschäftigen wird. Das ist die sogenannte Gratisnachhilfe oder, wie sie neuerdings genannt wird, die Förderung 2.0, der Hit der Klausur der SPÖ in Rust, mit der die Wiener Sozialisten die Eltern für sich gewinnen wollen. Dazu kann ich nur sagen, netter Versuch, ein, wie wir mittlerweile alle wissen, nettes, aber allzu leicht zu durchschauendes Wahlzuckerl.

 

Weniger nett allerdings, meine sehr geehrten Damen und Herren, und das möchte ich an dieser Stelle sehr bewusst vorbringen, ist, dass der Herr Bürgermeister den Wahlkampf in die Schulen trägt. Kinder für den Wahlkampf zu instrumentalisieren, ist verwerflich, das will niemand! Aber warum legt man den Kindern einen Brief des Bürgermeisters in die Mitteilungshefte, um das Wahlzuckerl zu bewerben? Damit, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben Sie bereits zu Beginn des Wahlkampfs einen ersten Tiefpunkt erreicht! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

 

Ich kann dem Herrn Bürgermeister umgekehrt keinen Brief in sein Mitteilungsheft legen, ich weiß ja nicht, ob er so eines hat. Aber ich kann ihm zumindest an dieser Stelle antworten. Vielleicht liest er es im Protokoll nach.

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Ein Blick in die Mitteilungshefte der Wiener Schulkinder genügt, um zu sehen: Sie haben den Wahlkampf eröffnet. Ein Brief des Bürgermeisters an die Eltern soll zeigen, wer mit Gratisnachhilfe unseren Kindern zu positiven Lernleistungen verhilft, ihnen teure Nachhilfe erspart und die Eltern zeitlich entlastet.

 

Reiner Etikettenschwindel! Seit Jahren werden in Wiens Schulen Stunden gekürzt, und mit dieser Aktion höhlen Sie das Regelsystem noch mehr aus. Lehrer werden vom Vormittag auf den Nachmittag umgeschichtet. Ihr Gratisnachhilfemodell muss dann am Nachmittag reparieren, was Sie am Vormittag angerichtet haben. Eine „Lose-lose“-Geschichte, die obendrein noch 20 Millionen EUR kostet! Darüber hinaus diskriminieren Sie 42 000 Schülerinnen und Schüler privater Schulträger, die zwar von den Stundenkürzungen genauso betroffen sind, aber von der Gratisnachhilfe ausgeschlossen werden.

 

Wien braucht Begleitlehrer, mehr Schulsozialarbeit, mehr Verwaltungspersonal zur Entlastung der Lehrer, und die Zeit ist reif für eine Entpolitisierung der Schule! Politik hat in der Schule nichts verloren. Direktorenposten müssen nach Qualifikation und nicht nach dem Parteibuch besetzt werden und sowohl die personelle als auch finanzielle Hoheit über die Schule erhalten. Denn wir wollen eine Stadt, in der unseren Kindern beste Bildung als sichere Starthilfe gegeben wird! Herzlichst, im Namen der ÖVP-Wien, Ihre GRin Isabella Leeb. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Glücklich, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist mit dieser Gratisnachhilfe niemand, die Eltern nicht, die Lehrer nicht. Ja selbst der „Falter“ hat in seiner aktuellen Ausgabe - und der „Falter“ ist jetzt nicht als Jubelpostille der ÖVP-Bildungspolitik zu verstehen - sehr harsche Kritik geübt. Man kann im „Falter“ nachlesen - ich würde Ihnen das auch empfehlen -, was der Bildungsexperte Stefan Hopmann von der Uni Wien dazu meint: Da hat wohl keiner pädagogisch mehr als drei Sekunden nachgedacht. Die Gratisnachhilfe ist nichts anderes als ein Schildbürgerstreich, findet Hopmann, zuerst baut man Schulen ohne Fenster, und dann trägt man das Licht in Form von Gratisnachhilfe herein.

 

Der Bürgermeister hat 2005 gemeint, Wahlkampf ist die Zeit fokussierter Unintelligenz, da passieren halt gelegentlich Dinge, die nicht gescheit sind - leider auch in der eigenen Fraktion, in der eigenen Partei. Das trifft vollinhaltlich auf die Förderung 2.0 zu. Noch ist es nicht zu spät. Kehren Sie um, und leisten Sie Soforthilfe statt Nachhilfe! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner zum Wort gemeldet ist Herr GR Ellensohn. Ich erteile ihm das Wort. (Zwischenrufe bei den GRÜNEN.) - Gestrichen. Dann ist der nächste Redner Herr GR Mag Gudenus. - Bitte.

 

11.58.15

GR Mag Johann Gudenus, MAIS (Klub der Wiener Freiheitlichen)|: Danke, Herr Vorsitzender! Da habe ich ja Glück gehabt, dass ich gerade im Saal war. Vielleicht meldet sich Herr Ellensohn nach, es ist ja eine sehr wichtige und interessante Debatte. Es geht schließlich auch um die Zukunft unserer Kinder. Natürlich, da wir heute das Thema als Schwerpunkt behandeln, werden wir jetzt nicht nur zum Akt an sich reden. Das hat ja ein Schwerpunkt so auch an sich.

 

Es ist in Wien überhaupt nicht leicht, sowohl im Landtag als auch hier im Gemeinderat, über Schulpolitik zu sprechen. Denn kaum redet man zum Beispiel über den Stadtschulrat, ist ja nur der Bund zuständig, das ist unmittelbare Bundesverwaltung. Ich hoffe trotzdem, dass ich in meiner Rede bei einer gnädigen Vorsitzführung ein paar Worte darüber verlieren darf.

 

Wenn man über Bildungspolitik und Bildungsplan an sich spricht, global gesehen, dann ist es ja auch keine Politik der Gemeinde und keine Landespolitik, auch, wenn man über Gesamtschule spricht, nicht unbedingt, die ja auch ein Thema ist. Man tut sich also sehr schwer. Ich hoffe trotzdem, dass wir hier in der Schwerpunktdebatte einiges aufbereiten können, nämlich ein paar Gedankensplitter.

 

Ich darf direkt anschließen an meine Vorrednerin, die geschätzte Frau Kollegin Leeb, die ja auch einiges aufgeworfen hat. Es fällt mir fast schwer, hier viel Neues zu

 

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